Es gibt zahlreiche Verordnungen und Gesetze, die sich mit Hinweispflichten und Entsorgungsregeln für bestimmte Produktgruppen beschäftigen. Shopbetreiber, die mit solchen Produkten handeln, müssen all diese Vorschriften beachten. Neben Schleuderwirkungsklassen und Energieeffizienzklassen muss man als Händler auch das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) im Auge behalten.
Lesen Sie mehr über die Folgen einer Missachtung des ElektroG in unserem Gastbeitrag von RA Johannes Richard.
Elektro- und Elektronikgeräte sind nach dem Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten, dem sogenannten ElektroG, bei der Stiftung EAR zu melden.
Der Vertrieb von Elektrogeräten, die zwar der Anmeldepflicht unterliegen, jedoch nicht bei der Stiftung EAR registriert worden sind, ist wettbewerbswidrig gemäß § 4 Nr. 11 UWG (so bspw. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.04.2007, Az. I-20 W 18/07).
Eine beliebte Falle bei der Verletzung der Registrierungspflicht ist im Übrigen der Eigenimport von Elektrogeräten aus EU-Ländern. Auch diese müssen bei der Stiftung EAR gemeldet werden.
Streitigkeiten gibt es immer wieder bei der Frage, wann eigentlich im Sinne des § 2 Abs. 1 ElektroG ein Elektrogerät gegeben ist, das anmeldepflichtig ist.
Bei einigen Produkten sind Entscheidungen, die im verwaltungsrechtlichen Bereich oftmals durch den Bayrischen Verwaltungsgerichtshof entschieden werden, durchaus nachvollziehbar, wie bspw. bei magnetischen Warnlampen für Kraftfahrzeuge (BayVGH, Beschluss vom 19.08.2008, Az. 20 ZB 08.1647).
Andere Entscheidungen, wie bspw. eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.02.2008, Az. 7 C 43.07, demzufolge ein Laufschuh mit einer elektronischen Dämpfung nicht unter das ElektroG fällt, da Schuhe keine Gerätekategorie im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 ElektroG sind, sind wohl nur Juristen verständlich.
Auf wettbewerbsrechtlicher Ebene hat sich das Landgericht Berlin mit Urteil vom 19.02.2009, Az. 52 O 400/08 nunmehr mit der Frage beschäftigt, ob ein isoliert angebotener Benzinmotor für Modellflugzeuge unter die Anmeldepflicht des Elektrogesetzes fällt. Das Landgericht hat eine Anmeldepflicht bejaht und somit einen Wettbewerbsverstoß auf Grund einer fehlenden Anmeldung des Benzinmotors angenommen.
Auf ersten Blick erscheint dies widersinnig, da niemand auf die Idee kommen würde, einen Benzinmotor zum Elektroschrott zu geben. Auch ein Benzinmotor braucht jedoch zum Betrieb elektrischen Strom, der, sei es durch eine externe Batterie oder durch eine Lichtmaschine des Motors, der über die Zündkerze zu einer Zündung des Benzinluftgemisches führt.
Bevor jetzt jemand auf die Idee kommt, dass auch PKWs als Elektroschrott somit gemeldet werden müssen - gibt es hier durch die Altautoverordnung eine Sonderregelung.
Interessant an der Entscheidung ist, dass sich das Landgericht über eindeutige Hinweise des Gesetzgebers, der europäischen Union und Informationen der Stiftung EAR zum Anwendungsbereich des Elektrogesetzes hinweggesetzt hat.
In den Hinweisen des Bundesumweltministeriums zum Anwendungsbereich des Elektrogesetzes wird ausgeführt, dass ein Gerät dann nicht unter das Elektrogesetz fällt, wenn elektrischer Strom und nicht bspw. Benzin oder Gas erforderlich ist, um die Primärfunktion eines Gerätes zu erfüllen. Die Primärfunktion eines Benzinmotors, nämlich Bewegung wird durch die Zündung eines Benzin-Luftgemisches ausgelöst.
Das Bundesumweltministerium nimmt in seinen Hinweisen bspw. einen Benzinrasenmäher ausdrücklich von dem Anwendungsbereich des Elektrogesetzes aus. Hierbei bezieht sich das Bundesumweltministerium, wie auch die Information der Stiftung EAR auf eine FAQ-Liste der europäischen Union von Mai 2005, in dem ebenfalls diese Ansicht vertreten wird.
