Verbraucherschutz ganz anders: Neues zur 40-Euro-Klausel

40-Euro-KlauselIm März letzten Jahres berichteten wir über eine Entscheidung des LG Dortmund, nach der es nicht ausreicht, die sog. 40-Euro-Klausel lediglich zum Bestandteil der Widerrufsbelehrung zu machen. Vielmehr müsse diese die Kostenvereinbarung als extra Klausel zusätzlich in den AGB auftauchen. Das Landgericht Frankfurt hat nun das genaue Gegenteil entschieden.

Lesen Sie hier einen Gastbeitrag von RA Dr. Felix Buchmann zu diesem Urteil.

Vor einiger Zeit wurden zwei Entscheidungen bekannt, wonach die sogenannte 40-Euro-Klausel, die dem Verbraucher die Rücksendekosten auferlegt, sofern der Preis der zurückzusendenden Ware einen Betrag von 40 Euro nicht überschreitet, nicht wirksam vereinbart sein soll, wenn sich diese Klausel lediglich in der Widerrufsbelehrung befindet, selbst wenn diese hervorgehoben in den AGB abgedruckt ist. Begründet wurde dies damit, dass unter der Überschrift „Widerrufsbelehrung“ der Verbraucher nicht eine Regelung über die Kostentragung bei Rücksendung der Ware erwarte.

Neue Entscheidung des LG Frankfurt a.M.

Das LG Frankfurt a. M. (Urteil v. 04.12.2009, Az: 3-12 O 123/09) hat nunmehr in einer neueren Entscheidung diametral entgegengesetzt entschieden. Zwar müssten gemäß § 357 Abs. 2 S. 3 BGB die regelmäßigen Kosten der Rücksendung dem Verbraucher vertraglich auferlegt werden:

„Der Unternehmer hat gegenüber dem Verbraucher deutlich zu machen, dass er bei Vorliegen dieser Voraussetzungen von der gesetzlich vorgesehenen Kostenverlagerungsregel Gebrauch macht. Dies kann durch ausdrückliche Vereinbarung geschehen, durch eine AGB oder konkludent.“

Das Gericht folgert aber weiter, dass die Aufnahme der 40-Euro-Klausel in die Widerrufsbelehrung die Absicht erkennbar mache, dass diese Vertragsbestandteil werde:

„[…] so wird [dies] auch vom Verbraucher, der die juristischen Feinheiten zwischen vorgelagerter vertraglicher Vereinbarung und darauf aufbauender Widerrufsbelehrung nicht auseinander hält, verstanden“.

Auf diese Weise erkannte das Gericht in der Widerrufsbelehrung eine vertragliche Vereinbarung, unabhängig davon, ob die 40-Euro-Klausel nur in die Widerrufsbelehrung verpackt sei. Zumindest aber sei dieses Verhalten nicht geeignet, die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern spürbar im Sinne von § 3 Abs. 1 BGB zu beeinträchtigen.

In diesem Zug erklärte das Gericht zudem:

„Eine Verpflichtung zur Verwendung von AGB im Fernabsatz ist nicht erkennbar.“

Bewertung der Entscheidung

Die Worte des LG Frankfurt a. M. sind höchst gefährlich. Das deutsche Recht unterscheidet zwischen gesetzlich vorgeschriebenen (einseitigen) Informationspflichten (dazu gehören z.B. Impressum, Widerrufsbelehrung etc.) und (zweiseitigen) Vereinbarungen (z.B. Kaufvertrag; Versandmodalitäten etc.).

Das LG Frankfurt hebt diese Trennung mit dem Verweis auf den Willen des Unternehmers und das Verständnis des Verbrauchers bei der 40-Euro-Klausel auf. Dies kann nicht kritiklos hingenommen werden. Eine Widerrufsbelehrung ist keine Widerrufsvereinbarung, sondern dient lediglich der Erfüllung der gesetzlichen Belehrungserfordernisse. Ein weitergehender Wunsch des Unternehmers, Teile der Widerrufsbelehrung auch als Vereinbarung mit dem Verbraucher darzustellen, lässt sich aus der Sicht eines verständigen Verbrauchers wohl eher nicht erkennen.

