Viele Händler verlangen Aufschläge auf die verschiedenen Zahlungsarten. Eine Kreditkartengebühr ist durchaus üblich und auch Nachnahmegebühren kommen oft vor. Aber ist der Händler eigentlich verpflichtet, dem Kunden zumindest eine kostenlose Zahlungsart zur Verfügung zu stellen? Diese Frage beantwortete das KG Berlin im April 2009.
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Update: BGH bestätigt Auffassung des Kammergerichts
Ein Flugunternehmen verlangte bei dem Kauf eines Tickets je nach Zahlart eine Kreditkartengebühr von 4,00 € bzw. eine Zahlkartengebühr von 1,50 € pro Fluggast und einfachen Flug. Kostenfrei war lediglich die Zahlung mit der „Visa Electron-Karte“, die jedoch nur gegen eine Jahresgebühr von 40 bis 100 € erhältlich ist. Hiergegen klagte der vzbv.
Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 30.04.2009, Az. 23 U 243/08) entschied, dass es sich bei den verlangten Gebühren nicht um sog. Preishauptabreden handele. Diese unterlägen nämlich keiner Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 BGB, da die Vertragsparteien aufgrund des im deutschen Recht geltenden Grundsatzes der Privatautonomie Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei bestimmten können. Aus diesem Grund:
„unterliegen AGB-Klauseln, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln, nicht der Inhaltskontrolle. Kontrollfähig sind dagegen (Preis-)Nebenabreden, das heißt Abreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann.“
Klauseln, die das Entgelt für eine zusätzlich angebotene Sonderleistung regeln, zählen nach dem KG ebenso nicht zu dem kontrollfähigen Nebenabreden wie Bestimmungen über den Preis der Hauptleistung.
„Dagegen stellen Entgeltregelungen, die nicht eine auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbrachte Sonderleistung zum Gegenstand haben, sondern Anwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders auf den Kunden abwälzen, eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar und fallen in den Anwendungsbereich der [...] §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB [...].“
Das Kammergericht kritisierte, dass jede gewählte Zahlungsart eine zusätzliche Gebühr auslöste. Die einzige Ausnahme, die „Visa Electron-Karte“, war ihrerseits wieder kostenpflichtig (40 bis 100 € Jahresgebühr). Eine echte Gegenleistung für die Gebühren sei dagegen nicht zu sehen.
„Der von der Beklagten angeführte Vorteil, wonach es für den Kunden bequemer sei, das Flugticket im Fernabsatz zu erwerben als gegebenenfalls weite Entfernungen zu einem Flughafen zurückzulegen, um das Ticket dort vor Ort zu kaufen, trägt nicht. Denn mit der Online-Vertriebsform nimmt die Beklagte gleichermaßen eigene Interessen wahr; nur so funktioniert der Markt der "low cost carrier".“
Das Landgericht Berlin hatte zuvor die Gebühren jedenfalls dann für zulässig gehalten, wenn Barzahlung als Zahlungsmittel angeboten wird und deshalb eine Sonderleistung des Flugunternehmens vorläge. Dieser Auffassung erteilte das KG in der Berufung also eine Absage.
Das KG verwies auf die Rechtsprechung des BGH, nach welcher jeder seinen Vertragsverpflichtungen nachkommen können muss, ohne das der Vertragspartner dafür ein gesondertes Entgelt verlangen kann.
„Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zu den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch auf Ersatz anfallender Kosten besteht nur dann, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist. Ist das nicht der Fall, können entstandene Kosten nicht auf Dritte abgewälzt werden, indem gesetzlich auferlegte Pflichten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu individuellen Dienstleistungen gegenüber Vertragspartnern erklärt werden.“
Somit verstoße jede Entgeltregelung gegen AGB-Recht, mit welcher der AGB-Verwender versucht, Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten auf den Vertragspartner abzuwälzen.
Zugunsten des Flugunternehmens entschied das KG allerdings bei einer weiteren Klausel. Ryanair hatte die Möglichkeit der Barzahlung ausgeschlossen. Hier sah das Gericht die offensichtlichen Vorteile des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.
„Es ist deshalb davon auszugehen, dass die von der Beklagten verwendete Bargeldzahlungsausschlussklausel geeignet ist, einen erheblichen und wirtschaftlich sinnvollen Rationalisierungserfolg zu erzielen.“
Aufgrund des hart umkämpften Marktes fallen Fluggesellschaften immer wieder durch eine undurchsichtige Preisgestaltung auf. Erst im September 2009 urteilte der BGH (Urteil vom 17.09.2009, Az: Xa ZR 40/08), dass Germanwings keine 50 € Rücklastschrift verlangen darf. 2005 urteilte das LG Berlin (Urteil vom 03.08.2005, Az. 97 O 62/04), dass Flugpreise eines Anbieters, der keine (echte) Alternative zu einer kostenpflichtigen Bezahlung per Kreditkarte anbietet, die zusätzlichen Kosten, die bei Zahlung mit Kreditkarte erhoben werden, stets beinhalten müssen. Auch einer niederländischen Fluggesellschaft war vom LG Frankfurt a.M. (Urteil vom 31.07.2007, Az. 3-08 O 82/07) untersagt worden, mit einem Preis zu werben, der eine bei der Buchung zwingend anfallende Service-Gebühr nicht beinhaltet.
In einem Urteil gegen einen Reisevermittler erklärte das LG München (Urteil vom 15.01.2009, Az. 12 O 13709/08) eine Reihe von Klauseln für unwirksam. Dazu zählte unter anderem das Angebot des Reiseportalbetreibers, die geltenden AGB des Reiseveranstalters dem Kunden auf Wunsch zuzusenden. Darüber hinaus entschied des LG, dass der Vertragspartner eindeutig zu erkennen sein muss.
„Ist beim Abschluss eines Reisevertrages im Internet der Vertragspartner nicht eindeutig erkennbar, so ist dies der nach außen hin als verantwortlicher Reiseportalbetreiber Auftretende. Er ist auch Verwender der auf dieser Seite abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn er lediglich als Reisevermittler auftreten will und dies nicht deutlich zutage tritt.“
Mit Urteil vom 20.05.2010 (Xa ZR 68/09) bestätigte der Bundesgerichtshof nun die Entscheidung des Kammergerichts und wies die Revision der beklagten Fluggesellschaft zurück. Die BGH-Richter entschieden aber auch, dass es zulässig sei, die Barzahlung von Flugtickets auszuschließen.
Das Urteil liegt noch nicht im Volltext vor. Die Pressemitteilung des BGH können Sie hier im Volltext lesen.