ampelHäufig ist es für Shopbetreiber nicht möglich, die exakte Lieferzeit zu benennen, so dass die Angabe von “ca.” oder voraussichtlichen Lieferzeiten nahe liegt. In der Vergangenheit hatte jedoch eine Entscheidung des KG Berlin Unruhe gestiftet, nach der dies nicht möglich sein soll. Nun hat das LG Frankfurt a.M. (Urteil v. 03.07.2008 – 2-31 O 128/07) erfreulicherweise entschieden, dass eine Klausel, wonach die angegebenen Lieferzeiten als voraussichtlich zu verstehen sind, zulässig sei.

Lesen Sie mehr über die aktuelle Entscheidung und über Fallstricke bei der Lieferzeitangabe.

Im vom LG Frankfurt a.M. mit Urteil v. 03.07.2008 (2-31 O 128/07) entschiedenen Fall streiten zwei online-Anbieter von Hochzeitartikeln über die Verwirkung einer sog. Vertragsstrafe, die bei Verstoß gegen eine bereits abgegebende Unterlassungserklärung fällig wird. Die Beklagte hatte sich nach einer erfolgten Abmahnung in einer abgegebenen Unterlassungserklärung u.a. verpflichtet:

„es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mi Kauf- und Lieferverträgen gegenüber Verbrauchern wörtlich oder inhaltsgleich nachstehende Klauseln zu verwenden oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese zu berufen:

Liefertermine sind nur bindend, wenn diese schriftlich von uns zugesagt werden.“

Tücken verbindlicher Lieferfristen 

Zum Hintergrund: Es besteht vielfach das Bedürfnis, sich nicht auf eine verbindliche Lieferfrist einzulassen, weil bei Überschreitung dieser Frist, die meist vom Händler nicht zu beeinflussen, sondern vom Transportunternehmen zu verantworten ist, automatisch Lieferverzug eintreten würde mit der Folge, dass der Kunde Schadensersatz verlangen kann (sog. Fixgeschäft). 

Problematisch ist jedoch, wenn nicht mit offenen Karten gespielt und die Lieferfrist im “Kleingedruckten” für unverbindlich erklärt wird, während auf der Produktseite gar keine oder verbindliche Angaben zur Lieferzeit gemacht werden (z.B. “sofort lieferbar”).

Gerichtsentscheidungen zu Lieferzeitangaben 

Hier gab es bereits mehrere relevante Gerichtsentscheidungen:

  • Der BGH hat mit Urteil vom 7.4.2005 (I ZR 314/02) entschieden, dass der von der Werbung eines Internet-Versandhauses angesprochene Durchschnittsverbraucher in der Regel erwartet, dass die beworbene Ware unverzüglich versandt werden kann, wenn nicht auf das Bestehen einer abweichenden Lieferfrist unmissverständlich hingewiesen wird.
  • Das OLG Frankfurt hat mit Urteil v. 10.11.2005 (1 U 127/05, rechtskräftig) entschieden, dass die AGB-Klausel eines Online-Händlers “Die Lieferzeit ergibt sich aus dem elektronischen Katalog. Angaben über die Lieferfristen sind unverbindlich, soweit nicht ausnahmsweise der Liefertermin verbindlich und schriftlich zugesagt wurde” wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam ist.
  • Das LG Koblenz hat mit Urteil vom 7.2.2006 (4 HK O 165/05) entschieden, dass der Verbraucher einen Hinweis auf längere Lieferzeiten auf der Produktseite selbst erwartet, weil der Verbraucher nicht immer alle Seiten eines Internetauftritts aufrufe. Fehlt ein solcher Hinweis, sei die Werbung irreführend. Ein Hinweis in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die fehlende Lieferfähigkeit des konkreten Produktes sei nicht ausreichend. Damit wurde das BGH-Urteil weiter konkretisiert.
  • Das Kammergericht Berlin hat mit Beschluss vom 3. April 2007 (Geschäftsnummer: 5 W 73/07) entschieden, dass die Formulierung „Eine Übergabe an den Paketdienst erfolgt in der Regel 1 – 2 Tage nach Zahlungseingang, bei kundenspezifischen Anfertigungen ca. 7 Tage – 10 Tagen nach Zahlungseingang“ und „Bitte beachten sie bei der Bestellung, dass die Lieferzeiten der Post meist bis zu 10 Tagen dauern kann. Bei H. ca. 4 – 6 Tage.“ in den AGB eines Online-Händlers unwirksam und zugleich wettbewerbswidrig sei.

