Affiliate–Marketing als rechtliches Risiko?

bghWerbung ist für den E-Commerce-Anbieter das „A und O“ des geschäftlichen Erfolges und der Steigerung des Bekanntheitsgrades. Die Nutzung von Affiliate-Marketing-Systemen (sog. Partnerprogrammen) zur Bewerbung von Dienstleistungen und Waren ist für viele E-Commerce-Anbieter daher ein gewolltes, aber auch notwendiges Werbemittel. Gleichzeitig wird aber auch eine beliebte Angriffsmöglichkeit für Mitbewerber und Rechteinhaber eröffnet, die etwaige Rechtsverletzungen verfolgen. Die rechtlichen Risiken des Affiliate-Marketing werden oft nicht oder zuwenig beachtet.

Lesen Sie mehr zu den rechtlichen Risiken beim Affiliate.

Gestaltungsmöglichkeiten beim Affiliate-Marketing

Der E-Commerce-Anbieter hat grundsätzliche zwei Möglichkeiten, um ein Affiliate-System zur Bewerbung seines Angebotes zu nutzen. Es besteht die Gelegenheit, einen Anbieter von Affiliate-Marketingprogrammen zu beauftragen. Dieser schließt sodann einen Vertrag mit dem Merchant (E-Commerce-Anbieter) einerseits und mit dem Affiliate (werbender Internetseitenbetreiber) anderseits ab.

Eigenes Affiliate-Programm

Zusätzlich besteht auch die Möglichkeit ein eigenes Affiliate-Programm anzubieten. Dabei sind neben den technischen und administrativen Voraussetzungen auch vertragliche Regelungen zu schaffen, die neben den Rechten des Affiliates (z.B. Vergütungsansprüche)auch Pflichten festlegt. Auch die Überwachung und Verwaltung ist für den E-Commerce-Anbieter mit zusätzlichem Aufwand verbunden.

Ob und inwieweit sich für eine E-Commerce-Anbieter ein eigenes Affiliate-Programm anbietet, hängt im Wesentlichen davon ab, ob der logistische Aufwand für die Einrichtung finanziell sinnvoll ist. Ist nur die Tätigkeit von wenigen Merchants geplant, so sollte ein externes Unternehmen beauftragt werden.

Rechtliche Verantwortlich des E-Commerce-Anbieters

Wenn und soweit ein Affiliate für den Merchant tätig wird, können durch die entsprechende Werbemaßnahmen auch Rechtsverletzungen begangen werden. Hier besteht insbesondere die Möglichkeit der Verletzung des Marken- und Wettbewerbsrechtes. Ansprüche wegen Verletzung der vorgenannten Rechte können sowohl gegen den Affiliate als auch den Merchant geltend gemacht werden. Für den Merchant kommt die Inanspruchnahme oft ohne Vorwarnung, ist jedoch aufgrund rechtlicher Erwägungen aus Sicht des Verletzten entscheidend erforderlich. Der Affiliate wird aufgrund seiner unmittelbaren Handlung in Anspruch genommen.

Wer wird in Anspruch genommen?

Verletzt er das Wettbewerbsrecht oder begeht eine Markenverletzung, wird der Betroffene oder Mitbewerber versuchen, den Affiliate in Anspruch zu nehmen. Ist auch der Merchant erkennbar, so werden sich die rechtlichen Maßnahmen auch gegen diesen richten.

Stand der Rechtssprechung bisher

Die Rechtsprechung geht im Falle des Wettbewerbsrechts  von einer umfänglichen Haftung des Merchants für Rechtsverletzungen aus und begründet dies damit, dass hier der werbende Unternehmer als Nutzer eines solchen Werbesystems rechtlich nicht besser gestellt werden kann als im Bereich der Werbung in Zeitungen und Zeitschriften. Dort übernimmt auch der Auftraggeber die Haftung für Werbemaßnahmen einer Werbeagentur.

Der Affiliate ist Beauftragter des Merchant

Der Affiliate wird rechtlich als „Beauftragter“ des Merchants angesehen. Aus diesem Grund wird dem Merchant die Haftung für eine begangene unzulässige Wettbewerbshandlung zugewiesen und dies unabhängig davon, ob er die Handlung zu verantworten hat oder nicht.

BGH-Entscheidung liegt vor

Für den Rechtsbereich des Markenrechts liegt nunmehr eine erste Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vor.

