korrekturZu den weniger diskutierten Themen in der Internetrechtspraxis gehören die Pflichten des Shopbetreibers aus § 312e BGB. So ist der Händler z.B. verpflichtet, dem Verbraucher angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen und berichtigen kann. Aber welche Möglichkeiten genügen dieser Anforderung? Und kann der Händler für Tippfehler des Kunden in Anspruch genommen werden?

Lesen Sie mehr darüber, wo das LG München I die Grenze der Hinweispflicht zieht.

Im vom Landesgericht München I entschiedenen Fall (Urteil v. 17.06.2008, Az: 34 O 1300/08) ging es um Folgendes:

„Der Kläger wollte bei der Beklagten auf deren Internet-Portal 4 Flüge für sich und seine Familie von Stuttgart nach San Jose/California, USA buchen. Versehentlich klickte der Kläger als Flugreiseziel jedoch San Jose/Costa Rica an. Einen nochmaligen Hinweis auf das ausgewählte Reiseziel gab es im Rahmen des Buchungsvorganges nicht mehr.“

Der Fehler wurde erst am Check-In-Schalter entdeckt. Der Kläger kaufte vier neue Tickets nach San Jose in den USA für insgesamt 9.037,40 EUR. Den Differenzbetrag zwischen den Reisepreisen für die ursprünglich gebuchten Flüge zu den nachgebuchten Flügen in die USA wollte er vom Betreiber des Reiseportals erstatten bekommen. Dieser müsste ihn nochmals darauf hinweisen, dass er einen Flug nach San Jose in Costa Rica gebucht habe.

Hinweispflicht ist kein bloßer Formalismus

Bereits in einem älteren Urteil aus dem Jahre 2003 hat das LG Berlin (16 O 743/02) entschieden, dass der nach § 312e Abs. 1 Nr. 1 BGB erforderliche Hinweis auf Korrekturmöglichkeiten kein bloßer Formalismus oder entbehrlich ist. Der Händler darf nicht darauf vertrauen, dass der Verbraucher seinen Computer bedienen kann, sondern muss ihm aktiv aufzeigen, wie er Eingaben korrigieren kann. Stehen dem Kunden keine Korrekturmöglichkeiten zur Verfügung oder wird er über diese nicht informiert, verlängert sich die Widerrufsfrist auf sechs Monate (§§ 312e Abs. 3 S. 2, 355 Abs. 3 S. 1 BGB).

„Überprüfen Sie bitte Ihre eingegebenen Daten“ nicht ausreichend

Fehlt bei einer Internet-Flugbuchung nach Eingabe des Reiseziels, der Flugdaten und des Namen des Reisenden bei Angabe des Textes “Überprüfen Sie bitte Ihre eingegebenen Daten” jeglicher Hinweis, mit welchen technischen Mitteln diese Prüfung erfolgen kann und insbesondere, wie erforderlichenfalls eine Korrektur vorzunehmen ist, liegt ein Verstoß gegen § 312e BGB vor, so das LG Berlin.

„Verklicken“ gehört zur Internetnutzung

Das LG München I hat erfreulicherweise dieser Hinweispflicht eine Grenze gesetzt und klar gemacht, dass der Kunde sich durch die Nutzung des Internetportals bewusst auf die Vorteile und damit aber auch auf die Risiken einer Buchung im Internet einlasse.

„Zu den Risiken einer Buchung über Internet gehört, dass sich der Kunde bei der Auswahl verschiedener Möglichkeiten versehentlich ‘verklicken’ kann.“

Hinweis auf Auswahlmöglichkeit reicht aus

Der Beklagte ist wiederum verpflichtet, sicher zu stellen, dass dem Kunden die Auswahl zwischen mehreren Zielmöglichkeiten bewusst wird. Diese Alternativen müssen dem Kunden auch deutlich dargestellt werden, so das LG München I.

„Dies hat die Beklagte hier zur Überzeugung des Gerichts erfüllt. Wie das Gericht … ausgeführt hat, erscheinen gerichtsbekanntermaßen im Internetportal der Beklagten bei Nennung des Zielortes San Jose automatisch die beiden Möglichkeiten „San Jose Costa Rica“ und „San Jose Int. USA“. Damit wird dem Kunden, hier dem Kläger, ausreichend deutlich gemacht, dass er sich zwischen zwei Orten mit dem Namen San Jose entscheiden muss.

Bereits durch die Auswahlmöglichkeit an sich war der Kläger hinreichend vor dem Risiko gewarnt, anstatt des gewollten San Jose ein anderes San Jose, nämlich dasjenige in Costa Rica auszuwählen.“

Dem Beklagten obliegt keine Hinweispflicht, den Kläger nochmals über das von ihm im Internetportal gewählte Reiseziel und die Unterschiede zwischen San Jose in den USA und San Jose in Costa Rica hinzuweisen.

Informationsrisiko trägt der Verbraucher

Der Kläger hätte sich auch ohne Weiteres über die Bedeutung der dort genannten Flughafenkürzel informieren können, nachdem er bereits durch die Auswahlmöglichkeit bei der Buchung im Internet auf die Gefahr einer Ortsverwechslung hingewiesen war.

„Jedenfalls erfolgte in der Rechnung nochmals ein (jedoch nicht zwingend notwendiger Hinweis) auf das Reiseziel, da es dort in der Betreffzeile deutlich heißt: „Leistung: Nur Flug Publish Mittel-/Südame“. Dem Kläger musste als verständigen Leser damit klar sein, dass damit Mitteln/Südamerika gemeint ist und San Jose in den USA keinesfalls in Mittel/Südamerika liegt.“

Anfechtung wegen Irrtums?

Ob der Verbraucher in diesem Fall den Vertrag wegen Irrtums anfechten könnte, hat das Gericht offen gelassen. Die Anfechtung muss allerdings in diesem Fall ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) nach Kenntnisnahme vom Anfechtungsgrund geltend gemacht werden.

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