ReifenhandelStellt ein Händler bei eBay ein Angebot ein, welches er später abbricht, nachdem bereits erste Gebote getätigt worden, kommt mit dem Höchstbietenden grundsätzlich ein Vertrag zustande, auch wenn sein Gebot nur einen Euro beträgt. Weigert sich der Händler dann, den Vertrag zu erfüllen, muss er Schadenersatz zahlen, entschied das AG Gummersbach.

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Das AG Gummersbach (Urteil v. 28.06.2010 – 10 C 25/10) hatte sich mit den Folgen einer vorzeitig abgebrochenen eBay-Auktion zu beschäftigen.

Der beklagte Händler stellt am 05.01.2009 Aluminiumfelgen für einen Porsche bei einer englischsprachigen Auktion der Internetplattform eBay zu einem Mindestgebot von 1 Euro ein. Der Kläger gab am 06.01.2009 als einziger Bieter ein Gebot i.H.v. 1 Euro ab. Am 10.01. brach der Händler die Auktion, die eigentlich bis 15.01. laufen sollte, vorzeitig ab. Daraufhin verlangte der Kläger Lieferung gegen Zahlung des Kaufpreises, andernfalls werde er vom Vertrag zurücktreten und Schadensersatz verlangen. Dieses Begehren wies der Händler zurück.

Regelung in den eBay-AGB

In den AGB von eBay werden die Möglichkeiten einer vorzeitigen Beendigung von Auktionen geregelt:

§ 9 Nr. 11:

Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, dürfen nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind.

§ 10 Nr. 1:

Stellt ein Anbieter, auf der eBay-Website einen Artikel im Angebotsformat Auktion ein, gibt er ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrags über diesen Artikel ab. […] Der Bieter nimmt das Angebot durch Abgabe eines Gebots über die Bieten-Funktion an. Das Gebot erlischt, wenn ein anderer Bieter während der Angebotsdauer ein höheres Gebot abgibt. Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen. Nach einer berechtigten Gebotsrücknahme kommt zwischen dem Mitglied, das nach Ablauf der Auktion aufgrund der Gebotsrücknahme wieder Höchstbietender ist und dem Anbieter kein Vertrag zustande. Anbieter und Höchstbietender können sich einigen, dass ein Vertrag zustande kommt.

Der Kläger meinte, es ist wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Durch die Weigerung des Händlers, diesen Vertrag zu erfüllen, habe er sich schadensersatzpflichtig gemacht. Als Schadensersatz stehe ihm ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Ersatzbeschaffung zu, da er sich bei einem anderen Händler vergleichbare Felgen zu einem Preis von 3.614,10 Euro gekauft hatte.

Grund für Auktionsabbruch

Der Händler führte dagegen an, es sei kein Kaufvertrag zustande gekommen. Er war der Meinung, dass er das Angebot frühzeitig beenden durfte, da es Probleme mit der angebotenen Zahlungsart gegeben hatte. Außerdem war er der Meinung, dass der Kläger sein Recht in unzulässiger Art und Weise ausübte.

Wirksamer Vertrag

Das AG Gummersbach entschied, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten ein Kaufvertrag über die Aluminiumfelgen zu einem Preis von 1 Euro zustande gekommen ist.

“Die Einstellung des Angebots durch den Beklagten am 05.01.2009 stellte sowohl ein rechtlich bindendes Kaufangebot gemäß § 145 BGB dar und enthielt darüber hinaus die Erklärung, er nehme bereits zu diesem Zeitpunkt das höchste wirksam abgegebene Gebot an. Der Kläger nahm dieses Angebot durch sein Gebot vom 06.01.2009 an. Nach den Allgemeinen eBay-Bedingungen, die zur Auslegung der vom Beklagten und vom Kläger abgegebenen Willenserklärung herangezogen werden können, einigten sich die Parteien gleichzeitig darüber, dass bei sofortiger Beendigung des Angebots zwischen dem Anbieter und dem Höchstbietenden – hier dem Kläger – ein Vertrag über den Erwerb der Ware zustände kommen sollte.”

Keine Berechtigung für Auktionsabbruch

Eine Berechtigung, Angebote vorzeitig zu beenden, könne – so das Gericht – zum einen dann gegeben sein, wenn eine von eBay vorgegebene Abbruchmöglichkeit vorliegt. Zum anderen liegt eine solche Berechtigung auch vor, wenn der Anbieter seine Auktionserklärung gemäß §§ 119 ff. BGB anfechten kann.

