Immer wieder werden fehlerhafte AGB-Bestimmungen Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen. In den meisten Fällen geht es um den materiellrechtlichen Verstoß. Das KG Berlin stellte aber jetzt klar, dass fehlerhafte AGB-Klauseln nicht immer eine Wiederholungs- oder eine Erstbegehungsgefahr mit sich bringen und damit abgemahnt werden können.
Im vom KG Berlin mit Beschluss v. 15.08.2008 (5 W 248/08) entschiedenen Fall hat ein Online-Händler einen Mitbewerber wegen unzulässiger Haftungsbegrenzung des Verkäufers in seinen AGB-Bestimmungen gerichtlich in Anspruch genommen. Das Gericht bejahte kurz den Verstoß gegen Verbraucherschutzregeln und setzte sich mit der für einen Wettbewerbsverstoß erforderlichen Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr aus.
Das KG hat entschieden, dass die beanstandete AGB-Klausel des Antragsgegners
“Der Käufer ist damit einverstanden mit einer Gewährleistungspflicht ... 1 Jahr bei Gebrauchtware”
als zeitliche Haftungsbegrenzung wegen eines Verstoßes gegen § 309 Nr. 7a, b BGB unwirksam sei. Für einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11, § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG fehle es aber an einer Wiederholungsgefahr.
Die Verwendung von unzulässigen AGB-Klauseln begründe grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr, so das KG. Diese beziehe sich auf deren erneutes Verwenden.
Das Gericht stellt aber klar, die Voraussetzung dieser Vermutung ist, dass es bereits zu einem Verstoß gekommen ist.
„Dies kann regelmäßig für die hier gegebenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche nur dann bejaht werden, wenn die AGB ... bereits bei einem Verkauf bzw. für ein Angebot derjenigen Waren verwendet bzw. gestellt worden sind, auf die sich die unzulässigen Klauseln beziehen.
Betrifft etwa - wie vorliegend - die unzulässige Klausel nur einen Verkauf gebrauchter Waren, dann ist zur Begründung einer Wiederholungsgefahr ein Wettbewerbsverstoß erforderlich, bei dem die AGB für gebrauchte Waren gestellt oder verwendet worden sind. Ansonsten kann die unzulässige Klausel von vornherein nicht zum Tragen kommen.“
Ein Angebot oder einen Verkauf gebrauchter Ware konnte hingegen von der Antragsstellerin hier nicht vorgetragen werden, was bedeutet, dass die falsche Klausel nie zur Anwendung gekommen ist.
Drüber hinaus stellte das Gericht fest, dass die Klagebefugnis der Antragstellerin gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG auf den Konkurrenzbereich (hier für gebrauchte Reitsportartikel) beschränkt ist. Eine Konkurrenz hinsichtlich der jeweils beworbenen Ware selbst sei allerdings nicht erforderlich, es reicht vielmehr ein Wettbewerbsverhältnis in einem bestimmten Warenbereich. Die beanstandete Wettbewerbshandlung müsse außerdem den Mitbewerber beeinträchtigen, d. h. in seinem Absatz behindern oder stören.
„Wenn die Antragstellerin darauf verweist, unzulässige Wettbewerbshandlungen in nicht konkurrierenden Marktbereichen förderten die wirtschaftliche Kraft des Unternehmens insgesamt und damit auch seine Stellung auf anderen (konkurrierenden) Märkten, auf denen dieses Unternehmen ebenfalls tätig ist, so begründet dies nur mittelbare und allgemeine wirtschaftliche Folgen, die schon kaum einen abstrakten Bezug herstellen. Ein solcher genügt grundsätzlich nicht zur Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses …“
Es fehle vorliegend schließlich die Erstbegehungsgefahr. Diese müsse nicht auf eine konkrete Absicht zu einem zukünftigen Verkauf von Gebrauchtware bezogen sein. Sie könne auch auf der Furcht vor einem versehentlichen Rückgriff auf veraltete AGB beruhen. Die bloße Erstbegehungsgefahr begründe nach Ansicht des KG Berlin aber ohnehin keinen Anspruch des Verletzten auf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung
Des Verkaufs von gebrauchter Ware - erst recht von gebrauchten Reitsportartikeln - habe sich der Antragsgegner nicht berühmt. Deshalb könne hier dahingestellt bleiben, ob aus dem Verkauf gebrauchter sonstiger Artikel eine Erstbegehungsgefahr bezüglich des Verkaufs gebrauchter Reitsportartikel folgen könnte, so das KG Berlin.
„Allein die Tatsache, dass die Klausel in den AGB des Antragsgegners bei den jeweiligen streitgegenständlichen eBay-Auktionsangeboten enthalten ist, rechtfertigt nicht die Annahme einer Berühmung oder eines sonstigen Anzeichens, das einen zukünftigen Eingriff unmittelbar befürchten lässt. Hierzu müssen greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das wettbewerbswidrige Verhalten in naher Zukunft bevorsteht.“
Das KG trägt der Tatsache Rechnung, dass in AGB-Bestimmungen auch Fallgestaltungen nicht selten aus ängstlicher rechtlicher Vorsorge oder weil diese schlicht aus Vorlagen übernommen worden sind, mitgeregelt werden, die ernsthaft noch gar nicht in Betracht kommen. Dies werde vorliegend auch dadurch belegt, dass die Antragstellerin im Prozess kein Angebot des Antragsgegeners mit gebrauchter Ware vortragen konnte.
„Unter diesen Umständen führt es nicht weiter, wenn der Antragsgegner die beanstandeten AGB trotz Abmahnung weiterhin verwendet. Damit mag er sich nur einen lästigen Umstellungsaufwand ersparen wollen.“
Aus der Verwendung der AGB des Antragsgegners für Neuware folge daher keine Verletzungshandlung. Damit verbleibe keine Handlung, deren Verbot im Wege einer Abstraktion erweitert werden könnte.
Damit verneinte das Gericht in dem Fall einen Unterlassungsanspruch der Antragsstellerin, die jetzt auch die Kosten des Rechtsstreites aus einem Streitwert von 5.000 € tragen muss.
Aber Achtung: Der BGH hat im Jahr 2010 klargestellt, dass Mitbewerber fehlerhafte AGB-Klauseln abmahnen können. Fehlerhafte AGB sind seit dem ein sehr häufiger Abmahngrund. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, lassen Sie sich beraten. Wir helfen Ihnen gerne!
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Siehe auch:
OLG Frankfurt a.M.: Unwirksame AGB-Klauseln können immer abgemahnt werden
OLG Köln: Unwirksame AGB sind nicht automatisch Abmahnungsgrund