Wer einen B2B-Shop betreibt, musste bisher strenge Anforderungen erfüllen, um nicht doch alle verbraucherschützenden Vorschriften erfüllen zu müssen. Der BGH ließ jetzt eine einfache Bestätigung der Unternehmereigenschaft ausreichen. Dies ist ein enormer Richtungswechsel in der Rechtsprechung.
Der BGH (Urt. v. 11.5.2017, I ZR 60/16) musste sich mit der Frage beschäftigen, ob ein Unternehmer gegen eine Unterlassungserklärung verstoßen hatte.
Im Jahr 2012 verpflichtete sich der Unternehmer, es zu unterlassen, künftig seine Produkte im Fernabsatz an Verbraucher zu verkaufen, ohne über z.B. das Widerrufsrecht zu informieren.
Im Jahr 2013 veranlasste die Klägerin einen Rechtsanwalt zu einem Testkauf in dem Shop.
Zum Zeitpunkt dieses Testkaufs enthielt der Shop folgenden Hinweis:
"Verkauf nur an Unternehmer, Gewerbetreibende, Freiberufler und öffentliche Institutionen. Kein Verkauf an Verbraucher i.S.d. § 13 BGB."
In räumlicher Nähe zum Bestellbutton befand sich dann noch der folgende Text:
"Hiermit bestätige ich, dass ich die Bestellung als Unternehmer und nicht als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB tätige und die allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis genommen habe."
Der mit der Testbestellung beauftragte Anwalt gab in dem Feld "Firma" das Wort "privat" ein.
Hinweise auf das Widerrufsrecht fanden sich nicht. Auch andere verbraucherschützende Normen wurden nicht eingehalten.
Daher machte die Klägerin die vereinbarte Vertragsstrafe geltend.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Zur Begründung führte das OLG Brandenburg aus, dass der von der Klägerin mit dem Testkauf beauftragte Anwalt schon gar kein Verbraucher sei und deswegen ein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung nicht vorliege.
Diese Auffassung bestätigte der BGH zunächst.
" Das Berufungsgericht hat in tatrichterlicher Würdigung angenommen, objektiver Zweck des Erwerbs der Briefumschläge im Online-Shop der Beklagten sei gewesen, im Auftrag der Klägerin die Einhaltung der Verpflichtungen der Beklagten aus den Unterlassungserklärungen vom 19. und 28. September 2012 zu überprüfen.
Die Klägerin habe den Testkauf durch Rechtsanwalt E. veranlasst. Tätige ein Rechtsanwalt einen solchen Testkauf, sei das Geschäft seiner beruflichen Sphäre zuzuordnen. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen."
Der eigentliche Paukenschlag des BGH kommt dann direkt danach. Denn bisher ging man in der Rechtsprechung fest davon aus, dass ein textlicher Hinweis auf einen reinen B2B-Shop nicht ausreichend sei, sondern dass der Online-Händler zu kontrollieren und sicherzustellen habe, dass tatsächlich nur Gewerbetreibende in ihrem Shop einkaufen können.
Dies folgte aus "uralter" BGH-Rechtsprechung. Zuletzt hat das OLG Hamm eine solche Kontrolle immer wieder gefordert.
Im Shop der Beklagten befand sich der Hinweis auf den ausschließlichen Verkauf an Gewerbetreibende auf jeder Seite.
"Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich der Testkäufer über den auf jeder Seite im Online-Shop der Beklagten enthaltenen deutlichen Hinweis hinweggesetzt, ein Verkauf erfolge nur an Unternehmer, Gewerbetreibende, Freiberufler und öffentliche Institutionen, nicht jedoch an Verbraucher im Sinne des § 13 BGB.
Er hat darüber hinaus durch Auslösen des Bestellbuttons die unmittelbar darüber befindliche Erklärung bestätigt, dass er die Bestellung als Unternehmer und nicht als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB tätige.
