Immer wieder kommt es vor, dass Onlineshopbetreiber über Mitbewerber Äußerungen tätigen, um ihre eigenen Produkte oder Dienstleistungen besonders hervorzuheben und dabei zugleich dieselben Produkte oder Dienstleistungen des Mitbewerbers in einem „schlechten Licht“ darstellen zu lassen. Solche Äußerungen können unter Umständen als wettbewerbswidrig angesehen werden.
Lesen Sie mehr dazu in einem Gastbeitrag von RA Rolf Albrecht. Äußerungen im Rahmen der Werbung oder sonstigen Auseinandersetzung mit einem Mitbewerber können als Verstoß gegen § 4 Nr. 7 UWG angesehen werden.
Unlauter handelt insbesondere, wer die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft.
Voraussetzung dafür ist, dass eine Herabsetzung oder Verunglimpfung vorliegt. Dabei muss berücksichtigt werden, dass nicht jede Äußerung, die den Mitbewerber in eine für ihn nicht günstige Position rückt, zwangsläufig immer als Herabsetzung gilt und damit als unlautere Wettbewerbshandlung angesehen werden kann. Insoweit ist immer eine Prüfung im Einzelfall erforderlich.
Unter Herabsetzung wird dabei eine Verringerung der Wertschätzung in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise verstanden. Die Verunglimpfung ist dabei jedoch nur eine Steigerung der Herabsetzung und stellt sich insbesondere in einer abfälligen Behauptung oder einem abfälligen Werturteil dar, das ohne jegliche tatsächliche Grundlage gefällt wird.
Grundsätzlich sind dabei Äußerungen immer unzulässig, die sich als sog. Formalbeleidigung oder Schmähkritik darstellen. Schmähkritik stellt dabei die Deformierung der handelnden Person in den Vordergrund. Eine Formalbeleidigung stellt sich insbesondere in der Verwendung von Schimpfwörtern dar.
Folgende Aussagen wurden durch die Rechtsprechung bereits als unzulässige Herabsetzung angesehen.
- Bezeichnung eines Konkurrenzproduktes als „Scheiß des Monats“
- Bezeichnung von Konkurrenzprodukten als „Mist“
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die bloße Verwendung abwertender Bezeichnungen noch keine Schmähkritik darstellt, wenn innerhalb dieser Kritik eine sachbezogene Aussage verwendet wird.
So kann die Bezeichnung eines Mitbewerbers als „Betrüger“ möglich sein, wenn diese Aussage sachbezogen erfolgt ist, auf einer Tatsachengrundlage geäußert wurde und daher noch die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt ist.
Liegt weder eine Schmähkritik noch eine so genannte Formalbeleidigung vor, so ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Äußerungen nützliche Informationen beinhalten und vor allem der gute Ruf des betroffenen Mitbewerbers nicht stärker beeinträchtigt.
Dies bedeutet, dass jede einzelne Aussage ggf. in einem Rechtsstreit detailliert zu prüfen ist. Eine pauschale Bewertung entsprechender Aussagen ist grundsätzlich nicht möglich.
Zutreffende Hinweise auf begangene Straftaten oder Vertragsverletzungen eines Mitbewerbers sind unter Umständen zulässig, da sie Tatsachenbehauptungen darstellen.
So kann es ebenfalls unzulässig sein, ungeschwärzte Urteile aus Gerichtsverfahren über Internetportale zu verbreiten, wenn diese Urteile sich mit Wettbewerbsstreitigkeiten beschäftigen und es zu einer Verurteilung des Mitbewerbers gekommen ist. Dies hat das OLG Hamm in einem gerichtlichen Verfahren entschieden (Urteil vom 7.2.2008; I-4 U 154/07).
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
"Die Klägerin wurde in diesen Verfahren erfolgreich u.a. auf Unterlassung irreführender Werbebehauptungen in Anspruch genommen. Die Beklagte zu 2), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3) ist, legte die beiden rechtskräftigen Urteile auf ihrem Server ab und ermöglichte dem Beklagten zu 1), der im Internet ein Testmagazin für Drucker und deren Verbrauchsmaterialien herausgibt, und weiteren ausgesuchten Redaktionen von Fachzeitschriften die Verlinkung der Urteile und damit die Veröffentlichung. Der Beklagte zu 1) berichtete am 07.08.2006 hierüber unter "News: Wettbewerbsprozesse unter Tintenhändlern" und setzte dabei einen Link auf die beiden ihm von der Beklagten zu 2) zur Verfügung gestellten Urteile."
