Bereits im März legte das Bundesjustizministerium einen Gesetzentwurf zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz im Falle der Ausübung des Widerrufsrechtes vor, der aufgrund einer EuGH-Entscheidung notwendig war. Heute beschloss nun die Bundesregierung, diesen Entwurf weitgehend unverändert als Regierungsentwurf einzubringen.
Lesen Sie hier mehr über den Gesetzentwurf und unsere Bewertung.
Update 23.03.2011: Gesetzentwurf wurde in den Bundestag eingebracht.
Das Bundesjustizministerium berichtet auf seiner Webseite davon, dass heute im Bundeskabinett ein Gesetzentwurf zur Änderung der Wertersatzvorschriften beschlossen wurde. Dazu erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
“Der Verbraucherschutz beim Widerruf von Fernabsatzgeschäften wird verbessert. Bestehende Widerrufsrechte sollen wirklich genutzt werden können: Verbraucherinnen und Verbraucher müssen künftig keinen Wertersatz mehr leisten, wenn sie die Ware lediglich prüfen und den Vertrag dann widerrufen.
In einem Geschäft kann sich der Kunde die Produkte in Ruhe ansehen, bevor er sich endgültig zum Kauf entscheidet. Beim Einkauf mit dem Telefon oder im Internet darf nichts anderes gelten. Daher ermöglicht das Widerrufsrecht dem Verbraucher nun auch bei Fernabsatzgeschäften, die Ware in Ruhe anzusehen und zu prüfen. Das Recht zum Widerruf darf nämlich nicht dadurch entwertet werden, dass bereits für eine bloße Prüfung der Ware Wertersatz zu zahlen ist. Darauf weist auch der Europäische Gerichtshof hin.
Hintergrund des Gesetzentwurfs
Zur Begründung heißt es weiter auf der Seite des Bundesjustizministeriums:
“Nach dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf sollen Verbraucherinnen und Verbraucher Wertersatz für gezogene Nutzungen wie zum Beispiel Vorteile aus dem Gebrauch einer Sache und für die Verschlechterung von im Fernabsatz gekauften Waren nur leisten, soweit sie die Ware in einer Art und Weise genutzt haben, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware hinausgeht.
Hierdurch wird gewährleistet, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihr Widerrufsrecht effektiv nutzen können. Bei einer über die Prüfung hinausgehenden Nutzung wie dem Tragen teuerer Abendgarderobe zu einem besonderen Anlass kann der Unternehmer jedoch auch weiterhin einen Anspruch auf Wertersatz geltend machen. Hierdurch werden übermäßige Belastungen der Wirtschaft vermieden und der Fernabsatz insgesamt gestärkt.
Der Gesetzentwurf kommt einer Forderung des Europäischen Gerichtshofs nach. Dieser hatte am 3. September 2009 entschieden, dass die Bestimmungen der Fernabsatzrichtlinie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der Unternehmer von Verbrauchern für die Nutzung einer im Fernabsatz gekauften Ware bei fristgerechtem Widerruf generell Wertersatz verlangen können. Einen Anspruch auf Wertersatz hat der Europäische Gerichtshof aber in den Fällen für möglich gehalten, in denen Verbraucher die Ware auf eine mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts – wie denen von Treu und Glauben und der ungerechtfertigten Bereicherung – unvereinbare Weise benutzt haben.”
Geplante Änderung
Nach § 312d BGB soll folgender neuer § 312e BGB eingefügt werden:
“Wertersatz bei Fernabsatzverträgen
(1) Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für Nutzungen nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,
1. soweit er die Ware in einer Art und Weise genutzt hat, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, und
2. wenn er zuvor vom Unternehmer auf diese Rechtsfolge hingewiesen und entsprechend § 360 Absatz 1 oder 2 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt worden ist oder von beidem anderweitig Kenntnis erlangt hat.
§ 347 Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden.
(2) Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,
1. wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und
2. wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt.”
