Der Verbraucher ist bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr darüber aufzuklären, wie der Vertrag zustande kommt. Dazu zählen zum einen die technischen Schritte zum Vertragsschluss. Zum anderen gehören dazu aber auch die rechtlichen Gegebenheiten: Wann wird ein Angebot abgegeben und wie wird dieses angenommen? Aber wie gelingt der Vertragsschluss im Internet?
Es gibt grundsätzlich drei verschiedene Möglichkeiten, wie ein Vertrag in einem Online-Shop zustande kommt.
Möglichkeit 1
Der Kunde gibt mit seiner Bestellung ein verbindliches Angebot ab. Die Annahme dieses Angebotes kommt aber nicht mittels automatisch generierter E-Mail (Bestellbestätigung oder Eingangsbestätigung) unmittelbar nach Abgabe der Bestellung zu Stande, sondern erst manuell mit einer weiteren E-Mail (Auftragsbestätigung). So kann der Händler vor Annahme der Bestellung z.B. eine ausreichende Bonität oder Verfügbarkeit der Ware prüfen.
Bei dieser Vertragsschlussmöglichkeit kommt es aber auf jedes Wort in der Bestellbestätigung an. Wird in dieser z.B. schon zur Zahlung aufgefordert, kann der Verbraucher die Bestellbestätigungs-Mail nur als Vertragsannahme verstehen. Der Händler ist dann an den geschlossenen Vertrag gebunden.
Möglichkeit 2
Der Kunde gibt mit seiner Bestellung ein verbindliches Angebot ab, welches bereits durch die automatisch versandte E-Mail angenommen wird. Hier darf z.B. auch bei Vorkasse in der E-Mail zur Zahlung auffordern, was bei Möglichkeit 1 nicht der Fall ist.
Diese Vertragsschlussvariante birgt viele Risiken für den Händler. Ist die Bestellbestätigungs-Mail beim Verbraucher eingegangen, liegt ein wirksamer Vertrag vor. Kann der Händler die bestellte Ware dann nicht liefern, muss er Schadensersatz evtl. leisten.
Entgegen eine weit verbreiteten Auffassung gibt es für den Händler kein Recht, eine Bestellung zu “stornieren”.
Hat der Kunde bei dieser Variante den Rechnungskauf ausgewählt, muss der Händler diesen Vertrag auch so erfüllen. Stellt sich heraus, dass der Verbraucher nicht solvent ist, hat der Händler keine Möglichkeit, die Vertragserfüllung zu verweigern oder im Nachhinein eine Vorkassezahlung zu verlangen.
Möglichkeit 3
Die Online-Präsentation der Produkte stellt bereits ein verbindliches Angebot dar, welches der Kunde durch seine Bestellung annimmt. Dies ist z.B. bei eBay der Fall.
Unwirksame Vertragsschlussklauseln
Unabhängig davon, für welche der drei Möglichkeiten man sich in seinem Shop entscheidet, muss man den Verbraucher darüber informieren, wie der Vertrag zustande kommt.
Dabei ist darauf zu achten, dass die Klauseln nicht im Widerspruch zum tatsächlichen Ablauf stehen und dass die Klauseln in sich nicht intransparent sind oder gegen geltendes Recht verstoßen.
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Urteil des LG Leipzig
In einem Verfahren des LG Leipzig (Urteil v. 04.02.2010, 08 O 1799/09) verklagte eine Verbraucherzentrale den Betreiber eines Internetshops auf Unterlassung. Bei der Klage ging es um folgende Klausel:
Unter der Überschrift Vertragsschlüsse:
„Bestellungen nehmen wir wahlweise durch schriftliche Auftragsbestätigung (Email/Brief/Fax) oder Warenübersendung an.“
Abmahnung durch Verbraucherzentrale
Die Beklagte wurde von der Klägerin am 18.09.2008 abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Die Beklagte ließ daraufhin durch ihren Anwalt mitteilen, dass sie die Klausel für wirksam halte.
