Die durch die Verbraucherrechterichtlinie am 13.06.2014 europaweit eingeführte Button-Lösung gilt in Deutschland bereits seit August 2012. Bislang gibt es verhältnismäßig wenige Entscheidungen zu dieser Neuregelung. Ergangene Entscheidungen boten jedoch wenig Anlass für Kritik – ganz anders die nun vorliegende Entscheidung des AG Köln.
Lesen Sie mehr zu der Frage, ob Sie wirklich Ihren Bestellbutton umbenennen müssen.
Bisher ergangene Entscheidungen zu Button-Beschriftungen boten wenig Anlass für Kritik. So entschied z.B. das LG München (Beschluss v. 11.6.2013, 33 O 12678/13), dass die Beschriftung „Jetzt kostenlos testen“ nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, wenn sich das kostenlose Probeabonnement nach einem Monat automatisch in ein kostenpflichtiges umwandelt oder das OLG Hamm (Urteil v. 19.11.2013, 4 U 65/13), dass die Beschriftung „Bestellung abschicken“ keinen ausreichenden Hinweis auf die Zahlungspflicht des Kunden darstellt.
Das AG Köln (Urteil v. 28.4.2014, 142 C 354/13) hatte nun über die Beschriftung „Kaufen und Bestellen“ in einer Angebots-E-Mail zu entscheiden. Die Klägerin vertrieb Vollstreckungskalender. Dazu konnten Interessenten durch Hinterlassen ihrer Kontaktdaten auf der Homepage um einen Informationsanruf der Klägerin bitten. Im vorliegenden Fall äußerte der Beklagte im Telefonat seinen Wunsch, den Kalender zu beziehen. Daraufhin versandte die Klägerin eine Angebotsmail mit folgendem beispielhaftem Inhalt:
„12-monatiges Abonnement Schleswig Holstein/ Hamburg (print) für 198,00 Euro (der Preis versteht sich inkl. MwSt. und Versand). Mit Ihrer Bestellung erklären Sie die Kenntnisnahme der Widerrufsbelehrung und das Einverständnis mit unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (es folgt ein Link)
ZUM BESTELLEN UND KAUFEN NUR NOCH EINE BESTELLMAIL.
KLICKEN SIE HIERZU AUF FOLGENDEN LINK: (es folgt ein Link)
SOLLTE DER LINK NICHT FUNKTIONIEREN klicken Sie bitte auf „ANTWORTEN“ mit folgendem Text: „Hiermit bestätige ich die Bestellung“ und ihr Versteigerungskalender WJA ist auf dem Weg zu Ihnen...“
In den verlinkten Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es unter Ziffer 8 Widerrufsrecht:
„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – durch Rücksendung der Sache widerrufen. Dies findet keine Anwendung auf den Versteigerungskalender, da es sich um eine verlagseigene Zeitschrift handelt. […]“
Der beklagte Verbraucher bestellte am 22.2.2013 über den Link ein 6-monatiges Abonnement zu 132,00 € im PDF-Format, beglich im Anschluss allerdings nicht die Monatsraten.
Das Gericht entschied, dass die vorliegende Button-Bezeichnung „Bestellen und Kaufen“ nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 312g Abs. 3 BGB a.F. (§ 312j Abs. 3 BGB n.F.) genüge, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers unzulässig ausgeschlossen wurde und ihm daher ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Kaufpreisverbindlichkeit zustehe.
Vertragsschluss durch individuelle Kommunikation?
Auf die Frage, ob der Vertrag möglicherweise ausschließlich durch individuelle Kommunikation geschlossen wurde, ging das Gericht nicht ein. Die Bestellung erfolgte nämlich nicht in einem Online-Shop, sondern über die Betätigung eines Links in der Angebotsmail bzw. als E-Mail-Antwort. Allerdings ist diese Einordnung entscheidend dafür, ob die Regeln der Button-Lösung Anwendung finden oder nicht.
Zwar stellte das Gericht fest, dass es sich bei der Klägerin um eine Unternehmerin und bei dem Beklagten um einen Verbraucher handelte, allerdings wurde auch nicht erwähnt, dass nach der Gesetzesbegründung auch ein Hyperlink dieser Regelung unterfällt, die Absendung einer E-Mail-Antwort hingegen nicht.. Da die Unternehmerin jedoch keinen Einfluss auf die Art der Annahme durch den Verbraucher hat, mussten die Vorgaben der Button-Lösung gem. § 312g Abs. 3 S. 2 BGB a.F. (§ 312j Abs. 3 S. 2 BGB n.F.) erfüllt werden.
„Bestellen und Kaufen“ als Button-Beschriftung nicht ausreichend
Das Gericht ging bei der Auslegung der Formulierung des Bestell-Buttons richtigerweise vom gesetzlichen Regelbeispiel „zahlungspflichtig bestellen“ aus und stellte zutreffend fest,
„dass die als in jedem Fall ausreichende Formulierung vom Wortlaut her aus zwei Elementen besteht, nämlich der Willenserklärung selbst in Gestalt eines ‚Bestellens? und dem zum Ausdruckbringen eines Rechtsbindungswillens in Gestalt des Bekenntnisses zur ‚Zahlungspflichtigkeit?“.