Auch § 357 Abs. 3 BGB soll geändert werden, er soll zukünftig den folgenden Wortlaut haben:
“(3) Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache zu leisten
1. soweit die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, und
2. wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist.
Bei Fernabsatzverträgen steht ein unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilter Hinweis einem solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise über die Wertersatzpflicht unterrichtet hat. § 346 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 ist nicht anzuwenden, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist oder hiervon anderweitig Kenntnis erlangt hat.”
Den Entwurf können Sie hier vollständig nachlesen.
Änderungen des EGBGB
Diese Änderungen des BGB – wenn sie denn vom Bundestag beschlossen werden – haben auch Auswirkungen auf das EGBGB und die Musterbelehrungen, da sich die Paragraphenkette in der Belehrung über die Widerrufsfrist ändert. Hintergrund ist, dass die Einführung des neuen § 312e BGB die nachfolgenden Paragraphen quasi weiter schiebt.
Dadurch müsste zunächst Art. 246 § 3 EGBGB angepasst werden:
“In Artikel 246 § 3 Nummer 3 werden die Wörter „§ 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs“ durch die Wörter „§ 312g Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs“ ersetzt.”
Änderungen der Musterwiderrufsbelehrung
Dadurch müsste auch die Musterwiderrufsbelehrung angepasst werden, da sich sowohl die Fristbelehrung, als auch die Wertersatzbelehrung ändert. Das Muster würde dann künftig lauten (ACHTUNG: Noch kein geltendes Recht, Regierungsentwurf!):
“Widerrufsbelehrung
Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von [14 Tagen] (1) ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) [oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – auch durch Rücksendung der Sache] (2) widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform (3). Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs [oder der Sache] (2). Der Widerruf ist zu richten an: (4)
Widerrufsfolgen (5)
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. (6) (7) Können Sie uns die empfangene Leistung sowie Nutzungen (z. B. Gebrauchsvorteile) nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren beziehungsweise herausgeben, müssen Sie uns insoweit Wertersatz leisten. (8) [Für die Verschlechterung der Sache müssen Sie Wertersatz nur leisten, soweit die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht. (9) Unter „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise“ versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist. (10) Paketversandfähige Sachen sind auf unsere [Kosten und] (11) Gefahr zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt.] (2) Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung [oder der Sache] (2), für uns mit deren Empfang.Besondere Hinweise (12)
Finanzierte und hinzugefügte Geschäfte (13) (14)
(Ort), (Datum), (Unterschrift des Verbrauchers) (15)”
Übergangsregelung: 3 Monate
Dieses Änderungsgesetz soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten. Allerdings wird in das EGBGB eine Übergangsvorschrift eingeführt, in der besagt wird, dass die derzeit gültigen Musterbelehrungen noch drei Monate nach Inkrafttreten dieser Änderungen verwendet werden können, ohne dass die gesetzliche Privilegierung verloren geht.
Gesetzesbegründung
Die Bundesregierung sieht die Änderungen als notwendig an, nachdem der EuGH die deutschen Wertersatzvorschriften für teilweise europarechtswidrig erklärt hatte.
Gesetzesfolgenabschätzung
Die Bundesregierung schließt nicht aus, dass der Wirtschaft “geringfügige Kosten” entstehen können.
“In Fällen, in denen die Prüfung der Ware nur durch deren Benutzung erfolgen kann, steht Unternehmern für diese Nutzung in Zukunft kein Anspruch auf Wertersatz im Fall des Widerrufs eines Fernabsatzvertrages zu.”
Das ist auch jetzt schon der Fall, wie der BGH erst kürzlich im Wasserbett-Urteil (U. v. 03.11.2010, VIII ZR 337/09) klargestellt hat.
Bürokratiekosten
Auch die Kosten für die Anpassung der Widerrufsbelehrungen schätzt die Regierung für marginal ein, da nur zwei bestehende Informationspflichten geringfühgig geändert werden. Die Änderung der Musterbelehrung im Anhang des EGBGB hat keine Auswirkungen auf die Kosten,
“da keine Verpflichtung besteht, die Muster zu verwenden.”
