Und wieder hat sich jemand ein neues Geschäftsmodell zum Thema Abmahnungen ausgedacht: Ein Blumenhändler aus Bingen am Rhein verschickt Schreiben mit dem Hinweis, der Online-Shop des Empfängers würde gegen die Vorgaben der PAngV verstoßen. Worin der Verstoß genau bestehen soll, erfährt man dann für 68,50 Euro in einem zweiten Schreiben.
Lesen Sie mehr über dieses dubiose Vorgehen.
Innerhalb von drei Tagen informierten uns bereits mehrere Händler über einen Brief. Der Inhalt war immer der gleiche:
“Sehr geehrter Herr XXX,
die Firma … wurde als Dienstleistungsunternehmen gegründet, um Unternehmen vor kostspieligen Abmahnungen zu warnen.
Für viele Unternehmer stellt eine Abmahnung einen großen finanziellen Schaden dar, da die Anwaltsgebühren für eine Abmahnung sich schnell auf über 1.500 Euro belaufen können! Doch das Alleine ist nicht Alles. Häufig werden äußerst kurze zeitliche Fristen gesetzt, in denen sie reagieren müssen, Unterlassungserkläungen sind abzugeben, Vertragsstrafen anzuerkennen und und und.. Ansonsten drohen kostspielige Gerichtsverfahren!
Wir haben für Ihren Onlineshop: XXX auch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht im Zusammenhang mit der Preisangabenverordnung (PAngV) entdeckt.
Gerne informieren wir Sie bei Bedarf in einem weiteren Schreiben über die genaue Rechtsverletzung, die wir bei Ihnen gefunden haben. Sie erhalten dazu sowohl einen bildlichen Ausdruck Ihres Verstoßes, als auch eine Empfehlung, wie Sie diesen beseitigen können. So haben Sie die Möglichkeit, den Verstoß ohne Abmahnung und Unterlassungserklärung zu beheben. Wie berechnen Ihnen für diese Beratung lediglich eine einmalige Kostenpauschale in Höhe von 68,50 Euro*, welche Sie erst nach Erhalt der Informationen zahlen müssen. Bei Interesse senden Sie bitte dieses Schreiben an obige Adresse per Post, Fax oder E-Mail zurück.
Mit vorzüglicher Hochachtung
P. W.R. P.”
In der Fußzeile steht dann noch: “… ist ein Dienstleistungsunternehmen, wir geben keine verbindliche Rechtsberatung.”
Es wäre schön, wenn sich dieses Dienstleistungsunternehmen, dessen Inhaber übrigens Händler mit exotischen Pflanzen ist, auch daran halten würde, keine Rechtsberatung zu leisten, denn diese ist Rechtsanwälten vorbehalten.
Der Hinweis des Blumenhändlers, für den die Empfänger 68,50 Euro zahlen sollen, kann also keineswegs vor Abmahnungen schützen. Eine Haftung für die Richtigkeit seiner Informationen kann er selbstverständlich nicht übernehmen.
Fazit
Viele Händler sind verunsichert, weil sie nicht wissen, ob evtl. wirklich ein Verstoß vorliegt. Außerdem meinen einige, dass 68,60 Euro ja wesentlich weniger sind als die Kosten einer Abmahnung. Mit letzterem haben diese Händler zwar Recht, aber die 68,50 Euro sind keine Garantie dafür, dass nicht danach noch eine Abmahnung folgen kann. Das Schreiben zeigt ganz deutlich, dass hier jemand Geld mit der Angst der Shopbetreiber vor Abmahnungen verdienen will.
Die Homepage des “Abmahnwarn-Dienstleisters” ist zwischenzeitlich nicht mehr zu erreichen.
Danke, man kann froh sein, über solche Machenschaften informiert zu werden. Vielen Dank!
Sag, ich doch 😉 Der Blog ist gut 😉
Vielen Dank, das hören wir gern 🙂 Es könnte übrigens sein, dass wir nicht ganz unschuldig daran sind, dass die Website nicht mehr zu erreichen ist 😉
Naja immerhin ein Geschäftsmodell, ich sehe das gar nicht mal so negativ. Das sind halt dann die Auswüchse der deutschen Rechtslandschaft und der Entscheidungen deutscher Gerichte. Mit dem gleichen Geschäftsmodell sind ja leider etliche Anwälte unterwegs und hier wird es dann richtig teuer, wie wir alle wissen. Provokant gefragt: Warum sollen eigentlich nur Anwälte davon profitieren?
@Dirk Ganz einfach: Weil Anwälte ihren Job gelernt haben und dafür haften, wenn Sie falsch beraten werden. Wenn Sie einem Blumenhändler 68,50 € dafür schenken wollen, dass er Ihnen im Glücksfall irgendwelches Halbwissen erzählt und Sie dann trotzdem (oder erst Recht) abgemahnt werden, können Sie sich auch von einem KfZ-Mechniker einen Bandscheibenvorfall operieren lassen. Ist bestimmt günstiger, aber ob es hilft?
Vielleicht ist es aber auch so, dass die Advokaten auch Ihre Überlebensstrategie haben müßen. Rein statistisch kommen aufgrund der Anwaltsschwemme in der BRD auf jeden Anwalt nur ca. 500-600 Mandaten in Bezug auf die Einwohnerzahl in unserem Land. Eingerechnet sind hier auch Säuglinge und Kleinkinder. Es gibt wie in allen Bereichen nicht nur “Gute” – auch bei den Anwälten gibt es schwarze Schafe (die im übrigen auch Studiert haben – und meine Lebenserfahrung sagt: ein Studium sagt nicht unbedingt etwas über menschliche und/oder fachliche Qualitäten aus) die sich im Laola-Prinzip den Abmahnwellen anschließen oder gar erst möglich machen.
Wir hatten jetzt auch ein “Angebot” von einer Kanzlei in Dortmund: nach dem Motto 123-Abmahnfrei oder 123-AGB…
Ja, Sie haben vollkommen Recht, dass es auch unter Anwälten die Schwarzen Schafe gibt. Wir erhalten regelmäßig wettbewerbsrechtliche Abmahnungen von Anwälten, die im Familienrecht Experten sind, vom Wettbewerbsrecht aber keine Ahnung haben. Das ändert aber nichts daran, dass ein Blumenhändler Ihnen keine Rechtsberatung geben darf. Und natürlich gibt es Anwälte, die sich nur aufgrund ihres Studiums so nennen können, aber keine Ahnung von dem haben, was sie da eigentlich tun. Aber genau dafür hat jeder Rechtsanwalt eine Berufshaftpflicht. Und wenn er Sie falsch berät und Sie deswegen abgemahnt werden, können Sie Ihren Anwalt in Regress nehmen. Ihren Blumenhändler jedoch nicht.