Diese Verlinkung und damit Verbreitung der Urteil ist nach Ansicht des Gerichts eine unzulässige geschäftliche Handlung und damit wettbewerbswidrig:
"Vorliegend liegt eine Herabsetzung der Klägerin insofern vor, als ihr mit der Veröffentlichung der ungeschwärzten Urteile explizit unlauteres Verhalten in Form irreführender Bewerbungen und vorsätzliche Täuschungen vorgeworfen wurden, wobei dies über das Internet auch einer breiten Öffentlichkeit gegenüber publik gemacht wurde. Die beiden Urteile in den Verfahren LG XY waren nach den ihnen innewohnenden Sachverhalten und Feststellungen, die der Klägerin entsprechend wiederholte Wettbewerbsverfehlungen attestierten, geeignet, diese insbesondere auch in den Augen der Verbraucher und ihrer Kunden mit einer betrügerischen Komponente in ein überaus negatives Licht zu rücken.
Eine Rechtfertigung hierfür im wettbewerblichen Bereich bestand nicht. Die Schwelle einer unzulässigen Persönlichkeitsverletzung ist in diesem Zusammenhang nicht Maßstab gebend. Die Art und Weise der Veröffentlichung der beiden hier in Rede stehenden Urteile im Wege der von den Beklagten zu 2) und 3) hergestellten Verlinkungen war von keinem berechtigten Interesse getragen, wie es in diesem Konkurrentenverhältnis erforderlich wäre, zumal einem etwaigen Informationsinteresse der Allgemeinheit ohne weiteres auch durch eine anonymisierte Urteilsveröffentlichung ohne die mit der namentlichen Nennung der Klägerin verbundene Anprangerung hätte Genüge getan werden können."
Ebenfalls unzulässig im Sinne des Wettbewerbsrechtes kann die Verbreitung von falschen Tatsachenbehauptungen sein. Dies ist nach § 4 Nr.8 UWG unzulässig.
Unlauter handelt insbesondere, wer über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden.
Im Einzelfall ist es im Rahmen der rechtlichen Bewertung schwer festzustellen, ob es sich bei einer Aussage um Tatsachenbehauptungen oder um Werturteile handelt. Entscheidend ist auch hier wieder, wie der angesprochene Verkehrskreis die Aussage auffasst.
Grundsätzlich ist dabei immer eine Tatsache dann gegeben, wenn diese einem Beweis zugänglich ist und sich dadurch in eine Kategorie von wahren und unwahren Aussagen aufteilen lässt. Ein Werturteil ist im Gegensatz dazu immer eine Aussage, die im Wesentlichen durch eine Stellungnahme des Äußernden geprägt ist. Des Weiteren muss eine entsprechende Tatsache behauptet oder verbreitet werden.
Eine Behauptung liegt immer dann vor, wenn die Tatsache durch den Äußernden selbst als wahr hingestellt wird. Die Weiterverbreitung einer Tatsachenbehauptung, die durch einen Dritten aufgestellt wurde, stellt eine Verbreitung im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG dar. Aussage muss für einen Unterlassungsanspruch wahrheitswidrig sein.
Wichtiges Element des § 4 Nr. 8 UWG ist, dass die Aussage nicht erweislich wahr ist und einen Schaden verursachen kann. In diesem Inhalt begründet sich der wesentliche Unterschied zur gesetzlichen Regelung des § 4 Nr.7 UWG. Dies bedeutet, dass der äußernde Mitbewerber immer darlegen und ggf. beweisen muss, dass die Behauptung wahr ist.
Besteht zum Beispiel die Behauptung einer negativen Aussage, dass der Mitbewerber nicht lieferfähig ist, so muss der äußernde Mitbewerber darlegen, aufgrund welcher Tatsache er zu dieser Äußerung kam. Dabei werden jedoch nur die Tatsachengrundlagen berücksichtigt, die dem Mitbewerber im Rahmen seiner Äußerungen zustanden.
Im Gegensatz dazu muss dann der Mitbewerber, der sich durch die Äußerungen rechtlich beeinträchtigt fühlt, alle Umstände darlegen, die im Rahmen der Bewertung der Aussage dazu führen, dass tatsächlich die Lieferfähigkeit von Produkten gegeben war.
Die sog. Schadenseignung ist immer dann gegeben, wenn durch die Behauptung wirtschaftliche Schäden und Beeinträchtigungen drohen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn unwahre Aussagen zur Bonität oder Lieferfähigkeit eines Unternehmens erfolgen.
Diese rechtliche Darstellung zeigt, dass auch Online-Händler mit ihren Äußerungen gegenüber Mitbewerbern entsprechend auf berechtigten Tatsachengrundlagen argumentieren sollten. Andernfalls setzen sich die Shopbetreiber der Gefahr aus, durch die Äußerungen gegen das Wettbewerbsrecht zu verstoßen und sich somit auch einer Abmahnung durch den Mitbewerber auszusetzen.
RA Rolf Albrecht
Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.