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Lieferung an Firmenadresse, Zahlung über Geschäftskonto – Widerrufsrecht oder nicht?

Verbraucher oder Unternehmer?Das gesetzliche Widerrufsrecht im Onlinehandel gilt nur, wenn ein Verbraucher der Käufer ist. Verbraucher ist im Bürgerlichen Gesetzbuch definiert. Demnach ist u.a. entscheidend, ob die Ware zu einem privaten Zweck bestellt wird. Doch was ist, wenn der Kunde die Ware an eine Firmenadresse bestellt oder die Zahlung über ein Geschäftskonto erfolgt? Mit diesen Fragen beschäftigten sich zwei Amtsgerichte.

Lesen Sie mehr darüber, wann das Widerrufsrecht greift und wann nicht.

Das AG Münster hatte über einen Fall zu entscheiden (Urteil v. 29.8.2008, 7 C 4311/07), in dem der Kunde als Kläger den Widerruf eines Kaufvertrags über eine Dunstabzugshaube erklärt hat.

E-Mail-Adresse und Konto einer Firma

Der Kunde hatte die Ware unstreitig für die Küche in seiner Privatwohnung erworben, bei der Bestellung jedoch seine betriebliche E-Mail Adresse und sein betriebliches Bankkonto für die Zahlung angegeben. Ferner hat er im Bestellformular in das Feld „Firma“ den Namen seiner Galerie eingetragen, obwohl diese Angabe für eine Bestellung nicht notwendig war. Allerding gab er als Lieferadresse seine Privatadresse an.

Beurteilung bei Bestellung maßgeblich

Das AG Münster hat einen wirksamen Widerruf verneint. Der Kläger habe nicht als Verbraucher i.S.v. § 13 BGB, sondern als Unternehmer i.S.v. § 14 BGB gehandelt. Daher handele es sich hier nicht um ein Fernabsatzgeschäft und es bestehe kein Widerrufsrecht.

„Über die Zuordnung zum privaten oder unternehmerischen Bereich entscheidet … nicht der innere Wille des Handelnden, sondern der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt des Rechtsgeschäfts, in die auch die Begleitumstände einzubeziehen sind… Dabei ist auf eine Beurteilung ex ante, also bei Vertragsschluss, abzustellen.“

Im Zweifel für den Händler

Weiterhin hat das AG Münster festgelegt, dass wenn Zweifeln an der Verbrauchereigenschaft vorliegen, die Schutzvorschriften des Verbraucherrechts keine Anwendung finden sollen. Solche Zweifel seien hier gegeben:

„Die Auslegung des Inhalts des Rechtsgeschäfts bei Vertragsschluss ergibt, dass der Kläger den Vertrag als Unternehmer abgeschlossen hat. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers konnte die e-mail des Klägers unter Angabe seines Firmennamens nur so verstanden werden, dass die Bestellung für seine Firma erfolgte.

Dies wird noch durch die Bezahlung vom betrieblichen Konto bestätigt. Dass der Kläger nur ein Bankkonto für betriebliche und private Zahlungsvorgänge unterhält, war für die Beklagte nicht ersichtlich.

Allein die Tatsache einer abweichenden Lieferadresse führt nicht zu einer anderen Beurteilung, da diese nichts darüber aussagt, ob der Kaufgegenstand betrieblichen oder privaten Zwecken dienen soll.“

Verbraucher trotz Zusendung an Büroanschrift

Anders hat das AG Hamburg-Wandsbek, mit  (noch nicht rechtskräftigem) Urteil v. 13.6.2008 (716A C 11/08) entschieden. Im diesem Fall hatte die Kundin über die Internetplattform u.a. 3 Lampen an eine Büroanschrift bestellt. Unmittelbar nach Erhalt der Lampen erklärte die Klägerin den Widerruf.

Das AG Hamburg-Wandsbek hat in dieser Konstellation die Verbrauchereigenschaft der Klägerin bejaht und ist von einem wirksamen Widerruf  ausgegangen. Dies begründete das Gericht mit Zeugenaussagen, wonach die Ware trotz Lieferung an eine Büroanschrift privaten Zwecken diente:

„Der hierzu vernommene Zeuge K hat überzeugend und nachvollziehbar geschildert, dass er und seine Verlobte – die Kl. – erst kürzlich ein Haus erworben hätten, in welchem noch eine Reihe von Lampen fehlten.

Auch die Zeugen … bestätigten, dass die bestellten Lampen nicht für das Büro der Kl. vorgesehen waren, da der Kl. zum einen derartige Kompetenzen zum Erwerb von Einrichtungsgegenständen nicht zustehen und zum anderen die mit den Lampen zugesandten Pakete nicht geöffnet und ausgepackt, sondern von der Kl. mitgenommen wurden.“

Kundin war Anwältin

Bei dieser Sachlage habe die Klägerin die getätigten Rechtsgeschäfte ausschließlich als Privatperson und damit als Verbraucherin i.S.d. § 13 BGB geschlossen. Auch der Umstand, dass sie die Kanzleianschrift als Liefer- und Rechnungsanschrift angegeben hat, stehe dem nicht entgegen, da es allein der Abwicklungserleichterung für die Klägerin diente.

UPDATE: LG Hamburg entscheidet zugunsten des Händlers

Nach Informationen von Rechtsanwalt Dr. Bahr, Hamburg, der die Klägerin vertritt, hat das LG Hamburg nun zutreffend entschieden, dass der Klägerin kein Widerrufsrecht zusteht, weil sie bei der Bestellung objektiv als Unternehmerin aufgetreten ist. Die Klägerin habe allerdings bereits Revision gegen das Urteil des LG Hamburg v. 16.12.2008 (Az: 309 S 96/08) eingelegt. Diese hatte das LG zugelassen, da die Sache von grundlegender Bedeutung sei, so dass demnächst ein BGH-Urteil zu erwarten ist.

Tipp: Verbraucher ist in der Beweislast

Trotz verschiedener Gerichtsentscheidungen gilt immer der Grundsatz, dass derjenige, der sich auf für ihn günstige Tatsachen beruft, diese beweisen muss. Möchte sich also ein Kunde auf das Widerrufsrecht berufen, muss er im Zweifel seine Verbrauchereigenschaft nachweisen. Ein solcher Nachweis ist allerdings schon mehrfach gelungen. Gleichwohl sollten Händler bei Lieferungen an Firmenadressen, die über Geschäftskonten bezahlt werden, ruhig erst einmal von einer gewerblichen Bestellung ausgehen.

Siehe auch:

Widerrufsrecht: Private oder gewerbliche Bestellung?