Vor kurzer Zeit berichteten wir aus der mündlichen Verhandlung des OLG Hamm, in der es um die Fragen ging, ob die 40-€-Klausel in AGB separat vereinbart werden muss und ob das Öffnen einer Cellophanhülle eine Entsiegelung darstellt, das zum Ausschluss des Widerrufsrechts führt. Das Gericht bejahte die erste und verneinte die zweite Frage. Dieses Urteil liegt nun im Volltext vor.
Die Notwendigkeit der separaten Vereinbarung der 40-Euro-Klausel in AGB begründet der Senat sein Urteil vom 30.03.2010, Az: 4 U 212/09, wie folgt:
“Die Antragsgegnerin hat gegen ihre vorvertraglichen Informationspflichten nach § 312 c Abs. 1 S. 1 BGB nach der Rechtsprechung des Senats zunächst deshalb verstoßen, weil sie teilweise unrichtig über die sich nach § 357 Abs. 2 BGB ergebenden Folgen des bei Fernabsatzgeschäften nach § 312 d Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrechts des Käufers informiert hat.”
40-EUR-Klausel muss separat vereinbart werden
Die Antragsgegnerin hat die Verbraucher in ihrer Widerrufsbelehrung darüber informiert, dass diese verpflichtet seien, die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt.
Nach § 357 Abs. 2 Satz 3 1. Alt. BGB dürfen dem Verbraucher aber die regelmäßigen Kosten der Rücksendung in diesem begrenzten Umfang nur vertraglich auferlegt werden.
Da eine die Überwälzung der Kosten begründende Vereinbarung der Parteien hier nicht vorliege, sei diese Widerrufsbelehrung unrichtig, so der Senat. Die Kosten der Rücksendung müsse auch in diesem Fall der Unternehmer tragen.
“Es gibt nämlich über die bloße Erwähnung der Rechtsfolge in der Widerrufsbelehrung im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine vertragliche Regelung über die Kostentragung des Käufers bei einem Warenwert von bis zu 40 Euro. Dem Text der Belehrung über das Widerrufsrecht kommt als solchem die Qualität einer Vereinbarung der Parteien nicht zu.
Für eine Vereinbarung der Kostenüberwälzung mag zwar eine entsprechende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders genügen. Diese muss dort aber gesondert erfolgen und kann nicht in der Belehrung über die Widerrufsfolgen gesehen werden.
Informationspflichten sind keine AGB
Mit der Belehrung erfülle der Unternehmer lediglich seine Informationspflichten. Sie besitze deshalb einen einseitigen Charakter und beanspruche gerade nicht, Vertragsbestandteil zu sein. Dem entspricht es, dass der Verbraucher in solchen Widerrufsbelehrungen, mit denen er die Aufklärung über gesetzlich vorgegebene Rechte und Folgen verbindet, kein einseitiges Vertragsangebot zu seinem Nachteil erwartet.
“Er könnte die Widerrufsbelehrung als solche auch nicht streichen.
Das berücksichtigt das Landgericht Frankfurt in seiner Entscheidung nicht genügend. An der fehlenden Eignung der Widerrufsbelehrung, eine vertragliche Kostenüberwälzung zu begründen, ändert es auch nichts, wenn eine solche Widerrufsbelehrung in sich abgeschlossen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen untergebracht wird (vgl. Senat, Urt. v. 2.3.2010 –4 U 180/09; OLG Stuttgart, Urt. v. 10.12.2009 –2 U 51/09). Dieser Lösung entspricht es auch, dass in dem Gestaltungshinweis Nr. 8 zur Musterwiderrufsbelehrung die hier beanstandete Fassung der Widerrufsbelehrung ausdrücklich nur für den Fall empfohlen wird, dass zunächst eine Übernahme der Rücksendekosten im zulässigen Umfang vereinbart worden ist.”
Wettbewerbswidrige Cellophanhüllen-Klausel
Die Klausel
“Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Lieferungen von … Software, sofern die gelieferten Datenträger von ihnen entsiegelt worden sind (z.B. Software-CDs, bei denen die Cellophanhülle geöffnet wurde).”
sah das Gericht mit folgender Begründung als wettbewerbswidrig an:
“Ein Gesetzesverstoß liegt auch im Hinblick auf die Belehrung über den Ausschluss des Widerrufsrechts vor. Zwar hat die Antragsgegnerin noch zutreffend darüber informiert, dass beim Kauf von Software das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind.
Das entspricht der gesetzlichen Regelung in § 312 d Abs. 4 Nr. 2 BGB. Dieser Hinweis auf die Grenzen des Widerrufsrechts ist hier aber deshalb nicht mehr klar und verständlich erfolgt, weil die Antragsgegnerin als Beispielsfall einer solchen Entsiegelung die Öffnung einer Cellophanhülle bei einer Software-CD angegeben hat.”
Auch Treiber-CD kann zurück gegeben werden
Wie die Antragsgegnerin selbst vorgetragen hat, fielen ohnehin nicht alle solche Datenträger unter die Ausnahmeregelung des § 312 d Abs. 4 Nr. 2 BGB. So gelte die Vorschrift nicht, wenn so verpackte Software als eine Treiber-CD dazu dient, etwa mitgekaufte Hardware in Betrieb zu nehmen und auf ihre Funktionsfähigkeit zu prüfen. Wird in Bezug auf die Hardware dann ein Widerrufsrecht ausgeübt, kann selbstverständlich die geöffnete Software gleichfalls zurückgegeben werden.
“Entscheidend ist aber, dass eine solche Entsiegelung schon begrifflich voraussetzt, dass eine Verpackung, die der Verbraucher öffnet, auch als Versiegelung erkennbar ist.
Diese Versiegelung soll dem Verbraucher deutlich machen, dass er die Ware behalten muss, wenn er diese spezielle Verpackung öffnet. Auch wenn ein ausdrückliches als solches bezeichnetes Siegel nicht erforderlich sein mag, genügt die übliche Verpackung solcher Ware mit Kunststofffolie, die auch andere Zwecke wie den Schutz vor Verschmutzung erfüllen kann, insoweit ohne jede Warnung nicht.”
Öffnen der Cellophanhülle ist keine Entsiegelung
Deshalb stelle auch das Öffnen einer Cellophanhülle, in der die gelieferten Datenträger verpackt sind, in den Augen des Verkehrs keine solche Entsiegelung dar, weil dieser Verpackung die Prüf-und Besinnungsfunktion fehle.