In dem durch das Gericht zu entscheidenden Fall hatte der Betreiber einer Internetseite (Affiliate) eine geschützte Marke als Meta-Tag verwendet. Auf der Internetseite schaltete er Werbung für die Beklagte (Merchant). Der Markenrechtsinhaber verlangte nun vom Merchant Unterlassung der rechtsverletzenden Handlungen.

Haftet der Affiliate?

Das Gericht begründet in den Entscheidungsgründen auch hier eine Haftung des Merchant für die Handlungen des Affiliate.

So führt das Gericht zur Verantwortlichkeit aus:

„…Dem Inhaber eines Unternehmens werden danach Zuwiderhandlungen seiner Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zugute kommt, soll sich bei seiner Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können…Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugute kommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber…“

Besondere Stellung des Affiliates

Die Verantwortlichkeit ergibt sich dabei aufgrund der besonderen Stellung des Affilates. Dazu das Gericht:

„…Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugute kommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt…..Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste…. Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße….“

Eine solche Tätigkeit und Eingliederung des Affiliates zu Lasten des Merchants ist auch im Rahmen des Affiliate-Marketing in dem zu entscheidenden Fall gegeben. Dazu der BGH:

„…Nach dieser Ausgestaltung des Partnerprogramms waren die Werbepartner in der Weise in die betriebliche Organisation der Beklagten eingegliedert, dass der Erfolg der Werbung der Werbepartner der Beklagten zugute kam. Die Werbepartner hatten es nicht nur übernommen, durch einen Hinweis auf ihrer eigenen Website für die Beklagte und deren Angebot zu werben. Sie hatten es außerdem durch Bereitstellung eines Links zu der Internetseite der Beklagten ermöglicht, dass Interessenten unmittelbar auf das Angebot der Beklagten zugreifen konnten. Diese Werbepartnerschaft war grundsätzlich auf Dauer angelegt, die Provisionszahlungen richteten sich nach der Anzahl der zu einem Kauf führenden Weiterleitungen in dem jeweiligen Abrechnungszeitraum…“

BGH schränkt Haftung ein

Eine wichtige Einschränkung nahmen die Richter des Bundesgerichtshofes vor: Eine Haftung ergibt sich nur im Rahmen der vertraglichen Beziehung zum Affiliate. Dies bedeutet, dass nur dann die Haftung gegeben ist, wenn der Affiliate eine Handlung auf Internetseiten vornimmt, die über Domains geschaltet werden, die im Rahmen des Vertrages angegeben werden. Außerhalb des Vertrages handelt der Affiliate nicht mehr für den Merchant.

Dazu der BGH in seinem Urteil vom 07.10.2009, Az.: I ZR 109/06

„…Der Auftraggeber haftet vielmehr auch dann nicht als Betriebsinhaber i.S. von § 14 Abs. 7 MarkenG, wenn der von ihm Beauftragte im konkreten Fall zwar geschäftlich tätig geworden ist, das betreffende geschäftliche Handeln jedoch nicht der Geschäftsorganisation des Auftraggebers, sondern derjenigen eines Dritten oder des Beauftragten selbst zuzurechnen ist. Ist der Beauftragte etwa noch für andere Personen oder Unternehmen tätig oder unterhält er neben dem Geschäftsbereich, mit dem er für den Auftraggeber tätig wird, noch weitere, davon zu unterscheidende Geschäftsbereiche, so beschränkt sich die Haftung des Auftraggebers auf diejenigen geschäftlichen Handlungen des Beauftragten, die dieser im Zusammenhang mit dem Geschäftsbereich vornimmt, der dem Auftragsverhältnis zugrunde liegt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Auftrag auf einen bestimmten Geschäftsbereich des Beauftragten beschränkt ist und der Auftraggeber nicht damit rechnen muss, dass der Beauftragte auch anderweitig für ihn tätig wird. Nur in diesem Umfang ist es im Hinblick auf das vom Auftraggeber beherrschbare Risiko gerechtfertigt, ihn der weiten Haftung des § 14 Abs. 7 MarkenG zu unterwerfen…“

Fazit:

Die Nutzung von Affiliate-Marketing-Systemen kann neben wirtschaftlichen Vorteilen auch rechtliche Nachteile und Risiken begründen. Dies sollte bei einem Einsatz dieser Werbemaßnahme beachtet werden.

Über den Autor:

Rolf AlbrechtRA Rolf Albrecht

Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0.

06.11.09
Rolf Albrecht

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