Der Verkäufer schuldet bei einem Kaufvertrag die Lieferung einer mangelfreien Sache. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, hat der Verbraucher zwei Jahre lang das Recht, vom Verkäufer Nacherfüllung zu verlangen. Oft wird dieses Recht unzulässig eingeschränkt. Aber auch die Ausführung der Nacherfüllung macht oft Probleme, wie auch ein Autohändler erfuhr.
Lesen Sie hier mehr über die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers.
Das Gewährleistungsrecht des Käufers hat zwei Ausprägungen: Nachbesserung (also Reparatur) oder Neulieferung. Ist der Käufer Verbraucher liegt das Wahlrecht nach der Art der Gewährleistung beim Käufer. D.h. der Verbraucher kann wählen, ob er den Kaufgegenstand repariert oder eine Neulieferung haben will. Oft genug wird bereits dieses - im Gesetz festgeschriebene Wahlrecht - unzulässig eingeschränkt oder auf den Händler übertragen.
Verlangt der Verbraucher Reparatur des Kaufgegenstands stellt sich die Frage, an welchem Ort die Nacherfüllung geschuldet wird.
Mit dieser Frage hatte sich das OLG Celle (Urteil v. 10.12.2009, Az: 11 U 32/09) zu beschäftigen. In dem Fall klagte eine Verbraucherin auf Rückzahlung des Kaufpreises, da diese vom Vertrag zurückgetreten war. Es war jedoch strittig, ob die Käuferin überhaupt vom Vertrag zurücktreten konnte. Insbesondere stritten die Parteien darüber, ob die Käuferin den mangelhaften PKW zwecks Nachbesserung zum Händler hätte bringen müssen oder ob sie die Nacherfüllung an ihrem Wohnort verlangen durfte.
Im Januar 2008 kaufte die Klägerin bei dem Beklagten einen gebrauchten PKW für 9.800 Euro. Im Kaufvertrag wurde festgeschrieben, dass der Zahnriemen des Fahrzeuges im Rahmen einer Übergabeinspektion zu erneuern ist. Eine Woche später wurde das Fahrzeug an die Klägerin übergeben, der Händler hatte den Zahnriemen jedoch nicht gewechselt. Auf dem Übergabeschein stand, dass der Zahnriemen "ohne sichtbare Schäden" sei.
Direkt nach der Übergabe zeigten sich die ersten Mängel am Fahrzeug. In welchem Umfang die Klägerin die Mängel anzeigte, war im Verfahren zwar strittig, jedenfalls teilte sie dem Händler jedoch mit, dass die Airbag-Kontollleuchte brannte. Der beklagte Händler verwies die Klägerin auf eine Werkstatt, da der Händler selbst gar nicht die Möglichkeit hatte, Reparaturen vorzunehmen.
Nachdem der Wagen zweimal wegen der defekten Airbag-Kontrolle in der Werkstatt war, rügte die Verbraucherin am 02. Juni 2008 den nicht ersetzten Zahnriemen. Auch die Airbag-Kontrolle war weiterhin defekt. Dem Beklagten wurde zur Beseitigung aller Mängel eine Frist bis 17. Juni 2008 gesetzt. Nach einer Durchsicht des Fahrzeugs ergaben sich erhebliche weitere Mängel, u.a. am Sicherheitsgurt und der Klimaanlage. Am 26. Juni meldete die Klägerin das Fahrzeug daher ab und forderte vom Händler die Abholung des Fahrzeuges zwecks Nacherfüllung. Dies lehnte der Beklagte ab.
Daraufhin trat die Klägerin vom Kaufvertrag zurück. Mit ihrer Klage verlangt sie Rückzahlung des Kaufpreises von 9.800 Euro sowie Ersatz
Insgesamt also 10.401.,60 Euro. Nach Anrechnung der gefahrenen Kilometer klagte die Käuferin noch auf Zahlung von 9.872,20 Euro.
Der nicht ausgewechselte Zahnriemen stellte bereits einen Mangel dar. Ein Mangel liegt immer dann vor, wenn der übergebene Gegenstand vom geschuldeten abweicht. Vertraglich festgehalten war die Erneuerung des Zahnriemens. Dieser Verpflichtung war der Händler jedoch nicht nachgekommen. Folglich lag ein Mangel vor. Die Pflicht zur Nacherfüllung würde nur dann nicht bestehen, wenn die Klägerin den Mangel bei Vertragsschluss kannte. Dies war vorliegend jedoch gar nicht möglich, da der Mangel erst bei Übergabe des Fahrzeugs festgestellt werden konnte.
Da der defekte Zahnriemen jedoch nicht der einzige Mangel war, kommt es auf die Beurteilung im Ergebnis allerdings nicht an. Als weiterer Mangel wurde der defekte Airbag angezeigt.
Die Klägerin setzte dem Beklagten eine Frist zur Beseitigung der Mängel, welche er verstreichen ließ, sodass die Klägerin vom Vertrag zurücktreten konnte. Der Beklagte wandte dagegen ein, dass die Klägerin das Fahrzeug hätte zu ihm bringen müssen, da Erfüllungsort des Nachbesserungsanspruches der Betriebssitz des Verkäufers sei.
Das Gericht setzte sich ausführlich mit dem Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur zu der Frage auseinander, ob den Verbraucher eine entsprechende Pflicht treffe.
Die Auffassung des Beklagten findet seine Unterstützung lediglich in einer Entscheidung des 20. Zivilsenats des OLG München. Der weit überwiegende Teil von Literatur und Rechtsprechung widerspricht dieser Auffassung, so auch das OLG Celle:
"Ist bei dem Kauf eines Fahrzeugs für private Zwecke für die Durchführung de Nacherfüllung ein Ort im Vertrag nicht bestimmt und war beiden Seiten bei Vertragsschluss klar, dass das Fahrzeug bestimmungsgemäß beim Käufer sein wird, ist Erfüllungsort der Nacherfüllung der Wohnsitz des Käufers."
Das Gericht wollte eigentlich die Revision gegen das Urteil zum BGH zulassen. Allerdings hatte der Bundesgerichtshof im Laufe dieses Verfahrens die Frage geklärt und sich ausdrücklich der Auffassung angeschlossen, dass der Erfüllungsort des Nacherfüllungsanspruches der Wohnsitz des Käufers ist. Da durch diese BGH-Entscheidung die Sache keine grundsätzliche Bedeutung mehr hat, ließ das OLG Celle die Revision nicht zu.
Im Übrigen - so das Gericht - sei es nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte die Klägerin aufgefordert hat, den Wagen bei ihm vorzuführen, da er gar keine eigene Werkstatt besaß.
"Die Klägerin kann aufgrund der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs auch Schadenersatz nach § 437 Nr. 3 BGB verlangen."
Die Frage, ob der Verbraucher den Kaufgegenstand zum Händler bringen muss oder nicht, hat nur eine relativ geringe praktische Relevanz. Die Transportkosten muss gemäß § 439 Abs. 2 BGB immer der Verkäufer tragen. Werden die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers unzulässig eingeschränkt, ist dies wettbewerbswidrig und provoziert Abmahnungen. (mr)