Das habe das Landgericht schon zutreffend ausgeführt. Dabei könne auch nicht entscheidend sein, ob der Käufer nach dem Entschluss zum Widerruf in der Lage ist, die Ware wieder in gleicher Weise zu verpacken oder nicht, weil er sie nicht mit Folie einschweißen kann.
Meine Meinung
Meine Meinung zu diesem Urteil hat sich auch nach Vorliegen der Begründung nicht geändert. Zu der 40-EUR-Klausel habe ich mich bereits an anderer Stelle ausführlich geäußert. Weitere Argumente und Positionen zur Cellophanhüllen-Thematik können Sie ausführlich hier nachlesen. An dieser Stelle sei noch einmal Folgendes zusammengefasst:
- Es ist absurd, dass der Verbraucher mit einem Onlinehändler über die Streichung von AGB-Klauseln verhandelt. Selbst wenn dies so wäre, müsste dann auch die 40-EUR-Rechtsfolgenbelehrung in der Widerrufsbelehrung geändert werden. Dies ist also gar kein Argument.
- Die Frage, ob eine Cellophanhülle auf der Verpackung als Siegel erkennbar sein muss, ist von der Frage zu trennen, ob die zitierte Information zum Nichtbestehen des Widerrufsrechts im Onlineshop und in Textform wettbewerbswidrig ist. Das Gericht hat überhaupt nicht hinterfragt, ob die Cellophanhülle im vorliegenden Fall mit einem Warnhinweis gekennzeichnet war und sich nicht dazu geäußert, warum dann der Hinweis im Onlineshop und in Textform falsch sein soll.
- Der Verbraucher ist durch eine Information im Shop und in Textform darüber, welche Qualität das Öffnen der Cellophanhülle hat, besser informiert, als wenn nur der abstrakte Gesetzeswortlaut (“entsiegelt”) wiederholt wird. Wenn ein entsprechender Warhinweis auf der Cellophanhülle angebracht ist, kann also auch die Information an anderer Stelle nicht falsch sein. Überdies meine ich, dass nach der Verkehrsauffassung eine Cellophanhülle auch ohne Hinweis eine entsprechende Warn- und Besinnungsfunktion entfaltet, denn dies ist etwas ganz anderes als Tesafilm oder eine sonstige Verpackung, die der Verbraucher wieder herstellen kann.
- Die breiten Ausführungen zu Treibersoftware sind unerheblich, da sie mit der Frage, ob eine Cellophanhülle oder ein Aufkleber Siegelqualität hat, nicht im Geringsten zu tun haben. Zudem geht es überhaupt nicht um gekoppelte Hard- und Softwareverträge, sondern nur um die Frage, ob die Software zurückgegeben werden kann. Schließlich hätte es bei kostenloser Treibersoftware keinerlei Auswirkungen für den Verbraucher, ob er die CD zurückgeben kann oder nicht, da er bei kostenloser Software ohnehin keinen Kaufpreis zurück erhält.
- Es ist völlig unklar, was für eine Belehrung der Senat insoweit als lauterkeitsrechtlich unbedenklich ansieht. Denn denkt man die Treibersoftware-Argumentation zu Ende, dürfte man nicht einmal den Gesetzeswortlaut des § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB wiederholen, da auch dieser die Annahme zulässt, dass entsiegelte Treibersoftware nicht zurückgegeben werden kann. Die Argumentation ist diebezüglich also paradox.
Es ist schlimm, dass die Richter mit so schwachen und widersprüchlichen Argumenten ein so weit reichendes Thema entscheiden, ohne auch nur ansatzweise den Zweck der gesetzlichen Regelung (Schutz vor Raubkopien) zu hinterfragen, geschweige denn die vorhandene Literatur und Rechtsprechung auszuwerten.
Die Industrie wird ein so wenig überzeugendes Urteil sicherlich nicht zum Anlass nehmen, sämtliche Datenträger mit Warnhinweisen zu versehen. Und selbst wenn die Händler nun dem OLG Hamm folgen und nachetikettieren, ist damit die Frage, wie die Belehrung nun aussehen muss, immer noch nicht beantwortet. Solch willkürliche Fehlurteile sind eine Katastrophe für den Onlinehandel.
Bildnachweis: Michal Kalasek/shutterstock.com
Lieber Carsten,
vielen Dank für Dein umfassendes Statement.
Noch eine ergänzende Überlegung zur Folie: Das Treibersoftware-Beispiel verfängt doch schon deshalb nicht, weil in diesem Falle nicht Software sondern Hardware geliefert wird. Dass daneben auch eine CD mitkommt, dient doch allenfalls der Erfüllung einer vertraglichen Nebenpflicht. Insofern stimmt es nicht, wenn der Senat schreibt: “…wenn so verpackte Software als eine Treiber-CD dazu dient, etwa mitgekaufte Hardware in Betrieb zu nehmen…” Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Es handelt sich um einen Hardwarekauf, der gegebenenfalls widerrufen werden kann. Die Frage eines isolierten Widerrufsrechts für die Software stellt sich mangels eines Vertrag über Softwarelieferung nicht.
Es wird wohl nicht lange dauern, bis irgendwo ein ähnlicher Unsinn anhängig ist, wo die Karten neu gemischt werden – vielleicht nicht gerade im OLG-Bezirk Hamm…
My2Cents: http://bit.ly/aDQ8uE
Besten Gruß
Martin Schirmbacher
http://twitter.com/mschirmbacher
Lieber Martin,
vielen Dank. Ich freue mich, dass der erste Kommentar zu diesem Unsinn von einem echten Experten kommt, das wird sicherlich leider nicht so bleiben.
Beste Grüße nach Berlin
Carsten
Hallo,
auch ich halte das Urteil für ziemlich übertriebene Förmelei. Denn ist nicht eine “Verwirrung des Kunden” schon absehbar, wenn in AGB die Widerrufsbelehrung – oder zumindest der Teil mit der Abwälzung der Versandkosten – noch einmal erscheint?
Vielen Dank für die interessante Besprechung.
Beste Grüße
Mathis Gröndahl
Mir kommt das Urteil viel weniger katastrophal vor. Teilweise hat mich die polemische, teilweise schon fast perfide Diskussionsweise (keine Examensreife usw.) auch enttäuscht, weil sie nur die Emotionen der sich in ihrem Geschäftsmodell gestört fühlenen CD-Händler aufpeitscht, anstatt zu einigen gelassenen und ruhigen Überlegungen zu führen.
