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AG Charlottenburg: Kosten bei Abmahnung

Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit Urteil vom 11.4.2005 (236 C 282/04) entschieden, dass einem abmahnenden Rechtsanwalt nur eine Pauschale in Höhe von 100 EUR (statt ca. 450 EUR) zusteht, wenn bereits zuvor eine Vielzahl gleich lautender Abmahnungen (hier: wegen einer Urheberrechtsverletzung) verschickt wurden. Das Gericht begründet diese für Händler begrüßenswerte Entscheidung damit, dass es sich um ein Standardschreiben handelt, das auch von einer Schreibkraft des Rechtsanwaltes angepasst und verschickt werden kann.

Im zu entscheidenden Fall hatte der abgemahnte Website-Betreiber Kartenmaterial (Stadtplanauszüge) der Klägerin eingebunden, ohne zuvor eine entsprechende Lizenz erworben zu haben. Das klagende Unternehmen, das seine Einnahmen nicht in erster Linie mit dem Verkauf von Lizenzen, sondern der Verfolgung von Urheberrechtsverstößen erzielt, ließ den Urheberrechtsverletzer auch in diesem Fall von seinem Rechtsanwalt abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Dabei übersandte der Anwalt auch seine Kostenrechung in Höhe von 457,40 EUR, die er vom Rechtsverletzer ersetzt verlangte.

Das Gericht entschied zunächst, dass es sich um eine Urheberrechtsverletzung handelte und sprach der Klägerin auch eine sog. fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 300 EUR zu. Dieser Betrag wäre nach Schätzung des Gerichts bei ordnungsgemäßem Erwerb einer Lizenz für das verwendete Kartenmaterial fällig gewesen, so dass die Klägerin einen entsprechenden Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG hat.

Hinsichtlich der Anwaltskosten entschied das Gericht, dass auch diese aus dem Gesichtspunkt der sog. Geschäftsführung ohne Auftrag von der Beklagten zu tragen seien, da es sich hier um eine berechtigte Abmahnung handelte. Die Kosten beliefen sich allerdings, so das Gericht, nicht auf die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten, sondern auf eine nach § 287 ZPO vom Gericht geschätzte angemessene Pauschale in Höhe von 100 EUR. Zu ersetzen seien lediglich die erforderlichen Aufwendungen, d.h. das, was ein verständiger Abmahner aufwenden würde, um den Störer angemessen anzusprechen und von weiteren Verstößen abzuhalten, ohne dass gerichtliche Hilfe erforderlich ist.

Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Abmahner eine Vielzahl gleichartiger Unterlassungsprozesse beim gleichen Gericht anhängig ist, und dass auch nur ein Bruchteil der Abgemahnten gerichtlich auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen werden muss, weil viele schon aufgrund der außergerichtlichen Abmahnung zahlten. Hinzu käme, dass es sich um einen relativ einfachen Fall handelt, so dass die Ermittlung der Rechtsverletzer vermutlich aufwändiger sei als das Erstellen der Abmahnung als reines Formschreiben. Hierfür sei ein Betrag in Höhe von 100 EUR angemessen, weil es sich um eine gehobene AssistentInnentätigkeit handele, die nicht länger als 30 Minuten in Anspruch nehmen sollte.

Das Urteil ist aus Sicht eines jeden Website-Betreibers begrüßenswert. Immer wieder versuchen Anwälte aus oft unbewussten Rechtsverletzungen Profit zu schlagen, sehr zum Ärger der Website-Betreiber. Grundsätzlich ist die Abmahnung zwar ein legitimes Mittel der Rechtsverfolgung, jedoch gibt es auch missbräuchliche Fälle, in denen es in erster Linie darum geht, einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen und Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Der Gesetzgeber hat im August 2004 auch eine entsprechende Missbrauchsklausel in das neue Wettbewerbsrecht aufgenommen (§ 8 Abs. 4 UWG).

Dennoch kann das vorliegende Urteil nicht auf alle Abmahnfälle übertragen werden. Zu berücksichtigen sind immer die Umstände des Einzelfalls. Handelt es sich nicht um eine standardisierte Mehrfachabmahnung einer Vielzahl gleichartiger verstöße (wie hier: Urheberrechtsverletzungen) oder ist der Rechtsverstoß nicht ohne weiteres zu erkennen, können durchaus auch hohe Rechtsanwaltskosten angemessen sein. Das Urteil macht jedoch deutlich, dass jede Abmahnung im Einzelfall geprüft werden muss, um die richtige Handlungsweise zu ermitteln. Häufig muss zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben und Schadensersatz gezahlt werden. Wortlaut der Erklärung und Höhe der Forderung können aber häufig abgeändert bzw. reduziert werden. Die Prüfung sollte unbedingt ein Rechtsanwalt vornehmen.