Kommentar
Bereits am 23.3.2010 hat das BMJ einen Referentenentwurf zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen vorgelegt. Mit diesem sollen die Regelungen des BGB entsprechend den Vorgaben des EuGH angepasst werden. Dieser Entwurf ist nun auch zum Regierungsentwurf geworden, nachdem die das BMJ im Zuge der Rssortabstimmung mit dem Verbraucherministerium noch einmal eine Befragung hat durchführen lassen, um festzustellen, ob der Wertersatzanspruch nach § 357 Abs. 3 BGB (Verschlechterungen infolge bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme) nicht ganz gestrichen werden kann, was das BMELV favorisierte. Dies wurde nun, u.a. aufgrund einer Umfrage von DIHK und Trusted Shops, glücklicherweise verhindert.
Es ist begrüßenswert, dass die Bundesregierung das EuGH-Urteil “Messner” dahingehend auslegt, dass, soweit der Verbraucher die Ware nutzt, obwohl dies nicht erforderlich ist, das Widerrufsrecht auszuüben, es den Grundsätzen von Treu und Glauben entspricht, für diese weitergehende Nutzung bzw. Abnutzung der Ware Wertersatz leisten zu müssen. Eine Regelung, nach der der Verbraucher generell keinen Wertersatz leisten müsste, würde Raum für Missbrauch eröffnen. Zwar ist absehbar, dass diese unternehmerfreundliche Interpretation von Verbraucherschützern in Frage gestellt und die Konformität des neuen BGB mit dem Gemeinschaftsrecht bestritten werden wird. Denn bis auf die (wenig praxisrelevante) Regelung zur Beweislastumkehr und zum Wertersatz für die bloße Nutzungsmöglichkeit wird die geltende Rechtslage zum Wertersatz, dass nur für die „Prüfung“ der Ware kein Wertersatz zu leisten ist, bestätigt.
Durch die nun vorliegende Begründung der Bundesregierung – wenn sie denn Eingang in das Gesetzgebungsverfahren findet – ist jedoch klar, dass die Entscheidung für einen unternehmerfreundlichen Wertersatz im Fernabsatzrecht bewusst und in Kenntnis der EuGH-Entscheidung getroffen wurde. Daher kann sowohl die ab 11.6.2010 geltende Musterbelehrung für einen Übergangszeitraum guten Gewissens eingesetzt als auch darauf vertraut werden, dass wettbewerbsrechtliche Abmahnungen des für 2011 geplanten neuen Musters unwahrscheinlich sind. Denkbar ist allerdings, dass in einem zivilrechtlichen Verfahren zwischen Verbraucher und Unternehmer die Konformität der Neuregelung erneut dem EuGH zur Prüfung vorgelegt wird. Im Gegensatz zu wettbewerbsrechtlichen Verfahren sind Verbraucherstreitigkeiten jedoch bislang kein nennenswertes Problem für Händler.
Der Entwurf gibt jedoch auch Anlass für Kritik. So ist ein neuer Paragraf statt Integration der Neuregelung in die §§ 346, 357 BGB nicht nötig und trägt nicht zur Klarheit im ohnehin sich ständig ändernden, hoch komplexen Fernabsatzrecht bei. Geradezu absurd ist es, dass parallel zu dem heute vorgelegten Neuentwurf des § 312e BGB vor gerade mal einem Monat ein völlig anderer Neuentwurf des § 312e BGB im Zuge der “Button-Lösung” vorgelegt wurde. Unklar ist derzeit, welcher neue § 312e BGB das Rennen gewinnen wird.
Auch der neue Wortlaut „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsfähigkeit“ löst nicht das Dilemma, dass eine Prüfung vielfach nicht durch Augenschein, sondern nur durch erste Ingebrauchnahme möglich ist, die bereits zu erheblichen Wertverlusten führt. Mit einer Aufnahme der Formulierung „wie in einem Ladengeschäft“ in das Gesetz könnte der Gesetzgeber viele Streitigkeiten vermeiden, etwa wenn Grafikkarten in Computer eingebaut oder werden, um deren Funktion zu prüfen.