So ist der Vorwurf, das Gericht habe gar nicht hinterfragt, ob nicht etwa völlig wider Erwarten doch irgendwo ein Siegelaufkleber auf der Hülle gewesen sei, nicht fair. Es herrscht schließlich kein Amtsermittlungsgrundsatz, und einen derart entscheidenden Punkt muss die beklagte Partei schon selbst vortragen. Wie erläutert wurde, ist diese Frage, Aufklebersiegel ja oder nein, in der Verhandlung erörtert worden. Wenn da die beklagte Partei einfach verschweigt, dass sie ja einen solchen Aufkleber hatte, dann ist dies ein “beredtes Schweigen”, also das Zugeständnis, dass kein Aufkleber da war. Und er war ja auch nicht da.
Im Kern geht es um eine ganz einfache Frage: Versteht der Normalverbraucher unter “entsiegeln” das Öffnen, Aufmachen einer mit einer dafür vorgesehenen Öffnungsschlaufe versehenen Cellophanhülle? Ich finde, dass man darüber verschiedener Ansicht sein kann, u. a. auch der des OLG Hamm. Das Gericht hatte auch keine Handlungsanleitung zu liefern, wie künftig technisch das Siegelproblem gelöst werden kann, sondern es hatte lediglich über die Wettbewerbwidrigkeit einer bestimmten benutzten Belehrungsklausel zu entscheiden.
Bei der Gesamtabwägung kommt mir einfach das natürliche Sprachgefühl zu kurz. Eine Cellophanhülle ist einfach kein Siegel. Der Duden spricht von “kleine Figur, Bildchen; Abdruck des Siegelrings” oder von “Abdruck eines Siegels, (1 a)einen Siegelabdruck tragendes Stück Siegellack o.?Ä., mit dem etw. versiegelt ist”. Wer auch eine unbebilderte und unbeschriebene Cellophanhülle unter diesen Begriff einreiht, begeht Sprachvergewaltigung. Es wäre für den Gesetzgeber nichts leichter gewesen, als einfach Wörter wie “öffnet”, “aus der Verpackung entnimmt” usw. zu benutzen als das umständliche, im normalen Sprachgebrauch wenig anzutreffende Wort “entsiegeln”. Dass die Richter hier einfach ein Mehr an Warnung erwarten als eine durchsichtige Hülle mit Öffnungsschlaufe, ist zumindest nachvollziehbar.
Dann noch eine weitere Überlegung: In jedem besserenn CD-Laden oder auch Buchladen kann der Kaufinteressent Cellophanverpackungen entfernen, ohne kaufen zu müssen. Er kann CDs auf den dort vorhandenen Abspielgeräten anhören und Bücher anlesen, um zu prüfen, ob das Angebot seinem Geschmack entspricht. Warum ist es gerecht, dass sich der Online-Händler die Ladenmiete und alle sonstigen Mehrkosten des physischen Vorortverkaufs erspart, aber seinem Kunden eine ganz normale Musikgeschmacksuntersuchung verwehrt, wie sie “bei einer Untersuchung im Ladengeschäft” üblich ist? Da führen auch die ein paar Sekunden möglichen Hörproben mit der auf Webseiten üblichen minderen Wiedergabequalität nicht weiter.
Und mal eine nicht ganz ernst gemeinte Frage zum angeblich mit der Versiegelung verfolgten Kopierschutz: Würde die Cellophanhülle eine derartige Funktion haben, dann ist deren Entfernung auch gleichzeitig ein strafbarer Kopierschutzbruch nach dem UrhG? Schließlich würde dann ja tatsächlich eine technische Vorrichtung zur Verhinderung durchbrochen. Oder ist es nicht gerade die Funktion der Cellophanhülle, zwecks Prüfung wie in einem Ladengschäft geöffnet zu werden? Glaubt jemand ernstlich, dass der CD-Fabrikant mit der Cellophanumhüllung etwas anderes bezweckte als den Transportschutz? Das ihm dabei der Urheberschutz am Herzen lag (für die winzige Minderheit der Onlinekäufer, denn für die Ladenkäufer gilt diese Urheberschutzfunktion ohnehin nicht). Warum ist eigentlich noch kein Gericht auf die Idee gekommen, dass geöffnete Cellophanhüllen im Onlinehandel den Widerruf ausschließen? Hier schreibt nur ein Kommentator stets vom anderen ab (wenn man die entsprechenden Kommentierung liest, wird man von Hinz zu Kunz und von Kunz wieder zu Hinz verwiesen, so als ob ständige Wiederholung eine juristisch haltbare herrschende Meinung herstellen könnte).
Man sollte überhaupt den ganz normalen Datenträgerkäufer nicht immer gleich als illegalen Kopierer brandmarken. Mögen Online-Händler mit CDs, DVDs und Datenträgern mal wahrheitsgemäß berichten, wie hoch oder besser gering denn ihre Retourquote wirklich ist. Wer heute den umständlichen Weg über eine nicht ernstgemeinte Onlinebestellung geht, anstatt direkt aus dem Internet downzuloaden, muss wohl eher ein merkwürdiger Zeitgenosse sein. Hier werden aus rein polemischem Interesse Dinge durcheinander geworfen, die mit der simplen Frage: Cellophanhülle=Siegelqualität? ja oder nein? nichts mehr zu tun haben.
Grüße aus Rotterdam
@ Hans Giese,
vielen Dank für diese ausführliche Gegenposition zu der Frage, ob eine Cellophanhülle ein Siegel ist. Mich würde nun noch interessieren:
– Wie kann Ihrer Meinung nach der Nichtbestehenshinweis bei “ordnungsgemäß” versiegelten Datenträgern aussehen, soweit nicht nur der Gesetzeswortlaut wiederholt werden soll?
– Falls nur der Gesetzeswortlaut wiederholt werden soll? Wie passt das zu den Ausführungen zur Treibersoftware und warum ist der Verbraucher dann besser informiert?
Ich bin gespannt, ob jemand einmal über diese Punkte diskutieren möchte.
M.E. ist es ausreichend, den Gesetzeswortlaut zu wiederholen. Ich wüßte jetzt nicht, was dagegen spricht.
