Neue Abmahngefahr: KG Berlin ändert Rechtsprechung zu Bagatellfehlern in der Widerrufsbelehrung

hurdeIm November 2007 entschied das KG Berlin, dass der fehlende Hinweis zur Gefahrtragung bei Ausübung des Widerrufsrechtes nicht abmahnbar sei, sondern einen Bagatellverstoß darstelle. Ähnlich hatte auch das OLG Hamburg entschieden. Mit einen aktuellen Beschluss ändert das Kammergericht aber explizit seine Rechtssprechung in dieser Frage.

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Vor dem Landgericht Berlin erwirkte ein Händler eine einstweilige Verfügung gegen eine Händlerin. Allerdings wies das Landgericht den Antrag in zwei Punkten zurück. Gegen diese Teilzurückweisung legte der Antragssteller sofortige Beschwerde beim Kammergericht ein.

Frist zur Rückzahlung

Die Antragsgegnerin verwendete in ihrer Belehrung die folgende Klausel in Hinblick auf die Rückerstattungspflicht:

"Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer Widerrufserklärung erfüllen."

Der Satz ist so aber nicht korrekt. Denn es muss eben nicht nur der Verbraucher diese Pflicht erfüllen, sondern auch der Händler. Der Hinweis in der Musterwiderrufsbelehrung lautet daher:

"Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung oder der Sache, für uns mit deren Empfang."

Hinweis zur Gefahrtragung

Die Antragsgegnerin informierte außerdem nicht darüber, dass der Händler im Falle des Widerrufs durch den Verbraucher die Gefahr der Rücksendung trage. Auch hierin sah das LG Berlin keinen Wettbewerbsverstoß.

Entscheidung des Kammergerichts

Das KG Berlin (Beschluss v. 08.09.2009, Az: 5 W 105/09) entschied, dass die sofortige Beschwerde des Antragsstellers zulässig und begründet sei und verurteilte die Antragsgegnerin auch, es zu unterlassen, die oben genannte falsche Klausel zur Rückzahlungsfrist zu verwenden und es zu unterlassen, nicht über die Gefahrtragung zu informieren.

Zur Begründung führte das Gericht aus:

"Die streitgegenständliche Information der Antragsgegnerin zu Zahlungsfristen ist [...] unvollständig, weil sie nur die Zahlungsfrist für eine Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers angibt [...], nicht aber auch eine solche für die Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin als Unternehmerin. Dies könnte für den Verbrauch schon den Schluss nahe legen, eine solche Zahlungsfrist gelte für die Zahlungsverpflichtung des Unternehmers gerade nicht."

Versendungsrisiko ist wesentliche Information

Das Gericht entschied weiter, dass eine die Tragung des Versendungsrisikos für den Verbraucher Wesentliches sei.

"Denn er weiß darum, dass auf dem Postweg immer wieder - wenn auch eher selten - Pakete abhanden kommen können. Unklarheiten über die Gefahrtragung könnten ihn daher veranlassen, Vorsorge durch eine mit höheren Kosten verbundene besondere Versendungsart oder den Abschluss einer Transportversicherung zu treffen. "

Kammergericht ändert Rechtsprechung

Das Kammergericht vollzieht in seinem Beschluss eine eindeutige Abkehr zu seiner früheren Rechtsprechung (Beschluss v. 16.11.2007, 5 W 341/07), wonach der fehlende Hinweis zur Gefahrtragung einen Bagatellverstoß darstellte und somit nicht abmahnbar war. Es begründet diese Abkehr mit der Neufassung der Musterbelehrung und dem zum 30.09.2008 erfolgten Ablauf der Umstellungsfrist:

"Hinreichende Gründe, auf eine klarstellende Information hinsichtlich der Gefahrtragung nach Ablauf der Umstellungsfrist zum 30. September 2008 zu verzichten, sind nicht ersichtlich. Die Neufassung des Musters gem. Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV belegt, dass die Information platzsparend und ohne Beeinträchtigung der Verständlichkeit insgesamt gegeben werden kann. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 16. November 2007 (5 W 341/07) im Hinblick auf den Inhalt der Musterbelehrung alter Fassung noch von einem nicht erheblichen Verstoß ausgegangen ist, wird daran nach Ablauf der genannten Umstellungsfrist und im Hinblick auf die Neufassung der Musterbelehrung nicht mehr festgehalten."

Shopbetreiber sollten Muster verwenden

Diese Entscheidung des KG Berlin macht wieder einmal deutlich, dass sich Shopbetreiber unbedingt an die Musterwiderrufsbelehrung des BMJ aus der BGB-InfoV halten sollten. Es steht wohl zu befürchten, dass diese Entscheidung für einige Anlass genug sein wird, bei Online-Händlern diese Fehler zu suchen und kostenintensive Abmahnungen zu verschicken. (mr)

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15.10.09