Der Verkauf von Elektro- und Elektronikgeräten bietet reichlich Angriffspunkte für Abmahnungen von Wettbewerbern und hohe Bußgelder der Behörden. Vielfach sind Onlineshop-Betreibern die Beachtung die gesetzlichen Vorschriften nicht bekannt. Umso ärgerlicher und mit finanziellen Folgen verbunden sind die Fälle, in denen Mitbewerber wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aussprechen oder das Umweltbundesamt Bußgeldbescheide mit zum Teil erheblichen Forderungen versendet.
Lesen Sie mehr über Abmahnrisiken beim Verkauf von Elektro- und Elektronikgeräten in unserem Gastbeitrag von RA Rolf Albrecht.
Ein Blick auf das weithin wenig beachtete Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (Elektro- und Elektronikgerätegesetz) lohnt sich auf jeden Fall für alle Onlineshop-Betreiber, die solche Waren anbieten.
Das Elektro- und Elektronikgesetz (ElektroG) regelt in Deutschland die Entsorgung und Verwertung von Elektro- und Elektronikgeräten. Um die dabei anfallenden Kosten gerecht verteilen zu können, muss sich jeder Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten bei der „Stiftung Elektro-Altgeräte Register“ (Stiftung EAR) registrieren lassen und dieser monatlich die Menge der von ihm in Verkehr gebrachten Geräte mitteilen.
Die Registrierungspflicht gilt für Elektro- und Elektronikgeräte:
§ 3 ElektroG
(1) Elektro- und Elektronikgeräte im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Geräte, die zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb elektrische Ströme oder elektromagnetische Felder benötigen,
2. Geräte zur Erzeugung, Übertragung und Messung solcher Ströme und Felder, die für den Betrieb mit Wechselspannung von höchstens 1 000 Volt oder Gleichspannung von höchstens 1 500 Volt ausgelegt sind.
Die Geräte sind nach bestimmten Produktgruppen geordnet. Das Gesetz sieht dabei der Umfang der betroffenen Geräte in § 2 ElektroG geregelt.
§ 2 ElektroG
(1) Dieses Gesetz gilt für Elektro- und Elektronikgeräte, die unter die folgenden Kategorien fallen, sofern sie nicht Teil eines anderen Gerätes sind, das nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt:
1. Haushaltsgroßgeräte
2. Haushaltskleingeräte
3. Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik
4. Geräte der Unterhaltungselektronik
5. Beleuchtungskörper
6. Elektrische und elektronische Werkzeuge mit Ausnahme ortsfester industrieller Großwerkzeuge
7. Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte
8. Medizinprodukte mit Ausnahme implantierter und infektiöser Produkte
9. Überwachungs- und Kontrollinstrumente
10. Automatische Ausgabegeräte.
Eine beispielhafte Aufzählung findet sich auf der Homepage der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR).
Die Registrierungspflicht trifft gemäß § 6 Abs. 2 ElektroG zuerst den Hersteller der Geräte, also denjenigen, der Elektro- oder Elektronikgeräte gewerbsmäßig unter seinem Markennamen herstellt und erstmals im Geltungsbereich des Elektrogesetzes in Verkehr bringt.
§ 6 ElektroG
2) Jeder Hersteller ist verpflichtet, sich bei der zuständigen Behörde (§ 16) nach Maßgabe der Sätze 2 und 3 registrieren zu lassen, bevor er Elektro- oder Elektronikgeräte in Verkehr bringt. Der Registrierungsantrag muss die Marke, die Firma, den Ort der Niederlassung oder den Sitz, die Anschrift und den Namen des Vertretungsberechtigten enthalten. Dem Registrierungsantrag ist eine Garantie nach Absatz 3 Satz 1 oder eine Glaubhaftmachung nach Absatz 3 Satz 2 beizufügen. Jeder Hersteller hat die Registrierungsnummer im schriftlichen Geschäftsverkehr zu führen. Hersteller, die sich nicht haben registrieren lassen oder deren Registrierung widerrufen ist, dürfen Elektro- und Elektronikgeräte nicht in Verkehr bringen.
Zusätzlich unterliegt auch der Importeur der Registrierungspflicht, wenn er Geräte erstmals nach Deutschland einführt und hier in Verkehr bringt. Darunter fallen auch Onlineshop-Betreiber, die ihre Produkte z.B. direkt aus China oder anderen Ländern beziehen.