Problematisch könnte dann wiederum bei Treibersoftware sein, wenn auf der Cellophanhülle ein entsprechender Siegelhinweis befindet, dass mit dem Entfernen der Cellophanhülle das Widerrufsrecht erlischt. Das wäre dann natürlich bei der Treibersoftware logischerweise ein unzulässiger Ausschluss des Widerrufrechtes.
Besteht also ein Produkt sowohl aus Treibersoftware als auch aus Anwendungssoftware, darf nur die Anwendungssoftware entsprechend versiegelt werden.
Genau diese Diskrepanz ist ja schließlich auch vom OLG Hamm erkannt worden. Deshalb war der Klammerzusatz mit “z.B.” ja auch eindeutig mißverständlich.
Bin mal gespannt ob der Beitrag veröffentlicht wird…
@Warning Dagegen spricht – wie mehrfach und ausführlich dargelegt -, dass die Wiederholung des § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB “Entsiegelung von Datenträgern” genauso pauschal ist wie das Beispiel “Öffnen der Cellophanhülle”, so dass beide Formulierungen das Öffnen von Treiber-CDs einschließen. Die übrigen Ausführungen sind am Thema vorbei.
Dafür spricht, dass Professor Tonner im “Handkommentar Vertriebsrecht” (§ 312d Rn 32) wir folgt ausführt:”Der Begriff der Versiegelung ist herkömmlich zu verstehen, also in der Regel die Entfernung einer Folie, in die die Ware eingeschweißt ist”
Ergänzt und spezifiziert wird das jetzt durch das Urteil des OLG Hamm.
Insofern ist bei einem entsprechenden Siegelhinweis auf der Hülle, durchaus das Öffnen derselben mit einer Entsiegelung im Sinne des §312d Abs.4 Nr. 2 BGB gleichzusetzen.
Springen Sie jetzt endlich mal über Ihren Schatten und kommen zu Sie zu einer realistischen Einschätzung dieses Urteils, anstelle jetzt sich in immer kleinere Details zu verzetteln.
@Warning Nein, falsch! Professor Tonner vertritt, dass eine Cellophanhülle ein Siegel sei, also die Gegenansicht zum OLG Hamm. Nach seiner Ansicht stellt das bloße Öffnen der Cellophanhülle eine Entsiegelung dar, ohne dass es irgendeines Warnhinweises auf der Hülle bedürfte. Es macht keinen Sinn, Ihre juristisch laien- und grob fehlerhaften Ausführungen ständig wieder und wieder zu korrigieren. Auch ist Ihr Tonfall im letzten Satz wiederholt unangemessen. Wir werden daher fortan nur noch solche Kommentare veröffentlichen, die neue (vertretbare) Erkenntnisse in der Sache bringen, nicht jedoch solche, in denen es um Selbstdarstellung oder wiederholte Rechthaberei um jeden Preis geht. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Noch ein Versuch:
Sie gehen bei Ihren Beispielen immer von einer fest verschweissten Cellophan- bzw. Kunststoffhülle aus.
Es gibt aber auch Cellophan- bzw. Kunststoffverpackungen, die nicht festverschweißt sind. Wo die Cellophan- bzw. Kunsstoffverpackung lediglich mit einem normalen Tesafilmstreifen verschlossen ist.
Von daher ist ein “Entsiegelung von Datenträgern” nicht genauso pauschal ist wie das Beispiel “Öffnen der Cellophanhülle”. In dem ich die Cellophanhülle über die Entfernung des Tesafilmstreifens öffne kann es doch nicht zu einer Entsiegelung i.S. des Gesetzes kommen. (vgl. auch entsprechendes Urteil des LG Dortmund)
Gemäß Wortlaut der beanstandeten Formulierung, wäre allerdings schon bei einem Öffnen der lediglich mit einem Tesafilmstreifen verschlossenen Cellophan- bzw. Kunststoffhülle das Widerrufsrecht verwirkt. Und darin liegt die Mißverständlichkeit.
Wäre die Cellophan- bzw. Kunststoffhülle mit mit einem Tesafilmstreifen, sondern mit einem Siegelaufkleber dieser Art:
http://www.shop-htetikett.de/product_info.php?info=p2_Sicherheitssiegel-aus-Dokumentenfolie.html&XTCsid=c5b3aeb9ff1d6c62ddc1856fafb0444d
verschlossen worden, dann läge die Sachlage nun ganz anders. Von daher kann und muss man schon unterscheiden zwischen “Öffnen” und “Entsiegeln”.
@Warning Das ist völlig korrekt und ein valides Argument. Ich halte es allerdings für relativ abwegig, dass eine CD durch einen Händler in einer geöffneten, mit Tesafilm wieder verschlossenen Hülle versendet wird. Zudem – und das ist entscheidend – hat dies immer noch nichts mit Treibersoftware, sondern wieder mit der Frage der Versiegelungstechnik zu tun. Wir drehen uns also im Kreis.
@Warning:
Zu
”Der Begriff der Versiegelung ist herkömmlich zu verstehen, also in der Regel die Entfernung einer Folie, in die die Ware eingeschweißt ist” (Tonner “Handkommentar Vertriebsrecht”, § 312d Rn 32)
Und
“Ergänzt und spezifiziert wird das jetzt durch das Urteil des OLG Hamm.”
Ich weiß nicht, warum man das nicht verstehen kann was Tonner im Gegensatz zum OLG Hamm ausführt und anhand einer mangelhaften Kommentarauslegung wieder Herr Föhlisch angegriffen wird.
Tonner meinte bis zum OLG Urteil, dass die Versiegelung herkömmlich zu verstehen ist, also in der Regel die Entfernung einer Folie, in die die Ware eingeschweißt ist.
Dieser Ansicht folgt das OLG Hamm gerade nicht, es ergänzt hier auch nichts und spezifiziert schon rein überhaupt nichts. Das Urteil des OLG offenbart damit übrigens auch sehr gut den Unterschied zwischen Rechtskommentaren und Rechtssprechung. Die juristische Lehrelite, egal wie sie heißt und egal welches Spezialgebiet sie beackert, kann sich in der Theorie einig sein. Entschieden werden Rechtsstreite jedoch nicht in Kommentierungen sondern vor Gericht und da gilt nun einmal letztendlich die richterliche Unabhängigkeit und die Überzeugung des Gerichts. Diese darf von sämtlichen Kommentierungen abweichen, was sie leider auch oft tut. Das Urteil des OLG Hamm passt in eine lange Reihe von Urteilen, die offenbaren, dass sich die Richter sehr schwer mit dem “neuen” Medium Internet und dem Onlinehandel tun. Zwar betrifft mich das OLG Urteil zur Entsiegelung selbst nicht, dennoch halte ich es für ein weiteres Fehlurteil, das jedoch nun einmal bestand hat. Traurig, aber wahr.