Die Verbraucherzentrale forderte daraufhin – ebenfalls mit anwaltlicher Unterstützung – die Beklagte nochmals zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte entfernte dann zwar die beanstandete Klausel, reagierte im Übrigen aber nicht mehr. Also wurde sie auf Unterlassung verklagt.
Keine Annahmefrist genannt
Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass die Klausel gegen §§ 307, 308 Nr. 1 BGB verstoße, da sie offenlasse, innerhalb welcher Frist die Annahme der Bestellung erfolgen könne. § 308 Nr. 1 BGB besagt:
„In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam
1. eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; […]“
Nach Ansicht der Beklagten regelte die Klausel keine Annahmefrist, sodass sie mangels eigener Regelung die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften eröffne. Auch bestehe keine Pflicht, eine in Tagen bezifferte Annahmefrist anzugeben.
Frist muss zwingend genannt werden
Das Gericht folgte der Verbraucherzentrale und wertete die Bestimmung als unwirksam gemäß §§ 307, 308 Nr. 1 BGB, da sich der Verwender eine nicht hinreichend bestimmte Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots vorbehält.
„Nach der im Verbandsklageverfahren maßgebenden kundenfeindlichsten Auslegung muss der – üblicherweise – rechtsunkundige potentielle Kunde damit rechnen, dass die Beklagte zu jedem beliebigen Zeitpunkt das Angebot noch annehmen kann, mithin also auch zu einem Zeitpunkt, in dem der Kunde mit der Annahme nicht mehr rechnen muss.“
Ein Kunde müsse in der Lage sein, das Fristende selbst zu erkennen und zu bestimmen. Die Klausel ist damit ohne Bestimmung einer angemessenen Frist unwirksam.
Frist muss angemessen sein
Bei der Information über die Annahmefrist gilt, dass diese nicht zu lang sein darf. Das LG Bremen (12 O 290/09) untersagte einem Händler z.B. die Verwendung der folgenden Klausel:
“Der Besteller ist an seinen Vertragsantrag drei Wochen gebunden.”
Welche Frist angemessen ist, liegt am angebotenen Sortiment und muss jeweils im Einzelfall bestimmt werden. Eine pauschale Aussage ist nicht möglich.
In einem Gastbeitrag von Helga Zander-Hayat von der Verbraucherzentrale NRW erfahren Sie weitere Details zu den Annahmefristen im Online-Shop.
Fazit
Shopbetreiber sollten darauf achten, dass sie sich in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht die Annahme oder Ablehnung eines Angebots vorbehalten, ohne eine angemessene Frist zu bestimmen. Im Zweifelsfall sollte man sich hier von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen. (mr)
Auch in unserer Reihe zu den AGB im Online-Shop haben wir uns ausführlich mit den Klauseln zum Vertragsschluss beschäftigt.
Die Zukunft heißt Button-Lösung
Unabhängig davon, für welche Art der oben dargestellten Vertragsschluss-Varianten man sich entscheidet, zukünftig muss man im Online-Shop den Bestellbutton mit den Worten “zahlungspflichtig bestellen” oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung beschriften, damit überhaupt noch ein Vertrag zustande kommt.
Detailierte Informationen zur Button-Lösung finden Sie unseren Beiträgen und Whitepaper dazu.
Interessantes Thema mit viel Interpretationsspielraum…
Beipiel: Wenn mein Shopsystem dem Kunden eine automatische Eingangsbestätigung der Bestellung schickt, ist das noch kein Vertrag. Ist mir klar. Kann ich als Onlinehändler den Vertrag in einer zweiten Mail ablehnen, z.B. weil das Produkt in der gewünschten Größe nicht auf Lager ist?
