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BGH: "Umgehend" reicht als Fristsetzung

Viele Händler kennen das Problem: Ein Kunde schickt Ware zurück mit der Aufforderung, einen Mangel “umgehend” zu beseitigen. Was genau bedeutet aber “umgehend”, werden sich schon viele gefragt haben. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in einer aktuellen Entscheidung beantwortet und dem Kläger einen Schadensersatzanspruch zugesprochen.

Lesen Sie hier mehr über die Bedeutung dieser Fristsetzung.

Der BGH (Urteil v. 12.08.2009, Az: VIII ZR 254/08) hatte über die Frage zu entscheiden, ob einem Verbraucher ein Schadensersatzanspruch zusteht, wenn ein Händler der Forderung nach “umgehender” Mangelbeseitigung nicht nachkommt und der Verbraucher daher den Mangel von einem anderen beheben lässt.

Mangel an der Kaufsache

Im Ausgangsfall ging es um einen Verbraucher, der ein Auto im Wert von 34.900 Euro erwarb. Drei Monate nach dem Kauf stellte er fest, dass der Motor des Wagens defekt war. Er forderte daher den Verkäufer auf, diesen Mangel “umgehend” zu beheben, da er sonst eine andere Werkstatt damit beauftragen würde.

Der Verkäufer meldete sich daraufhin nicht mehr, auch auf Anrufe seitens des Käufers reagierte er nicht.

Kläger lässt den Mangel reparieren

Nach mehreren erfolglosen Versuchen, den Händler zu kontaktieren, beauftragte der klagende Verbraucher eine andere Werkstatt und ließ den Wagen für rund 2.200 Euro reparieren. Diese forderte er dann von seinem Verkäufer als Schadensersatz zurück.

Vorinstanzen weisen Klage ab

Sowohl das Amtsgericht wie auch das Landgericht Bochum (Urteil v. 27.08.2008, Az: I-9 S 73/08) wiesen die Klage des Verbrauchers ab. Zur Begründung führten sie aus, dass ein entsprechender Anspruch nur gegeben sei, wenn dem Verkäufer eine angemessene Frist gesetzt wird, welche dieser fruchtlos verstreichen lässt.

LG: “umgehend” keine Fristsetzung

Weder Amts- noch Landgericht sahen in dem Wort “umgehend” eine Fristsetzung i.S.d. Gesetzes, weil es dafür einer Benennung eines konkreten Zeitraums bedürfe.

BGH: “umgehend” reicht für Fristsetzung aus

Da war der Bundesgerichtshof jedoch anderer Meinung. Für die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB ist als Fristsetzung das Wort “umgehend” durchaus ausreichend. Denn, so der BGH, eine Frist ist ein bestimmter oder bestimmbarer Zeitraum. Die Angabe eines bestimmten (End-) Termins sei dagegen nicht erforderlich.

“Mit der Aufforderung zur umgehenden Nacherfüllung wird eine zeitliche Grenze gesetzt, die aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmbar ist.”

Folgen für die Praxis

Der Kölner Rechtsanwalt Rolf Becker (Kanzlei Wienke Becker Köln) schreibt dazu auf seiner Internetseite www.versandhandelsrecht.de:

“Allein die Tatsache, dass der Käufer in der Anzeige keine Frist gesetzt hat, darf ihn nicht dazu verleiten, die Behandlung der Angelegenheit auf die lange Bank zu schieben. Im BGH-Fall beauftragte der Käufer allerdings nach vergeblichen weiteren Kontaktversuchen und ausbleibender Reaktion des Verkäufers einen anderen Händler mit der Reparatur und forderte die Kosten ein.”

Außerdem gibt Herr Rechtsanwalt Becker noch einen Praxistipp, dem wir uns gerne anschließen wollen:

“Wenn sich ein Verbraucher mit einem Anliegen meldet und eine umgehende oder sofortige Reaktion verlangt, sollten Sie in jedem Fall mit ihm in Kontakt treten und klären, wie und wann Sie reagieren können und wollen. Eine selbst gesetzte Frist bindet auch, aber man hat eine konkrete Frist besser unter Kontrolle. Schweigen und Abwarten ist nicht angezeigt und treibt den Kunden zu Reaktionen, die nicht im eigenen Interesse sein können.”

Noch liegt das Urteil nicht im Volltext vor, sondern nur die entsprechende Pressemitteilung (Nr. 165/2009). Der BGH hat in seinem Urteil die Sache zurück an das LG Bochum verwiesen, sodass dort erneut über den Sachverhalt entschieden werden muss. (mr)

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