@BAG Fairerweise muss man dazu sagen, dass in zwei weiteren Kommentaren, nämlich dem Palandt und dem Münchener Kommentar, eine andere Ansicht vertreten wird, nämlich dass “Klarsichtfolien und Klebestreifen” nicht genügen. Das ist für mich aber immer noch etwas anderes als “Cellophanhülle” und ist zudem – wie gesagt – von der Frage, wie die Information im Shop lauten muss, zu trennen. Es ist seit jeher so, dass in der Rechtswissenschaft verschiedene Meinungen vetreten werden, da Sprache (und damit Gesetze) selten eindeutig sind. Daher kann man auch völlig zu Recht über verschiedene Varianten streiten. Nur sollten die Argumente auch überzeugen und sollte es nicht das Ziel sein, dass es am Schluss nur eine einzige (die “richtige”) Meinung gibt. Es gibt durchaus die Situation, dass über Jahrzehnte zwei oder drei konträre Theorien in Rechtsprechung und Literatur vertreten werden. Das scheinen einige Mitdiskutanden allerdings nicht ertragen zu können.
d’accord 😉
Wenn für Sie “Cellophanhülle” etwas anderes ist, dann sollten Sie fairerweise auch sagen, dass die wenigsten CD´s heute tatsächlich in einer “Cellophanhülle” verpackt sind. Es ist eben kein “Cellophan” im eigentlichen Sinne, sondern PE oder ähnliche Kunststoffe, aus denen die Hülle besteht. Insofern ist Klarsichtfolie eigentlich der richtigere Begriff.
Von daher ist es auch nicht richtig und damit auch nicht fair, wenn hier “Cellophanhülle” gleichgesetzt wird mit “festverscheißte Umhüllung”.
Und nur weil der Großteil der Musik-CDs in einer Klarsichtfolie eingeschweißt sind, heißt das nicht das eine andere Verpackung abwegig ist. Es gibt viele kleine “Software-Schmieden”, die sich ein Folien-Schweissgerät nicht leisten wollen und lieber ihre Datenträger in handelsüblichen Kunststoff-Hüllen verpacken und diese dann konsequenterweise auch mit einem handelsüblichen Siegelaufkleber versiegeln müssen.
Ein Gericht und gerade ein OLG muss bei seiner Urteilsfindung schon präzise sein und kann dann auch nicht solche seltenen aber auch nicht unüblichen Fälle ausblenden und sagen “öffnen” und “entsiegeln” ist synonym anzuwenden.
Beim Spindler/Schuster heißt es: “Gemünzt ist § 312 lit. d Abs. 4 Nr. 2 auf physische Versiegelungen. Ausreichend ist, dass die Versiegelung als zusätzlicher Schutz zu erkennen ist. Auch darf im Falle des Bruchs des Siegels kein Zweifel daran bestehen können, dass die zusätzliche Sicherung überwunden wurde. Ohne Bruch des Siegels darf es nicht möglich sein, an den Datenträger zu gelangen. Ausreichend ist daher das zusätzliche Einschweißen des Datenträgers in Folie.”
Und zufällig weiß ich, dass es in der demnächst erscheinden Folgeauflage ein Präzisierung dahin gehend geben wird, dass es bei in Folie eingeschweißten Datenträgern einer zusätzlichen Kennzeichnung nicht bedarf, wenn vorvertraglich über das Erlöschen des Widerrufsrechts unterrichtet wurde. Ich kenne auch schon die Fußnote: “a.A. offenbar OLG Hamm v. 30.3.2010, Az. 4 U 212/09”
Es ist doch einem Verbraucher klar, dass CDs nicht deshalb zusätzlich in Folie verschweißt sind, weil die CDs sonst schmutzig werden. Dazu gibt es die Umverpackung – die jedenfalls nicht als “Siegel” ausreicht.
Bei der Diskussion über die Siegel-Qualität muss man wohl unterscheiden zwischen der Tauglichkeit als Siegel (oder kann das Siegel unsichtbar wieder verschlossen werden) und der Frage der Erkennbarkeit des Siegels als solches (m.E. kein gesonderter Hinweis nötig). Das geht bei oben zitierter Kommentierung 🙂 und auch hier durcheinander.
Dann kann man auch die Tesafilmfälle (als Siegel erkennbar, aber womöglich wiederverschließbar) von den Verschweißfällen (nicht wiederverschließbar, aber womöglich nicht erkennbar) unterscheiden.
Und ein Ende der Diskussion wird es so schnell nicht geben.
Wichtigere Frage: Was rät man dem Händler? Aufklebe-Sticker: “Wer das Siegel bricht, verliert sein Widerrufsrecht”? Oder soll man nach OLG Hamm die ganze Widerrufsbelehrung und auch die Folgenbelehrung noch einmal aufdrucken?
Besten Gruß
Martin Schirmbacher
@schirmbacher
Das OLG Hamm verlangt mit keiner Silbe, dass die gesamte Widerrufsbelehrung und auch die Folgenbelehrung noch einmal auf den Siegelaufkleber/Warnhinweis aufgedruckt wird. Ich lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen.
@Warning Dass die wenigsten CDs in eine Cellophanhülle eingeschweißt sind, kann ich nicht bestätigen, aber meine Erfahrung ist hier nicht repräsentativ. Das Öffnen anderer Folien als “Cellophanhülle” ist von der Ausgangsklausel nicht erfasst, sprich stellt keine Entsiegelung iSd Klausel dar. Deswegen kann es ja gerade nicht mit Klarsichtfolie gleichgesetzt werden. Das hat auch niemand gemacht – außer dem OLG Hamm. Wenn Sie es nochmal genauer nachlesen wollen, empfehle ich folgende Bücher:
http://www.beck-shop.de/Spindler-Schuster-Recht-elektronischen-Medien/productview.aspx?product=28680
http://www.beck-shop.de/Hoeren-Sieber-Handbuch-Multimedia-Recht/productview.aspx?product=1610
Die Kommentatoren des § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB kennen Sie schon aus der Diskussion hier. Ich bitte darum, diese auch in Ihren nicht veröffentlichten Kommentaren nicht weiterhin zu verunglimpfen, denn dadurch werden Ihre Ausführungen nicht besser.