Der Testkäufer hat damit zunächst im Einklang mit der objektiven Sachlage den Anschein eines gewerblichen Erwerbszwecks erzeugt und erst anschließend bei den jetzt möglichen Eingaben zur Bestellung das Wort "privat" bei der Abfrage der Unternehmensbezeichnung eingetragen, umso in bewusstem Widerspruch zu seinem vorherigen Verhalten einen privaten Erwerbszweck behaupten zu können.
Unter diesen Umständen ist es der Klägerin verwehrt, sich auf ein Handeln ihres Testkäufers als Verbraucher zu berufen. Wer eine Sache von einem Unternehmer kaufen will, der zu einem Geschäftsabschluss mit einem Verbraucher nicht bereit ist, kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Schutz Verbraucher begünstigender Vorschriften nicht dadurch erreichen, dass er sich gegenüber dem Unternehmer wahrheitswidrig als Händler ausgibt.
Handelt der Vertragspartner des Unternehmens insoweit unredlich, so ist ihm die spätere Berufung darauf, er sei in Wahrheit Verbraucher, nach Treu und Glauben verwehrt.
Dieser Rechtsgedanke gilt auch im Streitfall, in dem der Testkäufer der Klägerin der Beklagten bestätigt hat, gewerblich zu handeln, um anschließend im Widerspruch dazu den Anschein eines Verbrauchergeschäfts hervorzurufen. [...]
Der Testkäufer hat sich über den auf jeder Seite im Online-Shop der Beklagten enthaltenen Hinweis hinweggesetzt, ein Verkauf erfolge nur an Unternehmer, Gewerbetreibende, Freiberufler und öffentliche Institutionen, und darüber hinaus ausdrücklich bestätigt, dass er die Bestellung als Unternehmer tätige.
Die Angabe einer auf Vor- und Nachnamen lautenden E-Mail-Adresse musste unter diesen Umständen aus Sicht der Beklagten nicht gegen einen beruflichen oder gewerblichen Verwendungszweck sprechen.
Zwar konnte der Eintrag "privat" im Feld "Firma" trotz der vorherigen, anderslautenden Erklärung bei der Beklagten Zweifel wecken, ob es sich nicht doch um eine Bestellung für den privaten Bedarf handelte.
Der Umstand, dass die Beklagte die Bestellung unter diesen Umständen trotz widersprüchlicher Angaben des Käufers ausführte, hindert sie jedoch nicht, geltend zu machen, dieser Testkauf stelle keine eine Vertragsstrafe auslösende Zuwiderhandlung gegen ihre Unterlassungspflichten dar."
Der BGH verlangt in der Entscheidung nicht, dass der Online-Händler das Vorliegen der Gewerbeeigenschaft umständlich prüfen muss.
Die Entscheidung des BGH erleichtert es zahlreichen Online-Händlern, ihren Shop auf gewerbliche Kunden zu beschränken.
Wichtig ist dabei, dass der Hinweis, man werde Verträge nur mit gewerblichen Kunden
Aber natürlich kann der Hinweis nicht einfach eingefügt werden, um absichtlich die verbraucherschützenden Vorschriften zu umgehen. Hier wird es in Zukunft sicher noch Abgrenzungsschwierigkeiten geben. Dabei wird es auch darauf ankommen, ob die Produkte, die im Shop angeboten werden, typischerweise eher von Gewerbetreibenden oder von Verbrauchern genutzt werden.
Am Ende gilt aber hier auch der Grundsatz "Wer lesen kann, ist klar im Vorteil". Wenn der Online-Händler den Kunden so oft darauf hinweist, dass er nur Verträge mit Gewerbetreibenden schließt und sich die Gewerbetreibenden-Eigenschaft auch noch bestätigen lässt, dann aber jemand, der kein Gewerbetreibender ist unter Umgehung dieser Vorgaben eine Bestellung tätigt, ist auch nicht mehr schutzwürdig. Denn es muss ja schon eine böse Absicht hinter einem solchen Verhalten stecken. (mr)
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