Das Bundeskabinett hat heute seinen Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs verabschiedet. Über den Referentenentwurf hierzu hatten wir bereits berichtet. Erfreulich viele Vorschläge wurden übernommen. Hierzu sollen umfangreiche Änderungen im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb vorgenommen werden.
Der Gesetzentwurf sieht zur Eindämmung missbräuchlicher Abmahnungen insbesondere eine Reduzierung der finanziellen Anreize für Abmahnungen vor. Im Gesetzentwurf wird geschätzt, dass mit dem neuen Gesetz 50 % der Abmahnungen verhindert werden können.
Anforderungen an die Klagebefugnis
Mit dem Gesetzentwurf werden die Anforderungen an die Anspruchsberechtigung von Wettbewerbern und Wirtschaftsverbänden erhöht und gleichzeitig die Möglichkeit zur Geltendmachung von Gegenansprüchen vereinfacht.
Die Anspruchsberechtigung der Wirtschaftsverbände wird davon abhängig gemacht, dass sie auf einer Liste der so genannten qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sind. Hierfür ist Voraussetzung, dass der Verein mindestens 75 Unternehmer als Mitglieder hat, seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen sein und seine satzungsgemäßen Aufgaben wahrgenommen haben. Zudem muss es aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit sowie der personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung als gesichert erscheinen, dass der Verein seine satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und die Ansprüche, die einem qualifizierten Wirtschaftsverband zustehen, nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen.
Zudem dürfen den Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verein tätig sind, dürfen nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden. Die Voraussetzungen der Eintragung und deren weitere Erfüllung werden vom Bundesamt für Justiz (BfJ) überprüft.
Mitbewerber müssen künftig tatsächlich geschäftlich tätig sein und in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen.
Diese Voraussetzungen muss der Abmahner nachweisen.
Unzulässigkeit missbräuchlicher Abmahnungen
§ 8b Abs. 2 UWG-E nennt Fallgestaltungen, bei denen Ansprüche missbräuchlich geltend gemacht werden und regelt die Haftung des Abmahnenden in solchen Fällen.
(2) Eine missbräuchliche Geltendmachung liegt insbesondere vor, wenn
1. die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen,
2. ein Mitbewerber eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend macht, wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn anzunehmen ist, dass der Mitbewerber das wirtschaftliche Risiko des außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehens nicht selbst trägt,
3. ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt,
4. erheblich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden oder
5. eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.
§ 8b Abs. 3 UWG-E enthält den Gegenanspruch des Abgemahnten im Falle missbräuchlicher Abmahnungen:
(3) Im Fall der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen kann der Anspruchsgegner vom Anspruchsteller Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.“
Vorgaben an die Gestaltung der Abmahnung
§ 13 UWG-E enthält detaillierte Regelungen zu Abmahnungen und der Haftung bei unberechtigten Abmahnungen.
Abmahnungen müssen klar festgelegte Informationen enthalten.
Der Abgemahnte soll aus der Abmahnung ohne weiteres ersehen können, welches ganz konkrete Verhalten ihm vorgeworfen wird und warum dieses zu einer Rechtsverletzung führt. Missbräuchliche Abmahnungen zeichnen sich dagegen häufig durch gleichlautende Schreiben aus, die keine Beschreibung der Umstände der im Einzelfall abgemahnten Rechtsverletzung enthalten.
Abs. 2 regelt inhaltliche Vorgaben an die Gestaltung:
(2) In der Abmahnung muss klar und verständlich angegeben werden:
1. Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters,
2. die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Absatz 3,
3. ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet,
4. die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände,
5. in den Fällen des Absatzes 4, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist.
Nur wenn die Abmahnung diese Voraussetzungen erfüllt, steht dem Abmahnenden der Anspruch zu.
Vorgesehen ist zudem der Ausschluss des Anspruchs auf Ersatz der Aufwendungen für eine Abmahnung durch Mitbewerber, wenn es sich um Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten in Telemedien handelt.
Die Ausnahme für Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten auf Telemedien berücksichtigt den Umstand, dass der Großteil der Abmahnungen von Wettbewerbern wegen Verstößen im Online-Handel ausgesprochen wird, weil in diesem Bereich Verstöße durch den Einsatz von Crawlern einfach und automatisiert festgestellt werden können und zahlreiche besondere Informationsverpflichtungen bestehen.
Auch Verstöße gegen die DSGVO werden ausgenommen, allerdings nur, wenn diese durch Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen begangen wurden.
Die sämtliche Datenschutzverstöße einbeziehende Sondervorschrift in Nummer 2 trägt den Sorgen insbesondere kleiner Unternehmen sowie gemeinnütziger Vereine vor kostenpflichtigen Datenschutzabmahnungen Rechnung.