Detailierter: Wie schaut es aus, wenn ich in meinem Klamotten-Shop ein Produkt anbiete (vorrätig, ausgewiesen im Shop mit 5-7 Tagen Lieferzeit), aber eine Größe z.B. XL gerade nicht lieferbar ist? Muss ich in dem Fall auch auf die Nicht-Verfügbarkeit hinweisen, oder kann das Produkt seinen allgemeinen Status “lieferbar” behalten, wenn meinetwegen als Beispiel nur die Größen S und M verfügbar sind?
In einem regulären Laden-Geschäft ist es ja auch so, dass Produkte in der Regel unabhängig von der Verfügbarkeit jeder einzelnen Größe als vorrätig beworben werden. Wer kennt das nicht: die Verkäuferin läuft ins Lager und schaut schnell, ab meine Größe da ist…
Dass dem Kauf-Interessenten die verfügbare Größe nicht passt, ist ja nicht die Schuld des Ladenbesitzers, höchstes des örtlichen Metzgers…
Spass beiseite. Übertragen auf das Online-Business würde das ja bedeuten: ich lasse mir erst mal alle Bestellungen für ein Produkt reinkommen (auch wenn nicht jede verfügbare Größe am Lager ist) und entscheide dann, wen ich entsprechend beliefern kann oder nicht. Wenn man dies “zeitnah” tut, sagen wir mal 1 Tag nach dem automatischen Versand der Eingangsbestätigung, sollte dies doch rechtlich in Ordnung sein. Oder?
Ich hoffe Sie verstehen, worauf ich hinaus will.
Beste Grüße
R. Schubert
@Rene Schubert:
Wenn mit der Bestellbestätigung der Vertrag noch nicht angenommen wurde, kann das Angebot des Verbrauchers noch abgelehnt werden.
Wenn Sie von vornherein wissen, dass Sie ein Produkt (T-Shirt in XL) nicht in der angegebenen Lieferzeit liefern können, dann dürfen Sie das auch nicht so bewerben, sonst könnte dies abgemahnt werden. (siehe auch hier: LG Hamburg: Angegebene Lieferzeiten sind einzuhalten) Die Rechtsprechung geht bei Online-Händlern davon aus, dass diese ihr Angebot zumindest tagesaktuell halten.
Okay. Aber wie sieht es aus, wenn sich gewisse Umstände überschneiden?
Beispiel: es trifft der Fall ein, dass 5 Leute allesamt dieses T-Shirt in Größe XL innerhalb eines Tages ordern, es sind aber nur noch vier auf Lager. Würde heißen, ein Vertrag kommt nicht zustande.
Da zu diesem Zeitpunkt seitens des Shopbetreibers nicht abzusehen war, dass 5 Leute bestellen, steht der Verfügbarkeiststatus natürlich auf “lieferbar” und wird erst dann auf “nicht verfügbar” geändert, wenn die vier Shirts raus sind. In der Zwischenzeit ist aber die 5. Person auch von einer Verfügbarkeit ausgegangen (Überschneidung), die nun nachträglich revidiert werden muss, indem man dem Kunden sagt: Ware ist ausverkauft.
Derartige Nachfragespitzen kann man natürlich nicht immer vorraussehen und es kann oftmals erst im Nachhinein darauf reagiert werden. Sollte man in solchen Fällen dann nicht von vornherein mit Zusätzen wie “Solange der Vorrat reicht” oder dergleichen arbeiten, wenn man ahnt, hier könnte es eng werden, was die Verfügbarkeit angeht?