@Warning
Neinnein, das hatte ich ja auch nicht behauptet, sondern extra mit “Wichtigere Frage:” eingeleitet. Dem OLG Hamm kann es egal sein, was man dem Händler rät.
Nur sehe ich schon die Urteilsbegründungen vor meinen Augen, wo es heißt, dass ein bloßer Hinweis auf den Ausschluss (eigentlich ja das Erlöschen) des Widerrufsrechts nicht ausreicht, um den Verbraucher vollumfassend zu informieren…
@all Interessant ist übrigens noch der Vergleich zu den sonstigen Ziffern in § 312d Abs. 4. Dort genügt es ja auch, abstrakt auf das Nichtbestehen des Widerrufsrechts hinzuweisen. Dogmatisch bedarf es schon einigen Begründungsaufwandes, das für Nr. 2 anders zu sehen. Irgendwie will mir auch nicht einleuchten, dass ein entsiegeln nur vorliegt, wenn man auf das Siegel “Siegel” schreibt.
Besten Gruß und schönen Abend an alle
MS
@Schirmbacher
Dann waren Ihre Äußerungen aber sehr mißverständlich…
Ansonsten weiss ich auch nicht, ob es jetzt sehr zielführend ist, die Diskussion jetzt in die letzten juristisch-dogmatischen Verästelungen weiterzuführen. Diese Diskussion möchte ich wirklich gerne den Juristen überlassen – bzw. dann mit dem nötigen Praxisbezug weiterdiskutieren, wenn so eine Frage von einem Gericht konkret beantwortet wurde. Wir sind hier in einem Blog für Shopbetreiber und da kann man ersteinmal festhalten: Urteil des OLG Hamm = kein krasses Fehlurteil, keine Katastrophe für den Versandhandel. Das Urteil dürfte keine größere Relevanz für die Praxis haben.
@Warning
Was war bitte an den Ausführungen von Herrn Schirmbacher mißverständlich? Mich beschleicht das Gefühl, auch bei der Auslegung der Kommentierung von Tonner, dass von Einzelnen einfach Dinge in Texte hineininterpretiert werden, die auch bei unvoreingenommenster (ggf. einfach nur ausführlicher) Betrachtung einfach nicht drin stehen, nur um eine (ggf. spontane und so eventuelle vorschnelle) Gegenposition vertreten zu können. In der PR nennt man so was Nebelkerzen werfen oder Nebenkriegsschauplätze aufziehen.
Lenke das Interesse auf Nebensächlichkeiten und emotionalisiere, dann verselbstständigt sich die Diskussion fern ab des eigentlichen Themas.
Ebenfalls benklich finde ich die Umdeutung des Wortes Cellophanhülle des Diskurses wegen. Eine Hülle ist eben nicht eine bloße Folie, die der Verpackung dient. Wikipedia meint hierzu: Hülle ist ein allgemeiner Begriff, der alle Gegenstände umfasst, die einen Raum bilden, indem sie eine flächige Grenze zwischen innen und außen schaffen.” Das Wort Folie hingegen wurde nach Ansicht von Wikipedia aus dem mittellateinischen folia („Metallblättchen“) entlehnt, welches auf das lateinische folium („Blatt“) zurückgeht. Eine Hülle schafft also eine Grenze zwischen innen und außen, eine Folie bedeckt durch ihr Blättchen maximal etwas. Eine Hülle umhüllt (meist sehr, sehr eng anliegend, sonst wäre es keine Hülle in der etwas eingehüllt werden kann) und stellt meines Erachtens, im Gegensatz zur Ansicht der OLG Richter, als flächige Grenze zwischen innen und außen eher eine Versiegelung dar, als nur eine Folie, in der oftmals Dinge nur zu deren Schutz eingelegt oder eingesteckt und die meist nicht einmal verschlossen oder gar verschweißt sind.
Natürlich stimme ich Warning zu, “ob es jetzt sehr zielführend ist, die Diskussion in die letzten juristisch-dogmatischen Verästelungen weiterzuführen. Diese Diskussion möchte ich wirklich gerne den Juristen überlassen.” Nehmen wir zwei, BAG und Warning, uns doch an diesen klugen Worten ein gutes Beispiel und schweigen nun und überlassen die Diskussion den Juristen. Unsere eigene Meinung können wir uns dann auch während des Silentium bilden. Ich wäre hierzu jedenfalls gerne bereit und lasse auch gern anderen den Vortritt, mit dem Schweigen zu beginnen.
@Dr. Föhlisch,
seitdem der BHG im Dezember letzten Jahres gesagt hat, dass man wahlweise einfach alle gesetzlichen Ausschlussmöglichkeiten aufzählen darf, genügt meiner Meinung nach einfach die Wiederholung des Gesetzeswortlauts in der Widerrufsbelehrung (Beispiele finde ich eher – wie man an OLG Hamm sieht – risikobehaftet). Auf einem Warnaufkleber sollte dann ein kleiner Text stehen:
“Durch Öffnen dieser als Siegel dienenden Verpackungshülle geben Sie zu erkennen, den Datenträger unter Ausschluss des Widerrufs- bzw. Rückgaberechts endgültig behalten zu wollen.”
Entsiegeln ist eben ein sog. unbestimmter Rechtsbegriff. Und die Gerichte werden uns unter Berücksichtigung der Kommentarliteratur so nach und nach sagen, was Siegel ist und was nicht. Ich erinnere mich noch an die Zeit zurück, als Plastik noch nicht so verbreitet war und die Papierumschläge, in denen sich die Datenträger-CDs befanden eine nette Siegelnachbildung als Aufklaber über den Öffnungsschlitzen hatten (ich weiß, dabeí ging es nicht um das Widerrufsrecht, sondern um die vermeintliche Wahrung des Urheberrechts, aber dies ist wahrscheinlich auch die unbewusste gesetzgeberische Erinnerung, die das Wort entsiegeln ausgerechnet beim Widerrufsrecht ins Spiel gebracht hat).
Der Cognac-Händler muss eine entkorkte Weinbrandflasche zurücknehmen, der Drogist eine geöffnete Cremedose, in der der Kunde seine Finger hatte, der Kontaktlinsenvertreiber die Kontaktlinsen, die schon auf dem Augapfel des Käufers waren – was ist eigentlich dramatisch daran, dass der Händler einen geöffneten Datenträger zurücknehmen muss? Die Schwundquote (3%???) wird in den Preis einkalkuliert, fertig.