§ 3 Nr. 11 ElektroG
11) Hersteller im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, der unabhängig von der Verkaufsmethode, einschließlich der Fernkommunikationsmittel im Sinne des § 312b Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewerbsmäßig
1. Elektro- und Elektronikgeräte unter seinem Markennamen herstellt und erstmals im Geltungsbereich dieses Gesetzes in Verkehr bringt,
2. Geräte anderer Anbieter unter seinem Markennamen im Geltungsbereich dieses Gesetzes weiterverkauft, wobei der Weiterverkäufer nicht als Hersteller anzusehen ist, sofern der Markenname des Herstellers gemäß Nummer 1 auf dem Gerät erscheint, oder
3. Elektro- oder Elektronikgeräte erstmals in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einführt und in Verkehr bringt oder in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausführt und dort unmittelbar an einen Nutzer abgibt.
Zuletzt muss sich auch derjenige registrieren, der schuldhaft neue Elektro- und Elektronikgeräte nicht registrierter Hersteller zum Verkauf anbietet (§ 3 Abs. 12 ElektroG).
§ 3 Nr.12 ElektroG
Vertreiber im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, der neue Elektro- oder Elektronikgeräte gewerblich für den Nutzer anbietet. Der Vertreiber gilt als Hersteller im Sinne dieses Gesetzes, wenn er schuldhaft neue Elektro- und Elektronikgeräte nicht registrierter Hersteller zum Verkauf anbietet.
Der Händler muss selbst überprüfen, ob der tatsächliche Hersteller oder Importeur der Geräte bereits registriert ist, er darf sich dabei nicht auf die Angaben des Herstellers verlassen. Es empfiehlt sich daher ein Blick in das Verzeichnis registrierter Hersteller, das unter http://www.stiftung-ear.de/hersteller abrufbar ist.
Zugleich sollte Online-Shopbetreiber sich von dem Zwischenhändler oder Hersteller bestätigen lassen, dass die bestellten Waren bei der Stiftung EAR registriert sind. Weiterhin sollte die WEEE – Nr. erfragt werden.
Der Registrierungsantrag muss die Marke, die Firma, den Ort der Niederlassung oder den Sitz, die Anschrift und den Namen des Vertretungsberechtigten enthalten. Wenn ein Hersteller mehrere Marken und / oder Gerätearten in Verkehr bringt, muss er diese auch alle einzeln registrieren. Dies kann als Ergänzungsregistrierung oder als separate Registrierung erfolgen.
Nach erfolgter Registrierung erhält der Hersteller eine Registrierungsnummer (die sog. WEEE-Reg.), die im schriftlichen Geschäftsverkehr zu führen ist, z.B. in E-Mails und auf dem Briefkopf. Ebenfalls gilt dies für Angebotsschreiben oder Lieferscheine. Angebracht erscheint die Angabe der Registrierungsnummer auch auf Auftragsbestätigungen und auf Rechnungen.
Ob die Führung der Registierungsnummer auch bei der Bewerbung der Elektronikgeräte in einem Online-Shop zwingend geführt werden muss und ob das Fehlen einen Wettbewerbsverstoß begründet, ist nicht geklärt.
Der Online-Shopbetreiber sollte jedoch für alle Geräte, die der Registrierungspflicht unterliegen, die WEEE-Reg. vorsorglich in Rahmen des Angebotstextes erwähnen.
Neben der Registrierungspflicht muss der Hersteller alle Elektro- und Elektronikgeräte dauerhaft so kennzeichnen, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist. Außerdem muss die Kennzeichnung deutlich machen, dass das Gerät erstmals nach dem 13.08.2005 in Verkehr gebracht wurde.
Wenn der Unternehmer Geräte an Endverbraucher verkauft, muss er jährlich eine „insolvenzsichere Garantie“ vorlegen. Dadurch wird die Übernahme der Entsorgungskosten auch im Insolvenzfall sichergestellt. Auf solchen Geräten ist außerdem zur Kennzeichnung zusätzlich ein festgelegtes Symbol in Form einer durchgestrichenen Abfalltonne auf Rädern anzubringen.
Neben der Pflicht zur Registrierung und zur Kennzeichnung enthält das Elektrogesetz auch eine Entsorgungspflicht. Auf Anordnung der Stiftung Elektro-Altgeräte Register müssen Hersteller Container für Elektro-Altgeräte auf Recyclinghöfen bereitstellen oder abholen und die damit verbundenen Kosten übernehmen.
Bei Verstößen gegen die Registrierungspflicht (z.B. komplett fehlende Registrierung, fehlende Registrierung einzelner Marken, Nichtführen der Reg.-Nr. im Geschäftsverkehr) drohen empfindliche Bußgelder bis zu 50.000 € pro Fall. Das entsprechende Ordnungswidrigkeitenverfahren wird durch das Umweltbundesamt zentral geführt.
Vermehrt treten Fälle auf, in denen Wettbewerber Online – Shopbetreiber wegen eines Verstoßes gegen die Pflichten aus dem ElektroG kostenpflichtig abgemahnen.
Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 19.4.2007 Az.: I-10 W 18/07) hat z.B. entschieden, dass die vollständige fehlende Registrierung eines Händlers als Vertreiber von registrierungspflichtigen Elektrogeräten in einem Online-Shop ein Verstoß gegen den § 4 Nr.11 UWG darstellt.
Nach Ansicht des Gerichts ist § 6 Abs.2 ElektroG eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, weil
„die Registrierung Voraussetzung für den Vertrieb von Elektrogeräten ist. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG dürfen Hersteller, die sich nicht haben registrieren lassen, Elektrogeräte nicht in den Verkehr bringen. Derartige produktbezogene Vertriebsverbote stellen Marktverhaltensregelungen dar….
Dies geschieht im Interesse der Marktteilnehmer, auch wenn der Zweck des Gesetzes sicherlich zunächst in der Verfolgung der in § 1 umschriebenen abfallwirtschaftlichen und umweltpolitischen Ziele liegt. Das Gesetz sieht nämlich Verpflichtungen der Herstellergemeinschaft vor, denen sich der nicht registrierte Hersteller entziehen könnte. Dies führte dann zu einer entsprechenden gesteigerten Belastung der übrigen gesetzestreuen Hersteller, die ihrer Registrierungspflicht nachgekommen sind.“
Somit setzen sich alle Hersteller sowie Vertreiber von neue Elektro- und Elektronikgeräte nicht registrierter Hersteller, sich einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung aus, wenn eine entsprechende Registrierung nicht vorliegt.
Das gleiche Gericht hat nunmehr eine weitere wichtige Entscheidung in Bezug auf die Registrierungspflicht nach dem ElektroG getroffen.
Zwar bestätigt das OLG Düsseldorf seine Entscheidung aus dem Jahr 2007 und sieht die fehlende Registrierung nach § 6 Abs. 2 ElektroG weiterhin als Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG an.
Jedoch entschied das Gericht im konkreten Fall, dass nur die Registrierung dem Grunde nach unter die gesetzliche Regelung falle. Im zu entscheidenden Fall war ein Wettbewerber gegen ein Unternehmen im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vorgegangen und hat hier die fehlende Registrierung der Marke der angebotenen Waren bei der Stiftung EAR als Verstoß gegen die Registrierungspflicht des § 6 Abs. 2 ElektroG aufgefasst und mithin einen Wettbewerbsverstoß gegen die §§ 3, 4 Nr.11 UWG geltend gemacht.
Dieser Ansicht folgte das OLG Düsseldorf (Urteil vom 03.06.2008; Az.: I-20 U 207/07) nicht. Die Verpflichtung zur Angabe der Marke im Rahmen der Registrierung von Elektro- und Elektronikgeräten stelle nach Ansicht des Gerichts keine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar.
„Die Verletzung der Markenregistrierungspflicht löst aber ein solches produktbezogenes Vertriebsverbot nicht aus…. Ein damit (mit der Registrierung der Marke) direkt verknüpfter, darüber hinausgehender Schutz von Marktteilnehmern, insbesondere von Konkurrenten oder Verbrauchern, oder ein mit der Rechtsverletzung verbundener erheblicher finanzieller Vorteil sind nicht ersichtlich.“
Die fehlende Registrierung einer Marke, die jedoch verkauft wird, ist nach Ansicht des OLG Düsseldorf somit kein Wettbewerbverstoß, wenn der Hersteller und/oder Vertreiber gleichzeitig grundsätzlich bei der Stiftung EAR als Hersteller im Sinne des ElektroG registriert ist.
Ob andere Gerichte dieser Ansicht folgen werden, bleibt abzuwarten. Um nicht unnötig die Gefahr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung zu erzeugen, ist die Registrierung der angebotenen Marken im Rahmen der Stiftung EAR anzuraten.
Online-Shopbetreiber sollten sicherstellen, dass entweder die Hersteller, die Zwischenhändler oder in letzter Konsequenz die Shopbetreiber selbst bei der Stiftung EAR für den Verkauf der Elektro- und Elektronikgeräte registriert sind. Nur so können neben drohenden Bußgeldern auch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen vermieden werden.
Weitere Informationen:
http://www.stiftung-ear.de/
Zur Person des Autors
Rolf Albrecht
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Kanzlei volke2.0
http://www.volke2-0.de/
Die Kanzlei volke2.0 erwirkte in Zusammenarbeit mit Trusted Shops u.a. eine Entscheidung des LG Bielefeld, in der die Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahnwelle zu angeblich fehlerhaften Preisangaben festgestellt wurde. (cf)
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