Wer Computerbildschirme oder Fernseher verkauft, darf zwar die Bildschirmdiagonale noch in Zoll angeben, muss aber gleichzeitig die Zentimeterangabe hervorgehoben hinzuschreiben. Fehlt die Angabe in der gesetzlichen Einheit, liegt ein Gesetzesverstoß vor. Allerdings ist dieser nach Meinung des LG Bochum als Bagatelle einzustufen.
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Update: OLG Hamm schließt sich LG Bochum an.
Zunächst wurde für Januar 2010 eine Änderung der Einheitenverordnung angekündigt: Die Verwendung der Einheit Zoll sollte ganz verboten werden. Doch dann machte das Wirtschaftsministerium einen Rückzieher und ließ alles beim Alten: Zoll darf weiterhin verwendet werden, wenn die gesetzliche Einheit (cm) hervorgehoben ist (wir berichteten):
"§ 3 Zusätzliche Verwendung nicht gesetzlicher Einheiten
Soweit nach §§ 1 und 2 des Einheiten- und Zeitgesetzes Größen in gesetzlichen Einheiten anzugeben sind, ist die Verwendung anderer als der gesetzlichen Einheiten nur gestattet, wenn die Angabe in der gesetzlichen Einheit hervorgehoben ist."
Das LG Bochum (Urteil v. 30.03.2010, Az: I-17 O 21/10) hatte die Frage zu entscheiden, ob das Unterlassen der cm-Angabe einen Wettbewerbsverstoß darstellt.
Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin handelten bei eBay mit Elektronikartikeln. Am 29.01.2010 bot die Antragsgegnerin unter anderem digitale Bilderrahmen an und gab deren Größe ausschließlich in Zoll an.
Dies mahnte die Antragstellerin ab und forderte erfolglos die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Daraufhin stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim LG Bochum, mit dem Ziel, der Antragsgegnerin dieses Verhalten zu untersagen.
Das Gericht sah den Antrag als zulässig aber unbegründet an und erließ deswegen die beantragte Verfügung nicht.
Zunächst entschied das Gericht aber, dass bloße Angabe in Zoll einen Gesetzesverstoß darstellt:
"Ein Verfügungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG besteht nicht. Zwar stellen sich die von der Antragstellerin monierten Internetangebote der Antragsgegnerin, die Bildschirmgrößenangaben ausschließlich in Zoll enthalten, als Verstoß gegen §§ 1 Abs. 1, 2, 3 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (EinhZeitG) i.V.m. § 1 der Ausführungsverordnung zum Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (EinhV) dar. Danach sind Größenangaben in anderen als metrischen Einheiten nur zulässig, wenn die Angaben der gesetzlichen Einheit gleichzeitig erfolgt."
Diesen Verstoß sah das Gericht jedoch als Bagatelle an, da die Verbraucher an Zoll-Angaben gewohnt seien:
"Dieser Verstoß fällt ausnahmsweise aber unter die Bagatellklausel des § 3 UWG, weil ihm jedenfalls zur Zeit noch die Eignung fehlt, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Denn eine dahingehende Eignung ist nur anzunehmen, wenn eine objektive Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die konkrete Handlung zu einer spürbaren Beeinträchtigung dieser Interessen führt. Die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung fehlt nach Überzeugung des Gerichts, weil die Teilnehmer am hier relevanten Markt - zu denen auch die Mitglieder der Kammer gehören - in hohem Maße an Größeneinheiten in Zoll gewöhnt sind."
Das Gericht bemerkte, dass erst seit wenigen Wochen Angaben mit Zoll und cm erscheinen würden.
"Bezogen auf den Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Internetauftritts der Antragsgegnerin Ende Januar 2010 ist daher festzuhalten, dass die Marktteilnehmer durch die langjährige Praxis, Angaben nur in Zoll zu machen bzw. vorzufinden, derzeit durch ausschließliche Zollangaben noch nicht tangiert werden. Vielmehr liegt es sogar nahe, dass eine ausschließliche metrische Größenangabe bei diesen Produkten zur Zeit bei vielen Marktteilnehmern eher verwirrend wirken würde."
Den Streitwert dieses Verfahrens legte das Gericht auf 10.000 Euro fest.
Update:
Gegen diesen Beschluss aus Bochum legte die Antragsstellerin sofortige Beschwerde ein. Das OLG Hamm wies diese mit Beschluss vom 10.05.2010, Az: I-4 W 48/10 zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Nichtangabe der Größe des Bildschirms in Zentimeter ausnahmsweise einen Bagatellverstoß darstelle.
"Er [der Verstoß] wirkt sich insbesondere nicht dahin aus, dass Verbraucher durch die alleinige Zollangaben bestimmte, hierdurch beeinflusste abweichende geschäftliche Entscheidungen treffen, weder im Rahmen der Kaufabwicklung noch im Abwicklungsstadium."
Diese Entscheidung ist natürlich erfreulich für Shopbetreiber. Allerdings sollte man sich nicht darauf verlassen, dass andere Gerichte ebenfalls so entscheiden. Denkbar ist, dass andere Gerichte in einem solchen Sachverhalt den Gesetzesverstoß auch als spürbare Beeinträchtigung des Wettbewerbs ansehen. Und das aus folgendem Grund: Wenn Händler X seine Angaben nicht ändert, spart er die Zeit und das Geld, welches Händler Y investieren muss, um seine Angebote zu überarbeiten. (mr)