Zur Treibersoftware: Das ist in der Tat ein etwas komplizierteres Problem. Immerhin gibt es hierzu ja Rechtsprechung, dass es sich gar nicht um einen Softwareverkauf handelt, wenn die Hauptsache Hardware ist. Folgt man dieser Meinung, dann erübrigt sich die Problematisierung. Die Rückgabemöglichkeit des Datenträgers besteht nur zusammen mit der der Hardware und der “Siegelbruch” bei der Software ist (für den Händler) unbeachtlich.
Sieht man sonstige Hardware und Softwaredatenträger als zwei verschiedene Dinge mit gesonderten Widerrufskonditionen an, dann wird man eben auch eine preisliche Trennung (zwecks Rückabwicklung) vornehmen und den Siegelaufdruck etwas umständlicher gestalten müssen, etwa so:
“Sie können den Vertrag über die gelieferte Hardware entsprechend den gesetzlichen Regelungen und entsprechend der erteilen Belehrung widerrufen. Dieses Recht haben Sie auch hinsichtlich des Datenträgers, jedoch nur solange die als Versiegelung dienende Verpackungshülle des Datenträgers noch nicht zerstört wurde. Danach erhalten Sie bei Rückabwicklung lediglich den gezahlten Teilpreis für die Hardware zurück.”
Nun ist ja Treibersoftware meistens OEM-Software und hat oft gar keinen messbaren Einzelpreis. Ich schätze daher, dass die Rücknahme erbrochener Treiberdatenträger in der Praxis gar kein Problem ist (neue Papiertüte, Siegelaufkleber und ab an den nächsten Kunden oder alternativ nicht lange drüber nachdenken und entsorgen).
@Hans Giese
vielen Dank für Ihren Beitrag und auch die Versachlichung der Diskussion. Genau wegen des erwähnten BGH-Urteils (das auch in den Schriftsätzen im Verfahren eine Rolle spielte) verstehe ich ja gerade das Treiber-Software-Argument nicht. Wie dem auch sei: Seit Bekanntwerden der eV des LG Bochum empfehlen wir im Praxishandbuch auch nur noch ausschließlich die Wiederholung der gesetzlichen Ausnahmetatbestände. Zudem bereitet – wie Sie richtig sagen – die Rückgabe von Treibersoftware überhaupt kein Problem, so dass auch deswegen das Argument des OLG Hamm neben der Sache liegt. Jedenfalls kann es nicht der Grund sein, warum die Klausel wettbewerbswidrig ist. Für den Senat war es aber eins der Hauptargumente, das schon wegen des BGH-Urteils keine Gültigkeit beanspruchen kann.
Willkommen im Krümelkackerland
Ich bin ja nur beim Nachrichtenlesen auf diesen Kram gestoßen und kann dazu nur fragen – aber sonst sind alle gesund zu Hause? Habt ihr noch andere Sorgen oder wars das schon?
Mensch get alive!
Ich schließe mich zwar nicht der kompletten Argumentation von Herrn Föhlisch an, halte sie aber zumindest für nachvollziehbar.
Was mich aber stört (insbesondere auch im vorherigen Artikel zum selben Thema) ist das Heranziehen von “Raubkopierer”-Argumenten um die Gerichtsentscheidung abzutun.
Ich halte es für ein unsachliches Vorurteil und eine Verunglimpfungen von Kunden, wenn man hier mit der “Gefahr von Raubkopien” argumentiert. Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Mal ganz abgesehen, dass ich es nicht in Ordnung finde, wenn man pauschal jeden Kunden als potzenziellen “Raubkopierer” betrachtet (ähnliche wie der Inennminister inzwischen wohl jeden Bürger als potenziellen Terroristen betrachtet…), ist doch auch die Annahme, jemand würde sich ernsthaft, die Arbeit machen, massenaft CDs oder DVDs bestellen um diese auf dem Computer einzulesen, zeitaufwändig umzuwandeln und davon Kopien zu brennen, reichlich abwegig. Zudem ist der Gebrauchtmarkt mit Medien inzwischen dermaßen übersättigt, dass man Massenhaft DVDs und CDs, welche gerademal 6 Monate alt sind, für Preise zwischen 1 und 2 Euro hintergergeschmissen bekommt. Auch von der finanziellen Seite ist also der Anreiz, viel Arbeit und Zeit in “Raubkopien” zu stecken gering, wenn man sich mit einem Überangebot von Filmen und Musiktiteln für´n Appl und ´n Ei zuschütten kann, für die man 10 Leben bräuchte um sie überhapt alle einmal zu hören und zu sehen.
Und noch ein Hinweis: Letzte Woche hatte ich bei Amazon CDs bestellt, welche ich allesamt unfoliert, unversiegelt und ohne Cellophanhülle erhalten habe. Zudem hatte ich auch noch DVD-Importe aus England über Amazon bestellt, auch diese waren unfoliert und unversiegelt. Da ich das selber nicht gewohnt war, hatte ich extra bei Amazon angefragt, ob sie mir aus versehen gebrauchte Ware zugeschickt hatten, weil diese nicht in Cellophanhülle verpackt war. Man antwortete mir, dass sie die Ware vom Hersteller aktuell immer öfter unfoliert erhalten (Import-Ware wäre sogar standardmäßig seit langem komplett ohne Cellophanhülle) und dass sie auch ganz bewußt darauf verzichen, diese selber vor dem Versand in Folie zu verpacken. Das Rückgaberecht ist davon natürlich nicht beeinträchtigt.
Wenn also “Raubkopien” angeblich so ein großes Thema wären, frage ich mich, wieso viele Hersteller und der größte Medienversender Deutschlands die Waren dann freiwillig von sich aus unfoliert an die Kunden senden? Und wenn das offensichtlich in Ländern wie England schon seit Jahren die übliche Praxis ist und dort über Jahre niemand schlechte Erfahrungen damit gemacht hat oder den Drang spürt, das zu ändern, kann es ja wohl mit der angeblichen “Raubkopierer-Gefahr” auch nicht weit her sein.
OLG-Hamm
Wie schon oft treffen auch diese OLG-Hamm-Urteile (40-EUR-Klausel und CD-Cellophanhülle) ins Schwarze.