Die Argumentation des LG Frankfurt a. M. stellt vielmehr die gesamte Argumentation zum Verbraucherschutzrecht auf den Kopf. Hinter den – völlig überzogenen – Verbraucherschutzvorschriften steht der – verfehlte – Gedanke des Gesetzgebers, dass der Verbraucher nichts versteht, wenn man ihm nicht alles haarklein und unzweideutig serviert. Dies dreht das LG Frankfurt nun mit der Argumentation um, der Verbraucher könne zwischen Vertrag und einseitiger Erklärung nicht unterscheiden, daher liege nach seinem Verständnis eine Vereinbarung vor. Legt man das Verbraucherleitbild des Gesetzgebers zugrunde, so müsste dieser Umstand zu Lasten des Unternehmers gehen.

Folgen für die Praxis

In der Praxis sollte daher diesem Urteil nicht allzu große Bedeutung beigemessen werden. Aber auch die Urteile der Landgerichte Bochum und Dortmund sind in der Sache zweifelhaft. Wird die Widerrufsbelehrung in AGB erneut abgedruckt, so kommt spätestens dann der eindeutige Wille des Unternehmers zum Ausdruck, dass der vollständige Inhalt der Widerrufsbelehrung Vertragsbestandteil werden soll, einschließlich der 40-Euro-Klausel. Denn für die gesetzlich vorgeschriebene Belehrung ist die Einbindung der Widerrufsbelehrung in die AGB nicht erforderlich. Dass ein Verbraucher in Vertragsbedingungen aber auch einseitige Pflichterklärung vermutet, liegt nicht gerade auf der Hand.

Wer sicher gehen möchte, sollte in den AGB den Passus mit den Rücksendekosten aus der Widerrufsbelehrung unter einer klarstellenden Überschrift erneut abdrucken. Zutreffend wurde bereits auf das Fehlen des Wortes „regelmäßig“ bei den Kosten der Rücksendung in der Widerrufsbelehrung hingewiesen (hier noch einmal nachlesen). Obgleich Zweifel bestehen, ob das Weglassen dieser Ergänzung in einer zusätzlichen AGB-Klausel die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, sollte sicherheitshalber der Zusatz verwendet werden, da vertraglich laut der gesetzlichen Regelung eben nur die „regelmäßigen“ Kosten auferlegt werden dürfen.

Fazit

Das System des deutschen Wettbewerbsrechts in Verbindung mit den überwiegend völlig verunglückten Regelungen des Fernabsatzrechts erfordert bei den Informationspflichten und bei den vertraglichen Vereinbarungen mit Verbrauchern höchste Präzision. Es wird häufig vergessen, dass das Fernabsatzrecht nur wenige Jahre jung ist. Onlinehandel gibt es – aus rechtlicher Sicht vergleichsweise – noch nicht lange. Daher ist vieles im Flusse und muss sich erst noch finden. Aber es wird dringend Zeit, dass zumindest die gesetzlichen Regelungen nicht nur noch zum Kopfschütteln führen – bei Unternehmern, Verbrauchern und Rechtsberatern gleichermaßen.

Über den Autor

Dr. Felix Buchmann, Fachanwalt für Informationstechnologierecht

Dr. Felix Buchmann ist Partner der Kanzlei SGT Rechtsanwälte in Stuttgart. Er ist Lehrbeauftragter der Hochschule Heilbronn für Medienrecht und der Hochschule Pforzheim für IT-Recht/E-Commerce und beschäftigt sich vertieft mit den Themen E-Commerce und Wettbewerb. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen dazu und ständiger Mitarbeiter der Fachzeitschrift „Kommunikation & Recht“. In der Kanzlei SGT Rechtsanwälte mit Büros in Stuttgart und Frankfurt leitet er das Referat Handel/E-Commerce, Wettbewerb und Neue Medien.

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21.01.10
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