Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, soll am 31. Oktober 2009 das Gesetz zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht in Kraft treten. Damit soll die Ungleichbehandlung von eBay-Händlern und Online-Shop-Betreibern hinsichtlich der Fristlänge und Wertersatzregelung aufgehoben und das Belehrungsmuster unangreifbar werden. Doch das Gesetz muss noch durch den Bundestag.
Lesen Sie mehr über die geplanten Verbesserungen für Internet-Händler.
Mit dem am 05.11.2008 verabschiedeten Kabinettsentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkredit- und Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht (PDF, 1,2 MB) erlangen nicht nur die Musterbelehrungen für Widerruf und Rückgabe Gesetzesrang, auch die Benachteiligung von eBay-Händlern durch Monatsfrist und eingeschränkten Wertersatz soll nun ein Ende finden.
Neuordnung des Widerrufsrechts
Künftig soll es möglich sein, auch bei eBay ein zweiwöchiges Widerrufsrecht einzuräumen. Bislang legen viele Gerichte den § 355 Abs. 2 S. 2 BGB dementsprechend aus, dass die Widerrufsfrist einen Monat beträgt, wenn die Belehrung in Textform (z.B. E-Mail) nicht vor der Bestellannahme zugeht – ungeachtet dessen, dass es für einen Käufer irrelevant ist, ob er die Belehrung mit oder unmittelbar nach Vertragsschluss erhält.
Dem trägt nun der Kabinettsentwurf Rechnung, indem in § 355 Abs. 2 BGB-E folgender Passus eingefügt wird:
“Bei Fernabsatzverträgen steht eine unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilte Widerrufsbelehrung einer solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher gemäß Artikel 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat.”
Hierdurch ist es auch bei eBay möglich, die Widerrufsfrist auf 14 Tage zu begrenzen, wenn die Widerrufsbelehrung unverzüglich nach Vertragsschluss (d. h. nicht erst nach mehreren Tagen oder zusammen mit der Ware) zugeht. Anstelle der “zwei Wochen” tritt die Formulierung “14 Tage”, welche in der Sache jedoch nichts ändert.
Rückgaberecht bei eBay
Bisher sah § 356 Abs. 1 Nr. 3 BGB eine Textformerfordernis für das Rückgaberecht vor. Dies hat einige Gerichte dazu veranlasst, anzunehmen, dass bei eBay kein Rückgaberecht eingeräumt werden kann. Andere Gerichte gehen hingegen davon aus, dass bereits nach geltendem Recht ein Rückgaberecht eingeräumt werden kann.
In dem Gesetzesentwurf wird nun das Textformerfordernis des § 356 Abs. 1 Nr. 3 BGB gestrichen und auf die Vorschriften zum Widerrufsrecht verwiesen. Dadurch könnte künftig unstrittig auch bei eBay ein Rückgaberecht vereinbart werden.
Angleichung der Wertersatzregelungen
Bislang ist es nach überwiegender Rechtsprechung nicht möglich, bei Verkäufen über eBay Wertersatz für die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung zu verlangen, was ebenfalls damit zusammenhängt, dass nicht rechtzeitig in Textform darüber belehrt werden kann.
Demnach war es Privatkäufern möglich, bei eBay bestellte Ware einen Monat zu nutzen und anschließend zurückzusenden ohne für die Minderung der Ware etwas zahlen zu müssen.
Analog zur Kürzung der Widerrufsfrist erfolgt nun auch eine Angleichung der Wertersatzregelungen. War es bislang nur möglich, Wertersatz für bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme zu verlangen, wenn der Käufer spätestens bei Vertragsschluss auf diesen Umstand in Textform hingewiesen wird, so hält der neue Gesetzesentwurf in § 357 Abs. 3 S. 2 BGB-E diesbezüglich fest:
„Bei Fernabsatzverträgen steht ein unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilter Hinweis einem solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise über die Wertersatzpflicht und eine Möglichkeit zu ihrer Vermeidung unterrichtet hat.“
Geht demnach der Hinweis zur Wertersatzpflicht unverzüglich nach Vertragsschluss zu, so steht dies einem Hinweis bei Vertragsschluss gleich. Dies soll, wie auch schon bei der Widerrufsbelehrung, die rechtliche Situation zwischen Online-Händlern und eBay-Verkäufern angleichen, da letztere nach der derzeitigen Rechtslage in vielen Bereichen ungerechtfertigterweise benachteiligt werden.
