AGB auf den Prüfstand: Rügefristen und Vorleistungspflichten

Immer wieder finden sich in AGB Klauseln, die den Verbraucher auffordern, aufgetretene Mängel innerhalb einer bestimmten Frist beim Verkäufer zu melden. Die herrschende Meinung unter den Gerichten geht von einer Unzulässigkeit solcher Einschränkungen der gesetzlichen Gewährleistungsfrist. Dieser Ansicht hat sich neulich auch das LG Leipzig angeschlossen.

Noch bis vor kurzer Zeit stand die grundsätzliche Frage im Raum, ob AGB-Klauseln überhaupt Gegenstand eines wettbewerbsrechtlichen Verfahrens zwischen Mitbewerbern sein können. Hierzu gab es unterschiedliche Ansichten des OLG Celle, des OLG Köln und des Kammergerichts Berlin. Eine solch unterschiedliche Beurteilung ist nunmehr aber nicht mehr möglich, da zum 30.12.2008 das neue UWG in Kraft getreten ist, wodurch unzulässige AGB-Klauseln in jedem Falle von Mitbewerbern abgemahnt werden können.

Rügefristen abmahnbar?

Das LG Leipzig hat mit Urteil v. 03.11.2008 (08 O 1800/08) hat die Klauseln

„Mängel müssen unverzüglich, spätestens aber nach 8 Tagen schriftlich gerügt werden“

und

„Soweit die Transportverpackung bei Warenübergabe und die darin enthaltenen Artikel offensichtliche Beschädigungen zeigen, hat der Käufer gegenüber Firma ... binnen 5 Werktagen zu rügen. Anderenfalls können Ansprüche des Käufers hinsichtlich der Beschädigung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben abgelehnt werden.“

für unzulässig erklärt.

Ähnlich hat zuvor das LG Regensburg (Urteil vom 15.3.2007, 1 HK O 2719/06) hinsichtlich folgender Klausel entschieden:

„Sollte doch einmal etwas Grund zur Beanstandung geben, bitten wir um Mitteilung innerhalb einer Woche nach Erhalt der Ware. Spätere Reklamationen können nicht angenommen werden.“

Jegliche Rügefristen sind gesetzeswidrig

Diese Entscheidungen bestätigen die Rechtsprechung des LG Frankfurt (Urteil v. 09.03.2005, 2-02 O 341/04) und  des LG Hamburg (Urteil v. 05.09.2003, 324 O 224/03). Das LG Hamburg hat seine Auffassung damit begründet, dass im Handel mit Endverbrauchern Rügefristen gegen zwingendes Verbrauchsgüterkaufrecht verstoßen (§ 475 Abs. 1 BGB), wenn bei dem Kunden hierdurch der Eindruck entsteht, dass seine Gewährleistungsrechte verkürzt werden sollen.

Es kann einem durchschnittlichen Verbraucher nicht zugemutet werden, dass er die Ware spätestens innerhalb einer bestimmten Frist auf „Herz und Nieren“ überprüft, weil er im Zweifel nicht über den nötigen Sachverstand verfügt. Was für den Verkäufer/Unternehmer einen offensichtlichen Mangel darstellt, muss für den Verbraucher noch lange nicht offensichtlich sein. Solche Klauseln sind daher mit äußerster Vorsicht zu genießen.

KG Berlin: Rügefrist ab "Erkennbarkeit" des Mangels ist zulässig

Lediglich das KG Berlin hat mit Beschluss vom 04.02.2005 (5 W 13/05) entschieden, dass eine Rügefrist von einer Woche ab "Erkennbarkeit" des Mangels für zulässig ist. Eine Woche muss allerdings die tatsächliche Überlegungsfrist betragen, so dass Klauseln, die zu einem Zugang der Mängelanzeige innerhalb einer Woche verpflichten unzulässig sind. Mit dieser Meinung steht das Kammergericht aber allein auf weiter Flur.

Keine Vorleistungspflicht des Verbrauchers

Dass eine Verpflichtung des Verbrauchers zur Vorleistung, insbesondere bei der sog. Kostenfallen gesetzeswidrig ist, hat hingegen das OLG Frankfurt entschieden.

Das Gericht stellte kürzlich die Unzulässigkeit folgender Klausel fest:

"Die Zahlung ist sofort nach Vertragsschluss fällig."

Im entschiedenen Fall (Urteile vom 04.12.2008, Az.: 6 U 186/07 und 6 U 187/07) handelte es sich um sog. Vertragsfallen, in dem der Verbraucher durch die Inanspruchnahme der angebotene Leistung (Datenbankzugriff) für die Zahlung eines mehrmonatigen Abonnements verpflichtet wurde, ohne im Voraus auf die Entgeltlichkeit der Leistung deutlich hingewiesen zu werden.

Zahlung erst nach Erbringung der Dienstleistung

Nach § 614 BGB ist die Vergütung erst nach Erbringung der Dienstleistung zu errichten.

„Zulässig sind derartige Vorleistungsklauseln nur dann, wenn für sie ein sachlich berechtigter Grund gegeben ist und keine überwiegenden Belange des Kunden entgegenstehen; die Unangemessenheit der Klausel kann sich hierbei auch aus der Dauer des Vorleistungszeitraums ergeben“

Das Gericht weist darauf hin, dass der Anbieter sich z.B. durch die Vereinbarung monatlicher Teilzahlungen vor zahlungsunwilligen Kunden angemessen schützen könne. Zurecht hat das OLG Frankfurt darüber hinaus ausgeführt, dass eine Vorleistungspflicht des Verbrauchers kaum geeignet ist, dem Risiko für den Anbieter entgegenzuwirken.

„Die Beklagte zu 1) befürchtet, dass der Zugriff auf ihre Daten auch solchen Kunden, wenn auch nur für kurze Zeit, ermöglicht würde, die zur Zahlung nicht willens oder fähig sind. Tatsächlich hängt der erstmalige Zugang zur Datenbank jedoch nicht von der Zahlung des Kunden ab. Denn bevor der Kunde Gelegenheit hat, die ihm übermittelte Rechnung zu bezahlen, wird ihm der Zugriff auf die Datenbank bereits eingeräumt, was zugleich zur Folge hat, dass der Kunde durch eine Inanspruchnahme der Dienstleistung sein Widerrufsrecht verlieren kann (§ 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB), bevor ihm die Übersendung der Rechnung Klarheit darüber verschafft, dass die Beklagte zu 1) für ihre Leistung eine nicht unerhebliche Vergütung fordert.“

Fazit

Die Ansicht des Kammergerichts bleibt bisher ohne jegliche Bestätigung durch andere Gerichte. Angesichts des Möglichkeit eines sog. „fliegenden Gerichtstands“ ist empfehlenswert auf jegliche Rügefristen zu verzichten und stattdessen auf die gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren zu verweisen oder in AGB schlicht gar nichts zum Thema Gewährleistung zu sagen, denn notwendig ist dies nicht. (mr)

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