Hallo zusammen,
ich habe mit großem Interesse Ihren Bericht über die mV und Ihre Urteilsanmerkungen gelesen. Köstlich amüsiert habe ich mich, dass das OLG Hamm im Verfügungsverfahren die Nichtzulassung der Revision erörtert hat. Wär schön, wenn sie zugelassen hätten. Man hätte dann (kostet leider) die NZB einlegen müssen, um mit der Verwerfung die Blamage des OLG Hamm zu vollenden.
Wie dem auch sei. In der Sache bin ich mir nicht sicher – hab aber jetzt auch nicht in die amtl. Begründung geschaut – ob der Gesetzeszweck des Ausschlusses des Widerrufsrechts bei Entsiegeln von Software tatsächlich der Schutz vor Raubkopien ist. Denn der Widerrufsausschluss betrifft das Verhältnis Käufer – Verkäufer. Der Verkäufer muss aber nicht (und ist es regelmäßig nicht) der Inhaber der urheberrechtlichen Verwertungsrechte sein. Ich sehe daher (aber wie gesagt, aus dem Bauch heraus, ohne Recherche) den Gesetzeszweck eher darin, dass der Verkäufer vor einem Missbrauch des Widerrufsrechts geschützt werden soll. Andernfalls bestünde die Missbrauchsgefahr, dass der Käufer die Ware “zum Schein” erwirbt und diese – nachdem er eine Kopie hergestellt und damit den wirtschaftlichen Wert aus der Ware gezogen hat – wieder zurückgibt. Es erscheint mir auch nicht unzweifelhaft, ob dieser Vorgang per se als das Herstellen einer Raubkopie zu qualifizieren ist. Denn zum Zeitpunkt der Herstellung der Kopie war der Verbraucher Eigentümer und dadurch im Rahmen des privaten Vervielfältigungsrechts auch zur Anfertigung einer Kopie berechtigt. Ob sich an dieser Berechtigung etwas ändert, nur weil der Verbraucher (unterstellt) in böser Absicht gehandelt hat, erscheint mir zumindest nicht unzweifelhaft. Ist der Gesetzeszweck aber ein Schutz der Verkäufer und das Erschweren “illegal” (wie gesagt: daran habe ich Zweifel) hergestellter Kopien bloßer Rechtsreflex, dann erscheint es mir zumindest gut vertretbar, eine weite Auslegung des TB-Merkmals “Entsiegeln” abzulehnen und im Hinblick auf den Verbraucherschutz eine enge WL-Auslegung vorzunehmen. Was den Wortlaut anbelangt, so spricht m.E. sehr viel dafür, dass ein Siegel mehr ist als eine Folie/Hülle etc. Freilich ist der WL auch einer weiteren Auslegung zugänglich. Entscheidend ist halt, was nun der Gesetzeszweck ist.
Viele Grüße
P.S.: Schade finde ich immer wieder, dass in jeder noch so kleinen “Rechtswidrigkeit”, die sich oft einfach – wie das vorliegende Forum deutlich macht – mit der Vielzahl juristischer Ansichten erklären lässt, zu einer Abmahnung führt. Dazu ist das Wettbewerbsrechts eigentlich nicht da. Gerade was die Belehrungen angeht – ich erinnere an das Problem, dass die Musterbelehrung nach der BGB-InfoVO nicht die Vorgaben des BGB gewahrt hat (ist glaub ich behoben) – dürften viele Shop-Betreiber vor einem unlösbaren Problem stehen. Beauftragt man 10 Kanzleien mit dem Entwurf einer “wasserdichten” Belehrung, werden wohl 10 verschiedene Ergebnisse herauskommen.
Seit wann gibt es zu Gesetzestexten amtliche Begründungen, die dann auch noch für die Rechtssprechung eine Relevanz haben?
@Warning:
Zu jedem Gesetz gibt es eine Gesetzesbegründung. Und jede dieser Begründungen haben Relevanz für die Rechtsprechung, da diese Begründungen bei der Auslegung der Gesetze helfen.
Das ist aber die ganz große Ausnahme. Gesetzesbegründungen fließen nur sehr, sehr selten in Urteilsbegründungen ein.
@ warning
Ne, die Gesetzgebungsmaterialien, insbesondere die amtliche Begründung, ist für die Gesetzesauslegung von großer Relevanz. Ein Rekurs auf den Willen des Gesetzgebers ist keine große Ausnahme, sondern ist in der Rechtsprechung und in der Wissenschaft eine der anerkannten Auslegungsmethoden. Man wird z.B. den vorliegenden Fall, bei dem sich eine Wortlautproblematik stellt, nicht ohne die amtliche Begründung lege artis lösen können. Freilich bedeuten nicht unmittelbar aus dem Gesetz oder den gängigen Handkommentaren ersichtliche Erkenntnisquellen einen erhöhten Arbeitsaufwand, weshalb man nicht bei jeder AG oder LG-Entscheidung einen solchen wissenschaftlichen Tiefgang erwarten darf. Bei dem vorliegenden Fall – bei dem zweifelsohne eine grundsätzliche Bedeutung im Raum steht (das OLG Hamm hat ja sogar die Nichtzulassung der Revision erörter *g*) muss zur Konkretisierung des Gesetzeswortlauts eben auch in den Gesetzesbegründung geschaut werden. In den höheren Instanzen gehört der Rekurs auf die Gesetesmaterialien daher zum täglich Brot.
Hab jetzt doch mal in die amtl. Begründung geschaut. Und meine erste Vermutung war wohl richtig. Der Gesetzgeber stellt ausschließlich darauf ab, dass in den geregelten Fällen ein Widerrufsrecht für den Unternehmer nicht zumutbar sei. Der Aspekt “Raubkopien” wird dort nicht behandelt. Geht es demnach ausschließlich darum, den Unternehmer vor missbräuchlicher Ausübung des WR-Rechts zu schützen, bzw. ihm keine unzumutbare Rücknahmepflicht aufzulegen, so kann er sich dieses Schutzes dadurch begeben, dass er verkaufte Software nicht versiegelt. Dann spricht aber auch nichts gegen die Auffassung des OLG Hamm; davon, dass sie den Rahmen des juristisch Vertretbaren überschreiten würde, kann jedenfalls überhaupt keine Rede sein. M.E. streitet der Wortlaut und der Gesetzeszweck für die Ansicht des OLG Hamm. Die Argumenationslast in einem solchen Fall liegt dann bei dem, der eine an einem (vermeintlichen) Schutzzweck orientierte extensive WL-Auslegung vornehmen will.