Immer wieder gibt es Probleme mit dem Widerrufsrecht im Online-Handel. Meist geht es dabei jedoch um Abmahnungen wegen fehlerhafter oder fehlender Belehrungen. Sehr häufig treten aber auch Probleme bei der Ausübung des Widerrufsrechtes aus. Erfolgte der Widerruf noch in der Frist? Bestand für das Produkt überhaupt ein Widerrufsrecht? Und wie war das noch bei Dienstleistungen?
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Vor dem Amtsgericht Wuppertal (Urteil v. 01.12.2008, Az: 32 C 152/08) ging es gleich um mehrere Fragen, die die Ausübung und die damit verbundenen Folgen des Widerrufsrechtes betrafen.
In dem Fall schloss ein Verbraucher über das Internet mit einem Telekommunikationsunternehmen einen Vertrag über einen Internetanschluss und Telefondienstleistungen. Die Online-Bestellung konnte nur abgeschickt werden, wenn man eine Check-Box ankreuzte, bei der stand, dass der Verbraucher von seinem "Widerrufs-/Rückgaberecht" Kenntnis genommen habe. Die Wörter waren dabei verlinkt und in einem PopUp öffnete sich dann eine Widerrufsbelehrung.
Zwischen den Parteien war streitig, ob die per E-Mail versandte Auftragsbestätigung eine Widerrufsbelehrung enthielt. Der Beklagte sagte nein, das Telekommunikationsunternehmen (die Klägerin) sagte ja.
Die Mitteilung der Widerrufsbelehrung in Textform ist jedoch eine Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist. Dass diese Form am Bildschirm noch nicht eingehalten ist, entspricht mittlerweile der herrschenden Meinung und auch das AG Wuppertal schloss sich dieser an.
"Denn gemäß § 126b BGB muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauernden Widergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben werden. Bei Texten, die in das Internet eingestellt, dem Empfänger aber nicht übermittelt worden sind, ist § 126b BGB nur gewahrt, wenn es tatsächlich zu einem Download kommt. Dass es tatsächlich zu einem Download gekommen ist, ist von der Klägerin weder vorgetragen worden, noch ersichtlich."
Die Klägerin meinte außerdem, dass der Beklagte auf sein Widerrufsrecht verzichtet habe, als er die Telekommunikationsdienstleistungen in Anspruch genommen hat. Der Anschluss sei durch die Klägerin freigeschaltet worden und der Beklagte habe diesen auch genutzt.
Die Parteien schlossen den Vertrag am 26.06.2006. In einem Schreiben vom 28.08.2006 erklärte der Verbraucher die fristlose Kündigung.
Das Gericht sah darin die Erklärung des Widerrufs:
"Die entsprechende Widerrufserklärung ist in dem Schreiben des Beklagten vom 25.08.2006 zu sehen. Zwar hat der Beklagte in diesem Schreiben ausdrücklich nur eine Kündigung ausgesprochen. Mit diesem Schreiben hat er jedoch zum Ausdruck gebracht, dass er das bestehende Vertragsverhältnis auf keinen Fall fortsetzen möchte."
Das Gericht entschied auch, dass das Widerrufsrecht firstgerecht ausgeübt worden ist.
"Zwar lagen zwischen dem Vertragsabschluss und der Widerrufserklärung mehr als zwei Monate. Mangels hinreichender Aufklärung der Klägerin über das Widerrufsrecht hat die Widerrufsfrist nicht mit dem Vertragsschluss begonnen. Eine hinreichende Information des Beklagten über das Widerrufsrecht ist nicht durch die Internetseite der Klägerin erfolgt. Denn der Unternehmer muss dem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 BGB eine Widerrufserklärung in Textform (§ 126b BGB) erteilen. Die Möglichkeit des Verbrauchers, die Widerrufsbelehrung auf der Internetseite des Unternehmers anzuklicken und sich auf diesem Weg zu informieren, erfüllt diese Voraussetzung nicht."
Das Gesetz sieht in § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB vor, dass das Widerrufsrecht bei Dienstleistungen zu dem Zeitpunkt erlischt,
"wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher diese selbst veranlasst hat."
Das Amtgericht argumentiert hier, dass das Widerrufsrecht erst dann erlöschen könne, wenn der Verbraucher überhaupt Kenntnis von diesem Recht hatte. Somit hatte der Beklagte sein Widerrufsrecht wirksam ausgeübt.
Da ein Vertrag nicht bestand, versagt das Gericht der Klägerin den Anspruch auf Erstattung der Gebühren für den Internet- und Telefonanschluss im Wesentlichen. Lediglich für einen Zeitraum vom 01.10.2006 bis 31.10.2006 sprach das Gericht dem Kläger einen entsprechenden Anspruch zu, da nur für diesen Zeitraum eine tatsächliche Nutzung nachgewiesen werden konnte, für die der Beklagte Wertersatz zahlen müsse.
Von den anfangs geltend gemachten 560,27 Euro bekam die Klägerin am Ende aber nur 51,64 Euro.
An diesem Fall zeigen sich mal wieder die schwerwiegenden Folgen, die eine fehlerhafte oder fehlende Belehrung haben können. Ganz davon abgesehen, dass es auch noch wettbewerbswidrig ist, gegen die Vorschriften über die Widerrufsbelehrung zu verstoßen und Mitbewerber und qualifizierte Einrichtungen deswegen Unterlassungsansprüche geltend machen können. (mr)
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