Schließlich hat der EuGH mit der Entscheidung „Heinrich Heine“ (Urteil v. 15.4.2010, C-511/08) die Frage aufgeworfen, ob der Verbraucher in der Belehrung nicht auch darüber aufgeklärt werden muss, dass ihm im Fall des Widerrufs die Kosten der „Hinsendung“ rückerstattet werden, wofür Einiges spricht. Auch nach der geplanten dritten Änderung der Muster-Belehrung wird also nicht so schnell Ruhe einkehren im Widerrufsrecht im Fernabsatz.
Wir werden Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden halten.
Update: 23.03.2011
Weiterer Verfahrensgang
Nachdem der Bundesrat seine Stellungnahme am 11.02.2011 abgegeben hat, hat die Bundesregierung ihren Gesetzesentwurf unverändert in den Deutschen Bundestag eingebracht, sodass nun die parlamentarische Debatte darüber beginnen kann.
In der Regel wird ein Gesetzesentwurf zunächst in die relevanten Ausschüsse verwiesen, bevor er im Plenum beraten und darüber beschlossen wird.
Den vollständigen Gesetzesentwurf inkl. Begründung, wie er jetzt in den Bundestag eingebracht wurde, können Sie hier abrufen.
Hab ich die 40 Euro-Klausel überlesen?
@BAG
Die 40-Euro-Klausel ist in der “Standard-Belehrung” nicht enthalten (und war es noch nie). Diese “Standard-Belehrung” gibt den gesetzlichen Regelfall wieder, und nach dem trägt der Unternehmer die Rücksendekosten.
Allerdings findet der Gestaltungshinweis 11 Anwendung, wenn dem Verbraucher die Kosten der Rücksendung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten (40-Euro-Klaseul) vertraglich auferlegt wurden. (Hierfür ist nach der Meinung einiger Oberlandesgerichte erforderlich, dass die 40-Euro-Klausel nicht nur in der Belehrung vorhanden ist, sondern zusätzlich als AGB Klausel aufgenommen wird. siehe: http://www.shopbetreiber-blog.de/2010/03/18/oberlandesgerichte-verlangen-ubereinstimmend-doppelte-40-euro-klausel/)
Wenn dies der Fall ist wird “Kosten und” gestrichen und als Folge-Satz kommt dann die 40-Euro-Klausel.
Allerdings wurde auch die 40-Euro-Klausel in der Belehrung angepasst. Denn nach § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB dürfen dem Verbraucher nur die “regelmäßigen” Kosten der Rücksendung auferlegt werden. Bisher fehlt das Wort “regelmäßig” in der Belehrung. Dieser Widerspruch soll durch die Änderung auch aufgehoben werden.
Es bleibt nun abzuwarten, ob der Entwurf das parlamentarische Verfahren unverändert durchläuft. Wir werden natürlich hier im Blog über die weiteren Schritte im Gesetzgebungsverfahren informieren und auch wieder Muster für Shopbetreiber anbieten.
Grundsätzlich finde ich die Änderung sinnvoll. Aber es bleibt wirklich offen, wie weit die Prüfung gehen darf. Eine Abendgarderobe auf einer Party zu tragen, dürfte ganz klar etwas zu viel geprüft sein. Aber wie sieht es mit Kosmetika (z.B. Lippenstifte), Zahnbürsten, Rasierer, Pediküre- und Maniküregeräte (benutzte Aufsätze) aus? Oder wollen wir es mal auf die Spitze treiben: Erotikspielzeug, Kondome und Hygieneprodukte? Theoretisch kann der Kunde auch diese Produkte zurück geben, ohne Wertersatz leisten zu müssen. Oder? Denn es heißt schließlich „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsfähigkeit“.
