Abmahnungen sind an keine Formvorschriften gebunden. In der Regel werden sie jedoch per Fax oder Post übermittelt, um den Zugang nachweisen zu können. Sie können aber auch via E-Mail verschickt werden. Bleibt diese E-Mail in der Firewall des Empfängers hängen, geht dies zu Lasten des Abgemahnten, entschied kürzlich das LG Hamburg.
Vor dem LG Hamburg (Urteil v. 07.07.2009, AZ: 312 O 142/09) ging es um die Frage der Kostenerstattung wegen einer einstweiligen Verfügung.
Die Betreiberin eines Internetbranchenverzeichnis wurde abgemahnt, weil in diesem Verzeichnis bei einem Rechtsanwalt die Bezeichnung "Fachanwalt für Markenrecht" eingetragen war. Der abmahnende Anwalt verschickte die Abmahnung per E-Mail. In BCC-Adressierung stand sein Kanzleikollege. Bei der Abgemahnten kam die E-Mail aber nicht an, da sie von einer installierten Firewall aufgehalten wurde.
Da die Abgemahnte somit keine Kenntnis von der Abmahnung hatte, gab sie auch die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab. Aus diesem Grund beantragte der Abmahner eine einstweilige Verfügung. Die Verfügung erkannte die Abgemahnte an, legte aber Widerspruch gegen die Kostenentscheidung ein. Sie war der Meinung, dass der Antragssteller die Kosten zu tragen habe, da er vor Antragsstellung nicht abgemahnt hätte.
Der Antragssteller dagegen meint, dass es nicht ihm anzulasten sei, dass die Antragsgegnerin eine Firewall installiert habe, die E-Mails aufhalte.
Zunächst schloss sich das Gericht der herrschenden Meinung an, dass die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang der Abmahnung beim Abgemahnten liegt.
"Nach zutreffender Ansicht trägt das Risiko, dass die Abmahnung auf dem Postweg verloren geht, der Abgemahnte, da es sich bei der Abmahnung letztlich um eine Wohltat für den Schuldner handelt, der auf diese Weise Gelegenheit erhält, die Angelegenheit kostengünstig beizulegen."
Nichts anderes gelte auch dann, wenn mittele E-Mail abgemahnt wird und diese von einer Firewall aufgehalten werde. In dem Fall galt die E-Mail nach Ansicht der Kammer als zugegangen.
"Denn von einem Zugang ist auszugehen, wenn eine Willenserklärung und dementsprechend eine geschäftliche Handlung so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Abmahnungen, die per E-Mail übermittelt werden, sind zugegangen, wenn sie an eine vom Empfänger im geschäftlichen Verkehr verwendete E-Mail-Adresse geschickt wurden und in der entsprechenden Mailbox des Empfängers angekommen sind. Wenn die E-Mail in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, ist der Zugang für den Zeitpunkt anzunehmen, zu dem mit einer Kenntnisnahme überlichweise gerechnet werden kann."
Da der abmahnende Rechtsanwalt seinen Kollegen als BCC-Empfänger eingesetzt hatte, konnte nachgewiesen werden, dass die Abmahnung abgeschickt worden ist. Außerdem kam die E-Mail auch im Postfach des Rechtsanwaltskollegen an. Da außerdem keine Fehlermeldung zurückkam, konnte der Anwalt damit rechnen, dass auch die Übermittlung in das Postfach der Antragsgegnerin stattfand.
Da die Firewall vom Empfänger installiert worden ist, gehört sie auch in seinen Machtbereich.
Vorliegend hat es, wie die Antragsgegnerin vorgetragen hat, einen Zustellversuch gegeben, die Mail wurde aber von der Firewall aufgehalten, so dass kein Sachbearbeiter sie gesehen hat. Die E-Mail ist auch unstreitig nicht an den Antragssteller zurückgesandt worden. Demnach war die E-Mail in der Firewall im Machtberecht der Antragsgegnerin angekommen und gilt als zugegangen, weil unter normalen Umständen damit gerechnet werden konnte, dass die E-Mail zur Kenntnis genommen würde."
Die Antragsgegnerin musste daher die Kosten des Verfahrens tragen.
Abmahnungen per E-Mail sind nicht erst seit diesem Urteil "möglich" oder "zulässig", wie es an einigen Stellen heißt. Das Gesetz legt gar keine Formanforderungen an eine Abmahnung. In der Regel werden Abmahnungen per Fax oder Einschreiben verschickt. Das hat aber lediglich mit der Beweisbarkeit des Zugangs zu tun. Abmahnungen sind genauso per Telefon oder mündlich möglich und entfalten auch dann ihre rechtliche Wirksamkeit. Auch wer per Telefon abgemahnt wird, sollte dies ernst nehmen.
Wer sicher gehen will, dass er sämtliche E-Mails, die er erhält, zur Kenntnis nimmt, muss regelmäßig seinen Spam-Ordner und auch den Zwischenspeicher der Firewall kontrollieren. (mr)