Gesetzesrang der Musterbelehrungen
Für alle Internet-Händler entscheidend ist auch die geplante Unangreifbarkeit der Musterbelehrungen. Als Anhang einer Verordnung (der BGB-InfoV) konnten sie bislang von Gerichten verworfen werden. Vor allem das vor dem 01.04.2008 geltende Muster war des öfteren das Ziel gerichtlicher Kritik.
Doch auch wenn das neue Muster weithin postitiv bewertet wurde, so bietet es derzeit noch keine absolute Rechtssicherheit. Als Anhang des EGBGB sollen die Musterbelehrungen nun Gesetzesrang erlangen. Die Verwendung eines Musters wäre somit vollkommen risikofrei. Dies wird auch durch den neu entworfenen § 360 Abs. 3 BGB-E klargestellt:
“Die dem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 mitzuteilende Widerrufsbelehrung genügt den Anforderungen des Absatzes 1 und den diesen ergänzenden Vorschriften dieses Gesetzes, wenn das Muster der Anlage 1 zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Textform verwendet wird.
Die dem Verbraucher gemäß § 356 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 355 Abs. 3 Satz 1 mitzuteilende Rückgabebelehrung genügt den Anforderungen des Absatzes 2 und den diesen ergänzenden Vorschriften dieses Gesetzes, wenn das Muster der Anlage 2 zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Textform verwendet wird. …“
Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestages
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat beschlossen, am 23. März 2009 eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberechts (BT-Drs. 16/11643) durchzuführen. Hier werde ich als Sachverständiger eine Stellungnahme abgeben und Rede und Antwort stehen.
Falls Sie noch Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie doch einen Kommentar. Gern werde ich Feedback von Shopbetreibern dann in der Anhörung berücksichtigen. Wir halten Sie weiter auf dem Laufenden.
Update: Neuregelung tritt am 11. Juni 2010 in Kraft
Das Gesetz, mit dem die Vorschriften zum Widerrufs- und Rückgaberecht neu geordnet werden, tritt zum 11. Juni 2010 in Kraft. Durch die Überführung der Musterwiderrufsbelehrung und der Musterrückgabebelehrung in den Rang eines formalen Gesetzes erhalten Shopbetreiber endlich Rechtssicherheit in Bezug auf eine korrekte Belehrung. Weitere Details erfahren Sie hier…
Weitere Infos hier im Blog:
Vorschlag:
Es wäre sehr hilfreich, wenn die Bundesregierung für die Übergangszeit bis zum 31.10.09 die Verkäufer i.d.Form schützt, daß diese Änderungspunkte bis dahin nicht abmahnfähig sind.
Zur Zeit versuchen leider einige Anwälte noch mal schnell “abzuzocken” bevor der Riegel durch das neue Gesetz und der Gesetzesrang der Muster-Widerrufsbelehrung entgültig vorgeschoben wird.
– vielen Dank für Ihre immer hilfreiche Webseite –
Sehr geehrter Herr Föhlisch,
als Betreiber eines Online Shops bin ich mehrfach Opfer dieses nicht zu Ende durchdachten Fernabgabe Gesetzes geworden.
Verbraucherschutz muss sein. Schutz vor Betrug und dergleichen unterschreibe ich gerne. Welches Gesetz aber schützt uns Händler vor Mißbrauch des Fernabgabegesetzes?
Dieses Gesetz öffnet Tür und Tor für Missbrauch durch Gesteskranke, Irre, an Demenz erkrankte und andere (z.B. Konkurrenz).
Es mag sein, dass die Rückgabe von Artikel im unteren Preisbereich bis 40,00 Euro keinerlei größere Schäden verursachen, zumal in diesem Preisbereich sogar die Kosten für die Rücksendung vom Käufer getragen werden. Aber was ist mit hochpreisigen Artikeln, die gar mit Spedition angeliefert werden müssen?