Es fehlt tatsächlich der Hinweis, das die Ware geprüft werden kann, wie es in einem Ladengeschäft möglich wäre. Ich habe noch nie jemanden im Elekrofachmarkt gesehen, der einen Rasierer oder eine elektrische Zahnbürste ausprobiert hat oder sich tatsächlich mit einer frisch ausgepackten Kaffeemaschine eine Tasse Kaffee gebrüht hat. Oder die Kunden eines Erotikshops, die dort … 😉
Ich bin gespannt, wie die Gesetztesänderung sich im neuen Jahr auswirken wird.
Gruß, Kay Steeger
Was mir immer noch fehlt ist eine klare Regelung für Produkte die nach dem “probieren” 100 % Wertverlust haben. Kosmetika, Hygieneartikel, Unterhosen usw. Ich frag mich sowieso in welchen Ladengeschäften mitgebrachte Software auf den PC aufspielen, ein Packung Pommes fritieren oder Unterwäsche anprobieren kann. Oder kurz mal eine Festplatte antesten kann. Ich hab mehr und mehr das Gefühl das die meisten Politiker schon seit Jahren nicht mehr in einem normalen Laden waren.
@llamaz
Unterwäsche kann man in doch in jedem Ladengeschäft probieren, welches Unterwäsche verkauft.
Naja, nicht die Unterwäsche, die es z.B. als 5er Pack in einer Dose gibt. Aber das wird jetzt auch kleinlich. Wie sieht es eigentlich mit Wein aus? Den muss ich doch probieren? Beim Weinhändler geht das auch… 😉
Genau das wird ein schwieriges Thema werden. Testen ja, aber was ist noch “normels” testen und was geht darüber hinaus?
@Kay Steeger
Zu der Frage mit der Weinflasche werden wir hier demnächst ein aktuelles Urteil vorstellen. Lassen Sie sich überraschen, was die Gerichte entschieden haben.
@Kay Steeger
Wie angekündigt, zwar nicht zu einer Wein- aber zu einer Cognac-Flasche:
Darf der Verbraucher eine Flasche Cognac zu Prüfzwecken öffnen?
@ilamaz
Sie können bei Kosmetika z.B. die Öffnung der Hauptware dadurch umgehen, dass Sie dem Kunden eine kleine Probe mit senden.
Was verstehen Sie denn unter Hygiene-Artikel? Haben Sie ein paar wirklich Praxisbeispiele in denen gebrauchte Tampons oder Toilettenpapier zurück gesendet wurde?
Unterhosen – ist das wirklich ein Problem in der Praxis, dass Unterhosen in großem Umfang zurück gesendet werden? Oder wird hier mal wieder nur Stimmung gemacht? Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass ich auch im Ladengeschäft Unterwäsche anprobieren könnte – ich persönlich aber noch nie davon gebrauch gemacht habe. Völlig praxisfernes Beispiel mal wieder.
Genauso wie das Beispie mit den Pommes Frites…
Ansonsten ist es doch egal, ob man nun dabei schreibt “wie im Ladengeschäft möglich” .
Der Großteil der Ware, kommt eh in einem tadellosen Zustand zurück (wenn wir mal als Online-Händler ehrlich sind). Die paar Waren die dann mit Gebrauchsspuren zurück kommen, für die lohnt es sich meistens nicht sich mit dem Kunden rumzustreiten. Werden halt auf Ebay zum EK vertickt und gut ist.
Braucht man wirklich als weiteres Kriterium “wie im Ladengeschäft möglich”? Ein Kriterium, was in letzter Konsequenz dann doch eh wieder von Gerichten beurteilt werden muss.