@Rene Schubert
Überschneidungen können immer mal vorkommen, sollten aber nicht der Regelfall sein. Ein gutes Warenwirtschaftssystem erkennt, wenn der Lagerbestand “wegbestellt” ist und markiert das Produkt (oder eine bestimmte Größe) entsprechend. Ist das nicht der Fall, ist das ein gutes Beispiel für die Vor- und Nachteile der verschiedenen Vertragsschluss-Varianten:
Kommt der Vertrag zusammen mit der Bestellbestätigungs-Mail zustande, ist der Händler in der Lieferpflicht. Kann er ein Produkt aber gar nicht mehr liefern, weil zwischenzeitlich vielleicht der Hersteller insolvent ist, macht sich der Händler gegenüber dem Verbraucher schadensersatzpflichtig. Kauft der Verbraucher z.B. dann das gleiche Produkt bei einem anderen Händler zu einem höheren Preis, muss der erste Händler die Differenzsumme zahlen.
Soll der Vertrag mit separater Auftragsbestätigung zustande kommen, hat der Händler hier noch die Möglichkeit, die Annahme des Angebots abzulehnen, sodass gar kein Vertrag zustande kommt.
“Solange der Vorrat reicht” an die Produkte zu schreiben, ist in meinen Augen im Online-Handel unzulässig, weil der Online-Händler über ein Warenwirtschaftssystem eine sehr einfache Möglichkeit hat, nur Waren anzubieten, die er auch vorrätig hat bzw. liefern kann.
@ Martin Rätze
Selbst rudimentäre, in die Jahre gekommene Shops ohne Anbindung an eine WaWi können eine einfache Lagerhaltung bewerkstelligen. Warum Händler nicht darauf zurückgreifen bleibt rätselhaft und grenzt an unseriösem Handel…
@Rene Schubert
Händlern ohne eigene Lagerhaltung und mit respektiven langen Lieferzeiten sind nicht zukunftsfähig und werden mittelfristig verdrängt….und es zählt nicht immer nur der Preis… m.M.
Hallo, verstehe ich das richtig, dass der Vertragsabschluss erfolgt ist wenn in den AGB folgendes steht:
Mit Einstellung der Produkte in den Online-Shop geben wir ein verbindliches Angebot zum Vertragsschluss über diese Artikel ab. Der Vertrag kommt zustande, indem Sie durch Anklicken des Bestellbuttons das Angebot über die im Warenkorb enthaltenen Waren annehmen. Unmittelbar nach dem Absenden der Bestellung erhalten Sie noch einmal eine Bestätigung per E-Mail.
Ich habe bestellt eine Mail mit allen Daten erhalten, nur kein Lieferdatum und nun nach 3 Wochen erfahre ich auf Nachfrage das die Artikel ausverkauft sind und nicht mehr geliefert werden.
Hallo Herr Rätze,
ich bin soeben auf Ihren Beitrag gestoßen, da ich derzeit einen kleinen (wirklich sehr klein, etwa 5 Produkte) Onlineshop für eine Schreinerei erstelle. Diese möchte in Zukunft auch Produkte online verkaufen. Ich bin gerade dabei eine Mustervorlage der AGBs auf das Unternehmen anzupassen und bin soeben bei dem Punkt “Vertragsschluss” stecken geblieben.
Der Bestellablauf:
Der Kunde bestellt ein Produkt “zahlungspflichtig” (laut Button). Danach bekommt er eine Bestätigung (automatisch generiert), dass die Bestellung eingegangen ist und dass in einer separaten E-Mail (manuell) die Rechnung zugesandt wird, mit der Bitte den offenen Betrag per Banküberweisung zu zahlen. (Vorkasse ist der einzige Zahlungsweg, und wird auch in den AGBs aufgeführt),… usw.
Sobald die Schreinerei das Geld erhalten hat, wird der Kunde darüber informiert usw.
Ist es möglich, den Vertragsschluss so zu definieren, dass dieser erst erfolgt, sobald der Kunde den offenen Betrag überwiesen hat? Oder wie würde man am besten vorgehen.
Mit freundlichen Grüßen
Laura
Nein, das ist nicht möglich. Der Vertragsschluss kann nie erst zu einem Zeitpunkt stattfinden, der nach der Vertragserfüllung einer Partei liegt.
Vielen Dank für die schnelle Antwort und die Hilfe!