Sei es nun eine DVD mit einem Splatter-Zombie-Film oder ein exquisiter Whisky – viele Produkte, die im Internet verkauft werden, sind nicht für Jugendliche bestimmt. Was im Ladengeschäft durch eine simple Ausweiskontrolle möglich ist, stellt den Online-Händler vor größere Herausforderungen. Wie können Sie sicherstellen, dass Sie nicht gegen Jugendschutzbestimmungen verstoßen und welche Anforderungen stellt die Rechtsprechung an Systeme zur Altersverifikation?
Wir haben die wichtigsten Fakten für Sie zusammengetragen!
Gesetzliche Grundlage für die Anforderungen an den Verkauf von Filmen, Computerspielen, Alkohol und Tabak bildet das Jugendschutzgesetz (JuSchG). Daneben gibt es für verschiedene Produktkategorien (z.B. Waffen) weitere Gesetze, die entsprechende Altersbeschränkungen vorsehen.
Ein Verkauf von Trägermedien wie DVDs oder Konsolenspiele an Minderjährige ist nur dann gestattet, wenn diese von einer Organisation der freiwilligen Selbstkontrolle (FSK, USK) entsprechend freigegeben und gekennzeichnet worden sind. Bildträger ohne Jugendfreigabe dürfen nach dem Jugendschutzgesetz nicht im Rahmen des Versandhandels angeboten werden, ohne dass durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt.
Weiter dürfen nach dem JuSchG in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit keine Tabakwaren oder branntweinhaltigen Getränke an Minderjährige abgegeben werden. Bei anderen alkoholischen Getränken wie Bier, Wein oder Sekt legt das Gesetz eine Altersgrenze von 16 Jahren fest. Anders als bei Trägermedien wird hier nicht explizit auf den Versandhandel abgestellt, sodass das LG Koblenz 2007 entschied, dass ein Online-Verkauf auch ohne ein Altersverifikationssystem zulässig sei (B.v. 13.08.2007, 4 HK O 120/07). Diese Auffassung wurde nicht nur in der Literatur kritisiert, auch das Bundesfamilienministerium vertritt in einer Broschüre zum JuSchG von 2014 die Auffassung, der Versandhandel unterfalle ebenfalls dem Abgabeverbot, da das Merkmal der „Öffentlichkeit“ bei der Zustellung im öffentlichen Raum gegeben ist.
Es ist somit durchaus die Auffassung vertretbar, dass für den Versand von Tabak und Alkohol ebenfalls ein anerkanntes Altersverifikationssystem notwendig ist. Wer hier auf der sicheren Seite sein will, sollte dies berücksichtigen.
In Bezug auf Trägermedien entschied der BGH (Urteil v. 12.07.2007, I ZR 18/04; Rn. 48), für einen effektiven Kinder- und Jugendschutz einerseits eine zuverlässige Altersverifikation vor Versand erfordere, zudem aber auch sichergestellt werden muss, dass die versandte Ware nicht von Minderjährigen in Empfang genommen wird. Der BGH sieht das bei folgender Vorgehensweise als gegeben an.
„So lässt sich etwa durch das Postidentverfahren vor Versendung der Ware ausreichend gewährleisten, dass der Kunde volljährig ist[…]. Außerdem muss die Ware in einer Weise versandt werden, die regelmäßig sicherstellt, dass sie dem volljährigen Kunden, an den sie adressiert ist, persönlich ausgehändigt wird. Das kann etwa durch eine Versendung als "Einschreiben eigenhändig" gewährleistet werden.“
Der BGH zieht hier u.a. ein Urteil des OLG München von 2004 heran, welches die Zusendung als einfachen Brief trotz vorangegangenem Postident-Verfahren als unzureichend ansah, da hierbei nicht sichergestellt wird dass der Besteller auch der Empfänger ist.
Erst Mitte 2014 wurde die Ansicht des BGH wurde vom OLG Frankfurt bestätigt (Urteil v. 07.08.2014, 6 U 54/14).
Erfolgt bei einem klassischen Postident eine Identifizierung in einer Post-Filiale, geschieht dies beim Postident Comfort-Verfahren direkt bei Auslieferung durch den Zusteller. So werden Identifikation und Altersverifikation direkt bei Zustellung der Ware vorgenommen. Zwar erfolgt hier, anders vom BGH gefordert, keine Altersverifikation vor Versand, allerdings wird bei Übergabe der Ware sichergestellt, dass der Empfänger der Besteller und dass dieser volljährig ist.
Dieses Verfahren stellt damit ebenfalls ein anforderungsgerechtes Altersverifikationssystem dar, jedoch gibt es hierzu bislang keine Rechtsprechung.
Als Altersverifikation vor Versand nicht ausreichend ist eine verpflichtende Angabe des Geburtsdatums oder eine anzuklickende Checkbox, mit welcher der Besteller seine Volljährigkeit bestätigt. Diese Maßnahme kann ohne weiteres umgangen werden.
Auch eine Eingrenzung über die angebotenen Zahlungsarten wird regelmäßig nicht ausreichen, um einen ausreichenden Jugendschutz zu gewährleisten, da auch Jugendliche Konten oder (Prepaid-)Kreditkarten besitzen können.
Die Zusendung einer Ausweiskopie als Nachweis der Volljährigkeit ist aufgrund des hohen Fälschungsrisikos unzureichend. Auch ist dieses Verfahren aus datenschutzrechtlich nicht unkritisch.
Weiter ist bei allen drei genannten Verfahren nicht sichergestellt, dass der Empfänger auch der Besteller ist.
Bei diesem System führt die Schufa einem Datenabgleich der im Bestellprozess eingegebenen Adressdaten und des Geburtsdatums mit ihren Datenbanken durch und greift dabei auf bereits erfolgte face-to-face-Identifizierungen etwa bei einer Kontoeröffnung zurück. Dieses Verfahren dürfte ebenfalls eine zuverlässige Altersverifikationsmaßnahme vor Versand der Ware darstellen. Allerdings ist auch hier eine eigenhändige Übergabe notwendig.
Seit November 2014 bietet DHL eine Alterssichtprüfung an, bei welcher ein Paket nur an Personen im Haushalt des Empfängers übergeben werden, die das erforderliche Mindestalter erreicht haben. Allerdings ist fraglich, ob dieses Verfahren eine ausreichende Alterskontrolle darstellt. Zum einen wird entgegen den Anforderungen der Rechtsprechung weder sichergestellt, dass der Besteller nicht minderjährig ist, noch, dass der Empfänger auch der Besteller ist.
Zum anderen wertete das OLG Frankfurt (Urteil v. 07.08.2014, 6 U 54/14) eine alleinige Alterskontrolle des Empfängers als unzureichend:
„Die bloße Alterskontrolle der Person, die die Sendung vom Zusteller entgegennimmt, reicht nicht aus. Denn es kann sich um einen Empfangsboten handeln, der die Sendung nur an den (minderjährigen) Besteller weiterleitet, ohne selbst Kenntnis vom Inhalt zu haben.“
Bei Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz drohen Geldbußen von bis zu 50.000 Euro. Auch sind Abmahnungen aufgrund von Verstößen gegen Marktverhaltensregelungen nach § 4 Nr. 11 UWG möglich.
Shopbetreiber, die z.B. Filme ohne Jugendfreigabe verkaufen, sollten daher auf ein Altersverifikationssystem zurückgreifen, welches der Rechtsprechung folgend ein zweistufiges Verfahren vorsieht, bei welchem sowohl sichergestellt ist, dass der Besteller das erforderliche Mindestalter erreicht hat, als auch, dass diese Person das Paket in Empfang nimmt.