Zirka-Lieferzeiten wirklich unzulässig? 

Insbesondere die Entscheidung des Kammergerichts hat einige “Experten” zu der Annahme verleitet, dass im Internet stets verbindliche Lieferfristen zu nennen seien. Dies ist so jedoch nicht zutreffend. Denn nach ständiger Rechtsprechung sind Zirka-Lieferzeiten zulässig und möglich. Es geht vielmehr darum, dass die Angaben auf Artikelseiten und in den AGB übereinstimmen müssen.

Es darf also nicht so sein, dass auf der Artikelseite eine Lieferzeit von “1-3 Tagen” genannt wird, in den AGB aber alles für unverbindlich erklärt wird. Ist hingegen von “ca. 1-3 Tagen” die Rede, ist ein Hinweis in den AGB, dass es sich um unverbindliche Lieferzeiten handelt, lediglich ein klarstellender Hinweis und keine Außerkraftsetzung der Angaben auf der Artikelseite durch das Kleingedruckte.

Zulässige AGB-Klausel 

In diesem Sinne entschied nun erfreulicherweise auch das LG Frankfurt a.M. In dem entschiedenen Fall hatte der abgemahnte Händler nach Abgabe der beschriebenen Unterlassungserklärung später folgende Klausel verwendet:

„Angaben über die Lieferfrist verstehen sich als voraussichtliche Lieferzeiten.“

Das LG Frankfurt a.M. hat die Klage zurückgewiesen und entschieden, dass die Beklagten die Vertragsstrafe nicht durch eine Zuwiderhandlung der Unterlassungsverpflichtung nach § 339 Satz 2 BGB verwirkt haben.

Mit der Verwendung der Klausel ,,Angaben über die Lieferfrist verstehen sich als voraussichtliche Lieferzeiten” hätten die Beklagten, so das LG Frankfurt a.M., der Verpflichtung, die Klausel „Liefertermine sind nur bindend, wenn diese schriftlich von uns zugesagt werden” nicht mehr zu verwenden, nicht zuwider gehandelt. Die Klausel würde nicht identisch verwendet und sei mit der alten auch nicht inhalts- oder kerngleich.

„Die ursprünglich verwendete Klausel musste sich an § 308 Nr. 1 BGB messen lassen. Danach ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die sich der Verwender nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Erbringung einer Leistung vorbehält.

Der Kunde muss daher in der Lage sein, das Fristende selbst zu erkennen oder zu errechnen … . Unzulässig ist danach eine Klausel, die den Fristbeginn von einem Ereignis im Bereich des Verwenders abhängig machen, etwa von der Bestätigung des Verwenders … .

Dies war vorliegend der Fall. Denn Liefertermine sollten nur dann bindend sein, wenn sie von den Beklagten schriftlich zugesagt werden. Die neue Klausel hat keinerlei Bezug zu einer Abhängigkeit der Verbindlichkeit von einer (schriftlichen) Bestätigung.“

Weiterhin fehle auch das nach § 339 S. 2 BGB für die Verwirkung der Vertragsstrafe erforderliche Verschulden.

Es „… kann inhaltlich kein Unterschied zwischen “Zirka-Fristen” und “voraussichtlichen Lieferzeiten” ausgemacht werden. Erstere werden jedoch als wirksam i. S des § 308 Nr. 1 BGB angesehen … Was jedoch als AGB-Klausel einhellig in Literatur und Rechtsprechung als wirksam betrachtet wird, kann auf der Verschuldensebene bei Auslegung der Unterlassungserklärung … nicht als strafbewehrter Verstoß betrachtet werden.“

Artikelseiten und AGB müssen übereinstimmen 

Wichtig ist also, dass Lieferzeitangaben mit den AGB korrespondieren. Werden (verbindliche) Maximallieferzeiten auf der Produktseite genannt, dürfen diese in AGB nicht relativiert werden. Solche Angaben können allerdings irreführend sein, wenn die Lieferzeit nicht immer garantiert werden kann, denn dann wird ein Kunde u.U. wegen dieser Angabe das Angebot bevorzugen und im Nachhinein enttäuscht.

Werden Zirka-Lieferzeiten genannt, darf auch in AGB eine entsprechende Klarstellung erfolgen, dass es sich bei den Angaben nicht um verbindliche Termine handelt. Allerdings ist eine solche Klarstellung aus rechtlichen Gründen überflüssig. Entscheidend sind immer die konkreten Angaben auf den Produktseiten. (cf)

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