Möglich ist gem. § 312g Abs. 3 S. 2 BGB a.F. (§ 312j Abs. 2 S. 2 BGB n.F.) auch eine andere, entsprechend eindeutige Bezeichnung. Der Begriff des Bestellens beinhalte nach Ansicht des Gerichts jedoch nur die bloße Abgabe einer Willenserklärung. Auch „kaufen“ könne, müsse aber nicht zwingend eine Zahlungspflicht beinhalten.
Diese Ansicht ist falsch. Ob eine Formulierung entsprechend eindeutig ist, richtet sich nach dem Verständnis des angesprochenen Verkehrskreises. Nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet „kaufen“, etwas gegen Bezahlung zu erwerben. Und wenn der Verbraucher etwas bestellt, gibt er damit nicht nur seine Willenserklärung ab, sondern bringt damit zugleich seinen Rechtsbindungswillen zum Ausdruck. „Kaufen“ ist auch ausdrücklich in den Gesetzesmaterialien vorgesehen. Aber auch dazu liefert das Gericht eine geradezu abenteuerliche Antwort:
„Soweit die Klägerin sich auf die Gesetzesmaterialien beruft, ist festzustellen, dass die Auffassung der Begriff „Kaufen“ sei zur Erfüllung der Pflicht des § 312 g Abs. 3 Satz 2 BGB ausreichend, nicht den Willen des Gesetzgebers wiedergibt sondern nur Teil der Erklärung der Bundesregierung ist. Diese Auffassung ist indes nicht Gesetz geworden ist und lässt sich nach Auffassung des Gerichtes auch nicht im Wege der Auslegung herleiten.“
Natürlich stellen die Gesetzesmaterialien die Hauptquelle zur Ermittlung des Willens des Gesetzgebers dar. Unter „Gesetzgeber“ sind alle am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe zu verstehen, also auch die Bundesregierung und nicht ausschließlich der Bundestag. Damit gehört selbstverständlich auch die Begründung des Regierungsentwurfs zu den Gesetzesmaterialien.
Unzulässiger Ausschluss vom Widerrufsrecht
Das Gericht entschied weiterhin, dass das Widerrufsrecht nicht gem. § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB a.F. (§ 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 7 BGB n.F.) ausgeschlossen sei.
„Kalender werden hiervon mangels redaktionellen Inhalts nicht erfasst.“
Für die Annahme dieses Ausnahmetatbestandes ist aber vielmehr an aktuelle Ereignisse als an redaktionelle Inhalte anzuknüpfen. Diese Voraussetzung würde der Zwangsvollstreckungskalender also zweifelsfrei durch die Darstellung der aktuell anstehenden Versteigerungstermine erfüllen. Im Ergebnis führt das Gericht jedoch zutreffend aus, dass dieser Ausnahmetatbestand keine elektronischen Publikationen sondern nur Druckerzeugnisse erfasse. E-Paper fielen unter den Tatbestand „nicht zur Rücksendung geeignet“ gem. § 312d Abs. 4 Nr. 1, 3. Var. BGB a.F. Der Verbraucher wurde also falsch über das Widerrufsrecht belehrt. Nach neuer Rechtslage würde diese Konstellation von § 356 Abs. 5 BGB n.F. erfasst.
Kein Anspruch auf Zahlung
Durch diese falsche Belehrung über das Widerrufsrecht hat die Klägerin ihre Informationspflicht verletzt, was zu einem Schadensersatzanspruch des Beklagten auf Befreiung von der gegen ihn gerichteten Vergütungsforderung führt. Das Gericht nahm dafür an, dass der Beklagte sich bei pflichtgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht nicht für die elektronische Übertragung des Kalenders unter Ausschluss des Widerrufsrechts gem. § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F., sondern für die Zusendung der Druckversion per Post entschieden hätte, um danach zu beurteilen, ob er den Widerruf ausübe oder nicht.
Fazit
Die Entscheidung des AG Köln ist nicht richtig. Es besteht kein Anlass, Bestellbuttons nicht mehr mit "Kaufen" zu beschriften. Bei den Ausnahmen vom Widerrufsrecht ist Vorsicht geboten – sie sind besonders eng auszulegen und im Zweifel steht dem Verbraucher das Widerrufsrecht zu. Verletzen Sie eine solche Informationspflicht, kann dem Verbraucher möglicherweise ein Schadensersatzanspruch in Form der Aufhebung des Vertrags zustehen. Dafür ist allerdings Voraussetzung, dass die fehlerhafte Belehrung über das Widerrufsrecht für die Entscheidung des Verbrauchers ursächlich war.