“Die vom Beklagten gewählte und von eBay vorgegebene Abbruchmöglichkeit, nämlich dass der Bieter sein Gebot zurückgezogen hätte, lag unstreitig nicht vor. Die Behauptung des Beklagten, er habe diese Begründung gewählt, weil er der englischen Sprache nicht hinreichend mächtig sei, vermag ihn nicht zu entlasten. Denn er hatte bewusst eine Auktion auf einer englischsprachigen eBay-Seite gewählt.”

Kein Anfechtungsgrund vorhanden

Der Händler hatte auch keinen Grund zur Anfechtung seiner Gebotserklärung. Er war der Meinung, dass seine Probleme mit einem Zahlungsdienstleister einen solchen Grund darstellten.

“Soweit der Beklagte erklärte, er habe die Auktion aufgrund von Problemen mit PayPal beendet, ist in dieser Äußerung ein Anfechtungsgrund nicht enthalten, da nachträgliche Probleme mit PayPal weder einen Irrtum in der Erklärungshandlung noch einen Irrtum über den Erklärungsinhalt noch einen Eigenschaftsirrtum darstellen. Insbesondere waren die – bestrittenen – Probleme mit PayPal nicht ursächlich für die Erklärung des Beklagten, die Felgen in der Auktion zum Verkauf anzubieten.”

Verpflichtung zur Lieferung

Da der Vertrag wirksam geschlossen wurde, hätte der Händler die Felgen zum Preis von einem Euro liefern müssen. Mit Schreiben vom 25.03.2009 hatte der Beklagte die Erfüllung endgültig verweigert, sodass der Kunde gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen konnte.

“Er [der Kläger] durfte sich daher nach der Leistungsverweigerung des Beklagten anderweitig gleichwertige Felgen beschaffen und die Mehrkosten hierfür dem Beklagten in Rechnung stellen.”

Keine unzulässige Rechtsausübung

Die bei einem anderen Händler gekauften Felgen kosteten den Kläger 3.614,10 Euro. Diese Ersatzbeschaffung stellte keine unzulässige Rechtsausübung dar.

“Der Kläger durfte darauf vertrauen, dass er bei der Teilnahme an der Auktion als Höchstbietender den Artikel selbst dann erwerben würde, wenn das Höchstgebot weit unter dem üblichen Marktpreis liegen würde. Das wirtschaftliche Risiko der Erzielung eines geringeren Kaufpreises trifft bei derartigen Auktionen den Anbieter, der bewusst einen hochwertigen Artikel zu einem Mindestgebot von nur 1 € einstellt. Dieser muss damit rechnen, dass bei Ende der Auktion der Marktwert des Artikels nicht annähernd erreicht wird. Dies gilt hier umso mehr, als der Beklagte gewerbsmäßig handelte und beim Umgang mit eBay-Auktionen nicht unerfahren war.”

OLG Koblenz: Kein Porsche für 5,50 Euro

Ähnlich hatte im vergangen Jahr bereits das OLG Koblenz (Beschluss v. 03.06.2009 – 5 U 429/09) entschieden. In dem damaligen Fall ging es darum, dass ein Händler die Auktion über einen Porsche vorzeitig abbrach, das zu dieser Zeit höchste Gebot lag bei 5,50 Euro. Der Kläger verlangte die Herausgabe des Fahrzeugs gegen die Zahlung des Kaufpreises.

Das Gericht entschied damals, dass der Händler in einer solchen Situation grundsätzlich zur Lieferung verpflichtet ist, es sei denn, es handelt sich um eine derart krasse Ausnahmesituation, dass die Inanspruchnahme des Verkäufers eine offensichtlich unzulässige Rechtsausübung darstellt, weil sich das tatsächliche Geschehen außerhalb der von beiden Beteiligten erkennbaren Risiken und Chancen bewegt.

Der Wert des Porsche betrug ca. 75.000 Euro. Das Gericht bejahte in dem Fall ein krasses Missverhältnis und der Händler war zur Lieferung nicht mehr verpflichtet.

Fazit

Bevor man Artikel über Auktionsplattformen verkauft, muss man sich bewusst machen, dass man sich damit bereits rechtlich bindend. Besonders bei hochwertigen Artikeln sollten keine zu niedrigen Startpreise angegeben werden, da man den Artikel sonst evtl. für einen Bruchteil des gewünschten Kaufpreises liefern muss. (mr)

Lesen Sie hier, was Händler noch beachten müssen:

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