Händler, die ihre Produkte bei eBay verkaufen, müssen sich auch an die dortigen Grundsätze halten. Dazu zählt auch, einen Artikel nicht mehr als drei Mal einzustellen. Aber kann man als Händler abgemahnt werden, wenn man gegen diesen Grundsatze verstößt? Das OLG Hamm hat nun entschieden, dass dies nicht möglich ist.
Lesen Sie hier mehr über das Urteil.
Vor dem OLG Hamm (Urteil v. 21.12.2010, I-4 U 142/10) ging es um einen Verstoß gegen einen der eBay-Grundsätze. Dieser lautet:
"Es ist verboten, als Verkäufer gleichzeitig mehr als 3 Angebote mit identischen Artikeln anzubieten. Das gilt auch für das Anbieten von mehr als 3 Angeboten mit identischen Artikeln unter verschiedenen Mitgliedsnamen."
Dabei werden unter identischen Artikeln alle Artikel verstanden,
"die inhaltlich gleich sind, also z.B. eine identische Produkt- oder ISBN-Nummer haben. Dabei sind Unterschiede in Preis und Artikelbezeichnung sowie Artikelbeschreibung unerheblich."
Der Abgemahnte und spätere Kläger (negative Feststellungsklage) stellte verschiedene Produkte jeweils mehrfach als identische Angebote ein. Dies wurde von einem Mitbewerber als wettbewerbswidrig abgemahnt.
Wegen dieser Abmahnung erhob der Kläger am 8.3.2010 negative Feststellungsklage beim LG Bochum, mit der er festgestellt haben wollte, dass die Abmahnung nicht berechtigt war. Er war der Meinung, dass ein Verstoß gegen die eBay-Grundsätze keinen Wettbewerbsverstoß darstellten, da diese keine gesetzliche Regelung seien.
Der Abmahner erhob daraufhin Widerklage, mit der er erreichen wollte, dass der Kläger zur Unterlassung verurteilt wird.
Das LG Bochum urteilte, dass ein Unterlassungsanspruch nicht gegeben sei und die Abmahnung somit unberechtigt erfolgte.
Gegen dieses Urteil wendete sich der Beklagte (und Widerkläger) mit der Berufung.
Das OLG Hamm folgte der Ansicht des LG Bochum und wies die Berufung als unbegründet zurück.
Es erkannte in dem beanstandeten Verhalten keinen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG, mit dem Verstöße gegen Marktverhaltensnormen wettbewerbsrechtlich geahndet werden können.
Die Grundsätze von eBay gelten nur auf vertraglicher Grundlage zwischen eBay und den jeweiligen Verkäufern. Sie gelten allerdings nicht für sonstige Angebote außerhalb der Plattform.
"Verträge sind auch keine gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Ebenso wie Verbands- und Vereinssatzungen haben sie nicht den Rang einer gesetzlichen Vorschrift."
Auch wenn diese Grundsätze das Marktverhalten der Vertragsparteien bzw. Mitglieder regeln, sei dies für eine wettbewerbsrechtliche Betrachtung unerheblich.
Das Gericht sah in dem Verstoß gegen die Grundsätze auch keine gezielte Behinderung von Mitbewerbern i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG. Dieser Tatbestand sei zwar sehr weit gefasst, die Verwendung des Wortes "gezielt" stelle aber klar,
"dass eine Behinderung als notwendige Folge des Wettbewerbs nicht ausreicht."
Vielmehr müsse eine behindernde Maßnahme ihrer Art nach darauf gerichtet sein, den Mitbewerber an seiner wettbewerblichen Entfaltung zu behindern.
"Bei einem Kundenfang oder jedenfalls einer Umleitung von Kundenströmen müsste demnach im Vordergrund stehen, mögliche Kunden vom Wettbewerber abzulenken.
Wird nur beabsichtigt, Kunden zu sich hin zu lenken, und wird der Mitbewerber dann zwangsläufig durch einen Zugriff des Widerbeklagten behindert, weil dieser durch einen solchen Vertragsverstoß in einem größeren Umfeld bei der Auflistung der Angebote zum Zuge kommt, ist das bloße Folge des Leistungswettbewerbs und reicht für eine gezielte Behinderung nicht aus."
Das Gericht kommt nach einer Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass der hier vorliegende Vertragsverstoß die Wettbewerbswidrigkeit noch nicht überschritten hatte.
Die Verstöße stellten auch unter Zuhilfenahme des Vorsprunggedankens aus § 3 Abs. 1 UWG keine unlautere geschäftliche Handlung dar.
"Mangelnde Vertragstreue führt nicht automatisch zu einem Unlauterkeitsverdikt. Das gilt auch bei einem hier vorliegenden Verstoß gegen ein vertragliches Werbeverbot, obwohl der Widerbeklagte als Verletzer ohne Weiteres in den Wettbewerb auf der Auktionsplattform eBay eingreifen mag, wie die Widerklägerin ausführlich vorträgt. [...]
Werbeverbote und Beschänkungen von Angeboten regeln zwar das Marktverhalten der Vertragsparteien. Es bleibt aber immer noch dabei, dass dur der Kreis der Vertragspartner betroffen ist.
Der Vertragspartner eBay kann die vertraglich vereinbarten Sanktionen treffen, um einem solchen Verhalten Einhalt zu bieten."
Wettbewerbsrechtlich können aber Mitbewerber wegen eines solchen Verstoßes gegeneinander nicht vorgehen.
Auch der ebenfalls von § 3 Abs. 1 UWG umfasste Tatbestand der allgemeinen Marktbehinderung schied hier aus, so das Gericht weiter.
Es lag kein derart bedenkliches Verhalten vor, dass dadurch oder in Zusammenhang mit den zu erwartenden gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet wird, dass der Wettbewerb erheblich eingeschränkt wird.
"Allein die Tatsache, dass der Widerbeklagte in der Suchliste erheblich öfter mit seinen teils gleichen Produkten auftaucht als die Konkurrenz, wirkt sich für die anderen Anbieter bei eBay nicht derart bedrohlich aus.
Es ist nicht einmal sicher, dass die Verbraucher öfter beim Widerbeklagten kaufen, nur weil immer wieder die gleichen Angebote auftauchen."
Da nach Auffassung des OLG Hamm hier keine Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht vorlagen, erfolgte die Abmahnung unberechtigt und der Abmahner musste so die Kosten der Abmahnung sowie des gesamten Proezsses selbst tragen. (mr)
Auf das Urteil hingewiesen hat RA Andreas Gerstel