Der Satz “… versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist.” ist doch genau die Regelung, die hier im Blog immer wieder von den Händlern gefordert worden ist: Eine echte Gleichstellung der Versandhändler mit den Landenbetreibern. Und dann auch noch eine Formulierung, die der normale Kunde verstehen kann… Nun braucht auch nicht mehr über den Unterschied von Begriffen (Verschlechterung, Umgang, Ingebrauchnahme, Prüfung, testen…) gestritten zu werden, sondern es ist nur noch zu diskutieren, ob ein Ausprobieren des Artikels im Laden auch möglich gewesen wäre. Und in einem Laden kann man Bekleidung nur einige Minuten anprobieren, aber nicht stundenlang damit auf Party oder zum Joggen gehen.
Passt doch!
Danke Herr Rätze, interessanter Artikel. Der Korken wurde offensichtlich nicht entfernt. Die Cellophanhülle wurde entfernt, aber dies ist auch bei CD´s nicht verboten. Cellophan dient nicht als Versiegelung. Von daher finde ich dieses Urteil in Ordnung.
Ich persönlich rate Shopbetreibern immer, wenn möglich Ware auch dann ohne “wenn und aber” zurück zu nehmen. Ist diese nicht mehr im Originalzustand, jedoch verkaufsfähig, kann man diese zum Einkaufpreis veräußern. Bei nicht verkaufsfähigen Produkten sollte man diese als Verlust buchen. Dafür entfallen im Gegensatz zum Ladenlokalbetreiber andere Kosten. Nicht zuletzt sind schließlich Mundpropaganda, Empfehlungsmarketing und positive Bewertungen im Web unbezahlbar.
Trotzdem fehlt mir persönlich die Definition: Was ist eine sachgemäße Prüfung und was geht darüber hinaus?
Sicher werden das im nächsten Jahr einige Gerichte zu klären haben. Bleiben wir gespannt.
@Kay Steeger
Ja, der Korken wurde in dem Fall nicht entfernt, das AG hat dennoch entschieden, dass dies von der Prüfung umfasst ist.
Das LG Urteil halte ich auch für sehr gut nachvollziehbar. Letztlich war an der Flasche nichts.
Ob nun Cellophan oder nicht: Flaschen kann man generell nicht versiegeln, um so das Widerrufsrecht auszuschließen. Das gilt ausschließlich für Datenträger, auf denen sich Audio- oder Videoaufzeichnungen bzw. Software befindet. Diese Ausnahme lässt sich nicht auf weitere Artikel ausdehnen (auch nicht auf Bücher oder Hygieneartikel).
Eine Definition, was genau nun noch Prüfung ist und was schon darüber hinaus geht, wird man wohl nie pauschal geben können, da die Grenzen hier zum einen fließend und zu anderen je nach Produkt variieren.
Wir sollten hier nicht lange über das falsche Urteil des AG diskutieren. Der Richter hat wahrscheinlich zu viel hier im Blog mitgelesen (von wegen globales Leihhaus Internet). Das Urteil des LG ist richtig und das sollte das Maß der Dinge sein.
Ansonsten schließe ich mich der Empfehlung von Herrn Steeger an. Ein etwas gelassener, kulanter und pragmatischer Umgang mit dem Widerrufsrecht würde allen Online-Händler und damit dem gesamten Online-Handel gut tun. Und so wild ist das wirklich nicht mit dem Widerrufsrecht…
Fragt sich nur, ob der Kunde dann im Umkehrschluss auch zukünftig bereit ist bereits geöffnete oder nicht mehr vollständig verpackte Ware als Neuware entgegen zu nehmen….?
Die Formulierung: “Unter „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise“ versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist.” ist doch eindeutig, ich kann im MediaMarkt auch keinen Kaffee mitbringen und die Kaffeemaschine testen, oder Toast um den Toaster zu testen oder Obst um den Entsafter zu testen usw.
