Teil II - Rechtsmissbräuchliche Abmahnungen: Muss Abmahnanwalt zahlen?

gegenabmahnung-iVor wenigen Tagen berichteten wir hier im Shopbetreiber-Blog über ein Urteil des Landgerichts Berlin, in welchem ein abmahnender Anwalt zur Zahlung der Kosten der Rechtsverteidigung verurteilt wurde, weil die ausgesprochenen Abmahnungen rechtsmissbräuchlich waren.  Bereits vor längerer Zeit bejahte auch das AG Bochum einen solchen Zahlungsanspruch gegen den abmahnenden Anwalt.

Erfahren Sie hier mehr, warum auch die Bochumer Richter den Anwalt verurteilten.

Dem vom Amtsgericht Bochum (Urteil v. 11.11.2003, A: 63 C 211/03) entschiedenen Fall ging eine Abmahnung gegen eine Händlerin von Büromaterialen voraus. Diese holte sich rechtlichen Rat beim Anwalt ein, welcher die ausgesprochene Abmahnung mit der Begründung zurückwies, dass diese rechtsmissbräuchlich sei.

Extrem hohe Anzahl von Abmahnungen

Der für die Abmahnung verantwortliche Mandant war ein Kleinunternehmer. Er beauftragte gleichwohl seinen Anwalt damit, über 1000 Abmahnungen wegen Verstößen im Impressum auszusprechen und verlangte jedesmal Ersatz der Aufwendungen aus einem Streitwert von 50.000 €. Das Gericht bewertete die Abmahnung nach einer Betrachtung der Gesamtumstände als rechtsmissbräuchlich.

Abmahner war zahlungsunfähig

Zwei Monate nach der ausgesprochenen Abmahnung gab der abmahnende Händler die eidesstattliche Versicherung ab, d.h. er war zahlungsunfähig. Bei ihm waren also die Kosten der Rechtsverteidigung nicht mehr einzutreiben.

Abmahner und Anwalt arbeiteten eng zusammen

Dass der auftraggebende Mandant im konkreten Fall die entstehenden Gebühren für seinen Anwalt (immerhin 80.000 €) nicht hätte tragen können, war dem Anwalt wohl bewusst. Wahrscheinlich hat der Anwalt seinen Mandant von der Tragung der entstehenden Gebühren freigestellt, ihn vielleicht sogar an erzielten Einnahmen beteiligt. Dem beklagten Anwalt war auch bekannt, dass die Abmahntätigkeit vorrangig dem Ziel diente, Einnahmen zu erzielen.

Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung

Wer derart vorgeht, begeht eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung.

"Bei dieser Sachlage ist aber nicht nur das Vorgehen der Firma L, sondern auch das eigene Vorgehen des Beklagten als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu qualifizieren. Eine Abmahntätigkeit unter Verstoß gegen § 13 Abs. 5 UWG (a.F.), die vorrangig dazu dient, Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen, ist sittenwidrig. Denn sie hat nur Schädigung Dritter zum Ziel und dient der eigenen Bereicherung. Dieser Vorwurf trifft jedenfalls auch den Beklagten persönlich."

Landgericht weist Berufung zurück

Der zur Zahlung verurteilte Rechtsanwalt legte Berufung gegen das Urteil ein. Das Landgericht Bochum wies aber in einem Beschluss vom 18.03.2004 (Az: 9 S 289/03) darauf hin, dass es die Berufung zurückweisen wird, da diese offensichtlich nicht zum Erfolg führen würde. Vielmehr schlossen sich die Richter der 9. Zivilkammer den Ausführungen des Amtsgerichtes an und bejahten einen Zahlungsanspruch gegen den Abmahnanwalt. (mr)

Wir bedanken uns bei RA Dr. Walter Felling aus Soest für die Übersendung der Urteile.

fellingRA Dr. Felling ist Dipl. Betriebswirt und seit 1991 selbstständiger Rechtsanwalt. Zuvor war er als Prokurist der VB Soest e.G. und als Sozius einer größeren Kanzlei in Soest tätig. Herr Dr. Felling betreut Mandanten unter anderem auf dem Gebiet des Wirtschafts- und Bankrechts. Außerdem beschäftigt er sich intensiv mit dem Modellflugrecht, in welchem er 2008 promovierte. Seine Dissertation ist 2008 unter dem Titel "Chancen und Grenzen des Rechts auf freie Nutzung des Luftraumes durch Flugmodelle" bei der Neckar-Verlag GmbH, Villingen Schwenningen, erschienen.

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03.04.09