Diese quasi amtlichen Ansichten hat das Landgericht Berlin jedoch ignoriert und führt aus, dass es in erster Linie darauf ankommt, dass ein Benzinmotor für Modellflugzeuge als Sport- und Freizeitgerät im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 ElektroG einzuordnen sei.
Es heißt insofern in der Entscheidung:
"Für die Qualifizierung als Spielzeugmotor kann es nicht darauf ankommen, ob der Motor zusammen mit einem Modellflugzeug oder - wie hier - gesondert vertrieben wird. Es ist z.B. durchaus verkehrsüblich, dass Modellflugzeuge nur im Rohbau vertrieben werden und sich der Bastler die zur Fertigstellung erforderlichen Teile (wie z.B. Farben, Klebstoff) getrennt von dem Bauteilkasten besorgen muss. Gleiches gilt für die Besonderheiten, wie Motor und Fernsteuerung des Flugzeugs. Wann ein Modellflugzeug fertig und komplett ist, richtet sich nach den Wünschen und den Vorstellungen des Modellflugzeugliebhabers. Es erscheint daher nicht sachgerecht, einen Benzinmotor für ein Modellflugzeug, der gesondert zu einem Modellfugzeug angeboten wird, anders zu qualifizieren als ein Modellflugzeug, bei dem der Benzinmotor gleich mitgeliefert wird.
Der Anwendung des Elektrogesetzes auf Grund des hier verfahrensgegenständlichen Benzinmotors steht auch nicht entgegen, dass dieser Motor etwa Teil eines nicht vom Anwendungsbereich des Elektrogesetzes erfasstes Gerät im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ElektroG ist. Der Motor ist unter Berücksichtigung seiner funktionalen und bestimmungsgemäßen Verwendung Teil eines elektronischen Spielzeugs (motorbetriebenes Modellflugzeug), dass er anderweitig verwendet werden könnte oder Teil einer nicht unter das Gesetz fallenden Großanlage sein könnte - dafür gibt es keine Anhaltspunkte.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 sind Elektro- und Elektronikgeräte Geräte, die zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb elektrische Ströme oder elektromagnetische Felder benötigen.
Bei der Bestimmung eines Gerätes als Elektronikgerät, ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht darauf abzustellen, ob das Gerät seine Primärfunktion auch ohne die Zuführung von Strom weiter erfüllen kann. Das Kriterium der "Primärfunktion" findet keinen Anhalt im Gesetzeswortlaut. Dort ist allein vom ordnungsgemäßen Betrieb eines Gerätes die Rede."
Das Gericht führt dann im Weiteren aus, dass der durch den Gesetzgeber verwendete Begriff der "Primärfunktion" im Gesetzeswortlaut keine Stütze findet.
Dieser Ansicht begegnet durchaus Kritik: Immerhin hat nicht nur das Bundesumweltministerium, sondern auch die verordnungsgebende Europäische Union die entsprechende Interpretation zur Auslegung des Elektrogesetzes geliefert. Es mag sein, dass im Gesetz selbst nicht zwischen einer Primärfunktion und einem ordnungsgemäßen Betrieb unterschieden wird. Was der Gesetzgeber jedoch tatsächlich gemeint hat, dürfte durch die Informationen des Bundesumweltministeriums und der EU-Kommission eigentlich klar sein.
Zudem dürfte niemand auf die Idee kommen, einen Benzinmotor am Ende seiner Lebenszeit in den Elektroschrott zu geben.
Unabhängig davon sollten jedoch gerade die Anbieter von Modellbauzubehör darauf achten, dass isoliert angebotene Benzinmotoren für Modellflugzeuge bei der Stiftung EAR angemeldet sind. Im Zweifel ist eine ausdrückliche Bestätigung des Großhändlers, von dem die Ware bezogen wird, sinnvoll.
RA Johannes Richard
Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Er betreut in der Kanzlei Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen (www.internetrecht-rostock.de) die rechtliche Gestaltung von Internetshops und berät bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen im Internet.
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