Konkreter Fall: Eine ältere Dame bestellt bei mir telefonisch einen artepuro Ethanol Kamin mit Standfuß zum Stellen. Die Frontausführung mit 24 Karat Blatt vergoldet. Sie hat den Artikel in meinem Shop gesehen und möchte ihn unbedingt noch vor Weihnachten mit der Brennbox (seperat für 389,00 Euro erhältlich) und einen 20 Liter Kanister Ethanol (kostenlos dazu) geliefert haben. Warenwert insgesamt 3.180,00 Euro abzüglich 10% Rabatt bei kostenloser Lieferung. (Die Spedition in Höhe von 180,00 Euro bezahle ich und geht von der Marge runter).
Ich schicke der Dame eine Auftragsbestätigung per Post, worauf sie eine Anzahlung von 50% des vereinbarten Kaufpreises anzahlt.
Darauf hin bestelle ich das gute Stück bei Weber Metallmanufaktur in Aachen und beauftrage das Unternehmen, den Kamin direkt zum Kunden noch vor Weihnachten in Brakel auszuliefern.
Eine Woche später zahlt die Dame die zweite Hälfte der inzwischen erstellten Rechnung.
Am 22. Dezember ist der bestellte Goldkamin vor Ort in Brakel. Kurz vor der Anlieferung erhalte ich ein Fax, in dem mich die Dame davon in Kenntnis setzt, dass sie den Kamin nun doch nicht haben möchte und beruft sich auf das Fernabgabe Gesetz. Die 20 Liter Ehanol, die sie vorab als Zugabe bereits erhielt, hat sie behalten wollen.
Bei mir klingelten die Alarmglocken. Weber Metall nimmt den Kamin nicht zurück und hat bereits 2.100,00 Euro von meinem Geschäftskonto abgebucht. Ich schalte sofort, rufe den Hersteller an, um die Lieferung auf meine Adresse umzuleiten. Die Mehrkosten für die Lieferung nach Ahrensburg in Höhe von 150,00 Euro darf natürlich wiederum ich bezahlen.
Ich startete sofort eine Kampagne bei google adwords für den Kamin zum Sonderangebot mit 20% Preisnachlass. Die Anzeige läuft 4 Wochen und wurde ca. 1500 mal angeklickt. Keiner hat gekauft trotz des günstigen Preises. Die Kosten für die Klicks rund 450,00 Euro.
Darauf hin bin ich zum Rechtsanwalt gerannt, um die Rechtslage überprüfen zu lassen. Das Resultat war niederschmetternd. Die Frau war tatsächlich im Recht. Kosten für die Rechtsberatung: 150 Euro.
Inzwischen hat die Dame einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der ihre Interessen vertritt und dafür von mir 350,00 Euro für seine Leistung bezahlt haben will.
So kann man ein Geschäft leicht in den Ruin treiben. Ich bin seitdem unfreiwillig Besitzer eines Kamins, den niemand haben will, bin mein Geld los und muss der Frau ihren Streich mit monatlich 200,00 abbezahlen.
Recht ist nicht Gerechtigkeit. Ich bin sauer auf dieses Gesetz, das jedem die Narrenfreiheit gibt, beliebig einzukaufen und zurück zugeben.
Der kaufende Bürger muss auch in die Verantwort gezogen werden; zumindest wenn es sich um Einzelstücke handelt, die bei einer Bestellung Kosten auslösen.
Wenn man weiter überlegt, könnte auch ein Konkurrent Strohleute als Käufer auf mein Geschäft loslassen und mich so in den Ruin treiben.
Es könnte aber auch der Hersteller (das ist eine Überlegung, die ich in diesem Fall der Firma artepuro nicht zuschreibe) eines Produktes Strohleute losschicken, um seinen Umsatz zu verbessern; denn das Fernabgabegesetz findet keine Anwendung unter Kaufleuten.
Ich habe von einem Fall gehört, wo ein Besteller das gleiche Produkt bei drei unterschiedlichen Händlern bestellt hat, obwohl er es nur 1x haben wollte: Wer am schnellsten liefert, das behält er – die anderen lässt er zurück gehen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wer schützt uns Händler ???? Diese Gesetz ist ein Angriff auf den Mittelstand-
Mit freundlichen Grüßen
Peter Maus
Das hat der Gesetzgeber bereits in § 16 BGB-InfoV (Übergangsregelung bis Ende Septmeber 2008, nicht Oktober) getan, aber es gibt in der Tat einige Gerichte, die dies ignorieren, z.B. das OLG Hamm. Ich werde den Punkt gern aufgreifen.