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Neues Wettbewerbsrecht: Künftig auch unbedeutende Fehler im Impressum abmahnbar?

Bislang differenziert die Rechtsprechung bei der Entscheidung über die Berechtigung einer Abmahnung danach, ob ein schwerwiegender oder undedeutender Fehler im Impressum vorliegt. So entschied etwa das OLG Hamburg, dass das Fehlen der Handelsregisternummer und der zuständigen Aufsichtsbehörde zwar gegen § 5 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 TMG verstößt, jedoch nur eine unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs vorliegt. Das könnte sich unter Geltung der europäischen Lauterkeitsrichtline, deren Umsetzung in Deutschland überfällig ist, ändern, wie das OLG Hamm entschied.

Das Bundeskabinett hat am 21. Mai 2008 einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beschlossen. Die Novelle setzt die EU-Richtlinie 2005/29/EG um, deren Umsetzungsfrist bereits im Dezember 2007 abgelaufen war, und baut das hohe Verbraucherschutzniveau im Wettbewerbsrecht aus, das in Deutschland bereits mit der letzten Reform des UWG im Jahr 2004 geschaffen wurde.

Große Auswirkungen auf den Onlinehandel

Die Reform hat auch große Auswirkungen auf dem Online-Handel, insbesondere die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Informationspflichten im Fernabsatz und elektronischen Geschäftsverkehr. Kürzlich hatte etwa das KG Berlin entschieden, dass es eine nicht abmahnbare Bagatelle sei, den Vornamen des Geschäftsführers einer GmbH & Co. KG nur abgekürzt zu nennen. Anders ist dies zu beurteilen, wenn der Vorname eines Einzelgewerbetreibenden abgekürzt wird. Das OLG Koblenz hielt das Fehlen der Aufsichtsbehörde nur für einen Bagatellverstoß. Anders liegt der Fall, wenn nur eine Postfachanschrift statt einer ladungsfähigen Anschrift genannt wird.

Ob die Bagatellklausel des § 3 UWG greift, ist eine Frage des Einzelfalls, je nachdem, inwieweit das Unterlassen der Impressumsangabe tatsächlich geeignet ist, zu einer Beeinträchtigung geschützter Interessen der Marktteilnehmer zu führen. Diese Bagatellklausel wird es in dieser Form jedoch nicht mehr geben.

Bislang differenzierte Rechtsprechung

In einem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall (Beschluss v. 03.04.2007, 3 W 64/07), der vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Lauterkeitsrichtlinie entschieden wurde, fand dies noch keine Berücksichtigung. Hier wurde ein Immobilienmakler wegen einer unvollständigen Anbieterkennzeichnung abgemahnt. Das OLG Hamburg sah darin zwar einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 TMG:

„Gemäß § 34 c Abs. 1 Nr. 1 a GewO bedarf die von der Antragsgegnerin ausgeübte Tätigkeit – Vermittlung und Nachweis von Immobilien – der behördlichen Erlaubnis. … Die für die Erteilung der Gewerbeerlaubnis zuständige Behörde ist auch als Aufsichtsbehörde im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG anzusehen, weil sich ihre Tätigkeit nicht nur auf die einmalige Erlaubniserteilung beschränkt, sondern sie auch nachträglich prüfen muss, ob ein Widerruf der Gewerbeerlaubnis wegen Wegfalls der für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen oder eine Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit gemäß § 35 GewO geboten ist.“

Da im Impressum die zuständige Behörde nicht angegeben wurde, liege ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG vor. § 5 Abs. 1 TMG sei auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Somit liege auch ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG vor.

Bagatellverstöße: Fehlende Aufsichtsbehörde oder Handelsregisternummer

Allerdings sei die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG hier nicht überschritten. Entscheidend sei hierfür die wettbewerbliche Relevanz des Verstoßes. Diese sei zweifellos gegeben, wenn sich der Anbietergezielt in die Anonymität des Internets flüchte, um sich der Rechtsverfolgung der Marktteilnehmer zu entziehen. Dies sei hier nicht der Fall:

„Durch die ansonsten nahezu vollständigen Impressumsangaben besteht für die Nutzer des Teledienstes der Antragsgegnerin ohne weiteres die Möglichkeit, sich über ihren Vertragspartner ausreichend zu informieren und bei Verstößen gegen Rechtspflichten, den Vertragspartner in Anspruch zu nehmen. … Weiter ist nicht dargelegt, dass hierdurch in nicht nur unerheblicher Weise ungleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern herbeigeführt werden.“

Auch bezüglich der fehlenden Handelsregisternummer sei die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG nicht überschritten:

„Es ist nicht glaubhaft gemacht worden, und auch nicht erkennbar, dass Verbraucher oder Mitbewerber der Antragsgegnerin gerade durch die fehlende Angabe der Handelsregisternummer wettbewerbliche Nachteile erleiden müssten. Maßgeblich für die rechtliche Durchsetzung etwaiger Ansprüche gegen die Antragsgegnerin wäre vielmehr die Angabe des zuständigen Handelsregisters. Einen diesbezüglichen Unterlassungsanspruch hat der Antragsteller jedoch nicht geltend gemacht.“

OLG Hamm: Fehler im Impressum kann keine Bagatelle mehr sein

Genau diese Möglichkeit, einen Verstoß als Bagatelle einzuordnen, könnte den Gerichten aber künftig verwehrt sein.