Wenn also Ware Gebrauchsspuren von der o.a. Nutzung aufweist dann liegt eine Verschlechterung vor und es darf ein Abzug gemacht werden. Ansonsten müsste der nächste der den Toaster mit Krümmeln bekommt auch damit einverstanden sein…
@Simon
Der BGH hat aber zu diesem Kriterium nach geltendem Recht entschieden, dass dies nicht das einzige sein kann, denn im Ladengeschäft stehen häufig Muster zur Verfügung, mit denen man das Produkt testen kann. Hier stellt sich natürlich die Frage, welches Geschäft ich zur Grundlage machen: Den Billig-Discounter ums Eck oder den gut sortierten Fachmarkt, der für fast jedes Produkt ein Mustergerät ausstellen kann.
Jetzt mal wieder von der Theorie zur Praxis:
Was macht der Händler der den verkrümelten Toaster oder die benutzte Kaffemaschine zurückbekommt? Zieht der wegen den 10, 20, 30 € vors Gericht? Höchstwahrscheinlich nicht.
Der verramscht die Ware auf Ebay als 1B-Ware und bekommt so mindestens den EK wieder raus und hat einen zufriedenen Kunden, den er kulanterweise den vollen Betrag zurückerstattet hat.
Aber jetzt kommen bestimmt gleich die Experten und rechnen mir vor, wie das bei teuren Kaffee-Vollautomaten aussieht…
@Martin
Und schon haben wir wieder die Diskussion und zwar dieses Mal “welches Ladengeschäft”? MediaMarkt würde ich nicht als Billig-Discounter ansehen und da stehen zehn Toaster nebeneinander oder zehn Entsafter der verschiedenen Marken, ich habe aber noch keinen Markt erlebt an dem der Kunde seine Karotte mitbringt und Mal eben entsaftet. Außer es ist eine Promo und jemand vom Hersteller ist mit einem Stand vor Ort und entsaftet und gibt den Leuten zu probieren, wie der Saft schmeckt.
@Shopper
Schön, dass Du solche gesunden Spannen hast bei einem Toaster, dass Du nach Abzug von 10, 20 oder 30 EUR und trotz der ebay-Gebühren noch zum EK ohne Verlust verkaufen kannst, diese Konditionen hätte ich dann auch gerne.
Mich erschrecken in der Tat immer wieder die Handelsspannen von Elektro-Händlern, wenn man das so liest… Aber naja, jeder ist seines Glückes Schmied…
Guten Abend zusammen,
ich hoffe, die Diskussionen zu diesem Thema sind noch nicht tot, denn ich habe zum neuen Widerrufsrecht mal eine Frage aus einer anderen Perspektive:
Beim Kauf von Karten zu Veranstaltungen bspw. eines Konzerts wurde in aller Regel der Widerruf sowie die Rückgabe ausgeschlossen. In der Regel geschah dies mit dem Hinweis auf die AGB, in welcher es dann auch mit Hinweis auf entsprechenden §§ geschrieben stand.
Mit dem neuen Gesetz scheint es mir nun unabdingbar, dass eben jener Ausschluss einer Rückgabe bzw. eines Widerrufs ebenfalls in Textform geschehen muss – zumeist per Email bei Zustandekommen des Vertrages. Der alleinige Hinweis auf die AGB bzw. ein entsprechender Hinweis auf der Homepage des Online-Betreibers reicht nun nicht mehr.
Liege ich mit meiner Vermutung richtig?
Ich frage deshalb so konkret, da wir überteuerte Konzertkarten ohne jenen Hinweis eines Ausschlusses der Rückgabe mittels einer Kaufangebotsmail erstanden haben. Vorsorglich ist der Widerruf bereits erfolgt. Lohnt es, hier weiterzumachen?
@JoachimH
Eine Änderung in Bezug auf die Erteilung der Informationen in Textform wird der hier besprochene Gesetzesentwurf nicht mit sich bringen. Bereits jetzt ist die Information über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechtes in Textform zu übermitteln. Das Weglassen dieser Information über ein Nichtbestehen des Widerrufsrechtes führt allerdings nicht dazu, dass plötzlich doch ein Widerrufsrecht besteht. Denn wenn ein Vertrag unter die Ausnahmen des § 312b oder §312d BGB fällt, dann gelten diese Ausnahmen kraft Gesetzes.