OLG Hamburg: 4 Wochen statt 1 Monat Widerrufsfrist wettbewerbswidrig

olg-hamburg1Das OLG Hamburg hat mit Beschluss vom 26.3.2007 (Az: 3 W 58/07) entschieden, dass wenn die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 S. 2 BGB "einen Monat" beträgt, die Angabe einer Frist von "4 Wochen" wettbewerbswidrig ist. Insbesondere handele es sich nicht um einen Bagatellverstoß. Anders hatte zuvor das LG Hamburg entschieden, dass die Nennung von 4 Wochen zwar falsch, jedoch nicht geeignet sei, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.

Bekanntlich sind das OLG Hamburg und das Kammergericht Berlin im Gegensatz zu verschiedenen Landgerichten der Auffassung, dass bei Verkäufen über eBay die Widerrufsfrist nicht zwei Wochen, sondern einen Monat betrage, weil die Belehrung in Textform erst nach Vertragsschluss im Sinne von § 355 Abs. 2 S. 2 BGB mitgeteilt werde. Eine zweiwöchige Frist befürworten hingegen die Landgerichte Berlin, Flensburg und Paderborn. Geht man aber von einer Monatsfrist aus, ist das etwas anderes als eine 4-Wochen- oder eine 30-Tage-Frist.

Fraglich ist jedoch, ob dieser Unterschied so gravierend ist, dass der Klauselverwender dadurch einen Wettbewerbsvorteil hat, was Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist. Das LG Hamburg (Az: 406 O 338/06) führte hierzu aus:

"Im übrigen hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der sehr restriktiven Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichtes zur Erheblichkeitsklausel des § 3 UWG (vgl. etwa Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg vom 17. Januar 2007 – 3 W 231/06) die Unterschreitung der Monatsfrist des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB um maximal einen Tag für wettbewerbsrechtlich irrelevant im Sinne des § 3 UWG."

Strenger entschied nun überraschend das Hanseatische Oberlandesgericht. Obwohl es um maximal einen Tag Unterschied bei der Widerrufsfrist geht, sei die Angabe einer 4-wöchigen Frist keine Bagatelle, die nicht abmahnfähig wäre. Hierzu schreiben die Richter:

"Dass die Belehrung über die Widerrufsfrist nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und damit der objektive Tatbestand gegen eine das Marktverhalten regelnde Norm gegeben ist, sieht auch das Landgericht so. Es meint aber, dass die Bagatellgrenze des § 3 UWG nicht überschritten sei. Der Senat ist anderer Auffassung.

Bei der Verletzung von Informationspflichten, die vom Gesetz zum Schutz des Verbrauchers vorgeschrieben werden, wird eine fehlerhafte Belehrung in aller Regel - und so auch hier - nicht als Bagatellfall im Sinne von § 3 UWG bewertet werden können. Dazu hat der BGH noch unter Geltung alten Rechts in der Entscheidung „Belehrungszu­satz" (GRUR 02, 1085, 1088) ausgeführt, dass die Verwendung einer Widerrufserklärung, die nicht dem Deutlichkeitsgebot entspricht, wesentliche Belange der Verbraucher berührt. Dies gilt auch für die fehlerhafte Angabe von Widerrufsfristen. § 3 UWG stellt u. a, darauf ab, ob eine Wettbewerbshandlung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.

Bei der fehlerhaften Angabe einer Widerrufstrist, die im Regelfall kürzer ist als die gesetzlich vorgeschriebene Monatsfrist, besteht ein hoher Grad an Nachahmungsgefahr. Dies birgt jedenfalls die Gefahr in sich - und es kommt nur auf die Geeignetheit einer Handlung zur mehr als nicht nur unwesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs an -, dass die vom Gesetzgeber zum Schutze der Verbraucher vorgeschriebene Frist sich aus der Sicht relevanter Anteile des Verkehrs faktisch auf eine sol­che von lediglich vier Wochen verkürzen könnte."

Entscheidet man sich also, das Abmahnrisiko zu minimieren und bei eBay mit einer längeren Frist zu arbeiten, sollte auch von einem Monat die Rede sein und nicht von 30 Tagen oder 4 Wochen. Auch wenn andere Gerichte dies als Bagatelle einstufen könnten, besteht wie immer das Problem, dass Abmahner sich das Gericht aussuchen können, das die eigene Auffassung teilt (sog. "fliegender Gerichtsstand"). Und dies wird in diesem Fällen, wie so häufig, im Zweifel mal wieder das OLG Hamburg sein.

04.04.07