In einem vom OLG Hamm entschiedenen Fall (Beschluss v. 13.03.2008, I-4 U 192/07) hat das Gericht die Parteien darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein Bagatell-Fall vorliegt, seit dem 12. Dezember 2007 auch die Vorschriften der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken zu berücksichtigen seien. Die Richtlinie könne zwar vor ihrer Umsetzung keine unmittelbare Geltung beanspruchen. Die Bestimmung des nationalen Rechts, also auch § 3 UWG seien aber richtlinienkonform auszulegen:

„Im Hinblick darauf soll es nach § 3 Abs. 2 Satz 2 des Referentenentwurfs zum neuen UWG nunmehr darauf ankommen, ob die Wettbewerbshandlungen geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Das ist aber schon dann zu bejahen, wenn einer Verordnung des europäischen Gesetzgebers, die die Verbraucher schützen soll, in der Weise zuwider gehandelt wird, dass die darin geregelten Informationspflichten verletzt werden.

Nach Artikel 7 Abs. 5 der UGP-Richtlinie werden als wesentlich nämlich alle Informationen eingestuft, die das Gemeinschaftsrecht in Bezug auf die kommerzielle Kommunikation vorsieht. Zu solchen Informationen gehören nach Anhang II zu dieser Vorschrift gerade auch die Pflichtangaben des Art. 5 der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Verkehrs im Binnenmarkt.“

Die Richtlinie 2000/31/EG wurde in § 6 TDG umgesetzt. § 6 TDG entspricht seinerseits der Regelung des § 5 TMG und verlangt die Angabe des Handelsregisters und der entsprechenden Registernummer.

Unabhängig von dieser eindeutigen europarechtlichen Vorgabe sei es auch gerade Zweck der Anbieterkennzeichnung, darauf hinzuwirken, dass gewisse Standards bei der Angabe von dem Verbraucherschutz dienenden Informationen gebildet und eingehalten werden. Auch im Hinblick darauf liege auch nach nationalem Recht immer dann schon ein nicht nur unwesentlicher Verstoß vor, wenn solche Pflichtangaben wie hier völlig unterbleiben:

„Eine Unterscheidung danach, welche der Pflichtangaben, die der Gesetzgeber in dem TMG für erforderlich hält, wesentlich sind und welche nicht, verbietet sich ohnehin.“

Es komme noch hinzu, dass Verstöße gegen eine solche Verbraucherschutzbestimmung auch generell geeignet seien, den betreffenden Händlern wegen der Nichteinhaltung der Informationspflichten einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, die umfassend informieren. Die fehlende Information könne hier auch dazu führen, dass der Verbraucher keinen genauen Überblick darüber erhält, welche Probleme ihm dadurch entstehen können, dass es sich bei dem Anbieter um eine Limited handelt, über die er weder etwas weiß noch von unabhängiger Seite erfahren kann.

„Gerade bei registrierten Gesellschaften, zu denen auch ein Limited gehört, besteht aber ein Interesse der Verbraucher, Informationen darüber zu erlangen, wo diese registerrechtlich beheimatet ist, ob sie in einem deutschen Register eingetragen sind, wer die Gesellschafter sind und wie ihre Vertragsverhältnisse geregelt sind.“

Das könnte ein Verbraucher dem hier vorliegenden Internetauftritt gerade nicht entnehmen. Die Anschrift der Gesellschaft, die Angabe des Geschäftsführers und die Regelung in den AGB, dass deutsche Recht anwendbar sein sollte, reichten insoweit nicht, wie schon das Gesetz deutlich mache. Das Verhalten der Antragsgegnerin könne zudem im Falle der Verneinung eines Verstoßes anderen Gesellschaften als Internetanbietern einen Anreiz bieten, das dem Gesetzeszweck entgegenstehende Verhalten nachzuahmen, um dadurch so wenig wie möglich über sich preiszugeben. Gerade bei unzureichenden Informationen im Internet bestehe fast immer eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr, die zudem die Verbraucher verunsichern könne.

Informationspflichten und Widerrufsrecht unbedingt beachten

Künftig dürfte es also für die wettbewerbsrechtliche Relevanz anders als bislang nicht darauf ankommen, gegen welche Informationspflicht des § 5 TMG oder auch der § 312c BGB i.V.m. § 1 BGB-InfoV und § 312e BGB i.V.m. § 3 BGB-InfoV verstoßen wird, da das europäische Recht alle Informationen als insoweit gleich relevant einstuft. Umso wichtiger wird es, Informationspflichten und Widerrufsrecht akribisch zu beachten, um nicht einem latenten Abmahnrisiko ausgesetzt zu sein. (cf)

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