§ 13 Abs. 4 UWG-E bestimmt hierzu:
(4) Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Absatz 3 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 ausgeschlossen bei
1. im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten oder
2. sonstigen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1, L 314 vom 22.11.2016, S. 72) und das Bundesdatenschutzgesetz durch Kleinstunternehmen sowie kleine Unternehmen nach Artikel 2 des Anhangs zur Empfehlung der Kommission K(2003) 1422 sowie vergleichbare Vereine, soweit sie gewerblich tätig sind.
Hierzu zählen z.B. Verstöße gegen die Impressumspflicht, Informationspflichten im Fernabsatz, die Pflicht zur Widerrufsbelehrung oder Vorschriften der PAngV und ausdrücklich auch Verstöße gegen die DSGVO. Hierauf muss der Abmahnende hinweisen. Abmahnen können Wettbewerber jedoch weiterhin, sie können nur keine Erstattung hierfür anfallender Kosten verlangen. Ebenso bleiben sie weiterhin dazu berechtigt, Klage zu erheben. Qualifizierte Wirtschaftsvereine z.B. bleiben weiterhin zum Ersatz berechtigt.
Gegenanspruch des Abgemahnten
Wenn die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht die formalen Anforderungen erfüllt, enthält § 13 Abs. 5 UWG-E einen Gegenanspruch des Abgemahnten.
Es muss kein missbräuchliches Motiv des Abmahnenden vorliegen. Es ist ausreichend, dass kein Rechtsverstoß vorliegt oder die Abmahnung nicht den formalen Anforderungen genügt.
Abgemahnte haben in diesem Fall einen Anspruch auf Ersatz der ihnen entstandenen Kosten gegen den Abmahnenden.
(5) Soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht oder entgegen Absatz 4 ein Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend gemacht wird, hat der Abgemahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen. Bei einer unberechtigten Abmahnung ist der Anspruch nach Satz 1 ausgeschlossen, wenn die fehlende Berechtigung zur Abmahnung für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar war. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.
Auf diese Weise soll der finanzielle Anreiz für Abmahnungen reduziert werden und sichergestellt werden, dass die Voraussetzungen der Abmahnung erfüllt werden.
Der Gegenanspruch reduziert den finanziellen Anreiz für Abmahnungen und stellt sicher, dass der Abmahnende sorgfältig prüft, ob die inhaltlichen Voraussetzungen an Abmahnungen in § 13 Absatz 2 UWG-E eingehalten werden sowie ob eine Zuwiderhandlung tatsächlich vorliegen kann.
Vertragsstrafe
§ 13a Abs. 2 UWG-E schließt zudem die Vereinbarung einer Vertragsstrafe mit einem Mitbewerber aus, wenn der Mitbewerber erstmalig eine Unterlassungsverpflichtung fordert. Erfolgt die erstmalige Abmahnung des Verstoßes dagegen durch einen Wirtschaftsverband, eine qualifizierten Einrichtung, eine Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer oder Gewerkschaft besteht auch weiterhin die Möglichkeit, zur Streitbeilegung unmittelbar die Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung zu verlangen.
In einfach gelagerten Fällen soll die Vertragsstrafe bei Verstößen auf maximal 1000 € begrenzt werden.
(3) Vertragsstrafen dürfen eine Höhe von 1 000 Euro nicht überschreiten, wenn die Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt.
Fliegender Gerichtsstand
§ 14 Abs. 2 UWG-E sieht eine Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands vor. Er bleibt nur in Fällen anwendbar, in denen der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
(2) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Nur wenn sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet, ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Das Gericht, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde, ist ferner zuständig, wenn der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
Begrenzung des Streitwerts
Zudem sieht der Entwurf eine Änderung des Gerichtskostengesetzes (GKG) und damit eine Verringerung des Streitwertes vor im Fall eines gerichtlichen Verfahrens im Anschluss an eine Abmahnung. Hierfür wird der Auffangwertes von 1 000 Euro auf Zuwiderhandlungen, die angesichts ihrer Art, ihrer Schwere, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigen, erweitert.
Der Entwurf soll noch im Juni im Bundesrat beraten werden und wahrscheinlich im September im Bundestag. Bereits Weihnachten könnte dann das neue Gesetz gelten, ein schönes Geschenk für Onlinehändler. Über das weitere Gesetzgebungverfahren werden wir Sie auf dem Laufenden halten.
Update: Eine Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages wird am 23.10.2019 stattfinden. Die FDP hat im Vorfeld eine kleine Anfrage gestellt, die von der Bundesregierung beantwortet wurde. Der Entwurf wurde bereits Ende Juli in den Bundestag eingebracht.
Sicherlich sind mehrere Ansätze des Entwurfs sinnvoll. Aber in der jetzigen Fassung würde es nichts anderes bedeuten, dass bei ALLEN Verstößen im Internet die Erstattung der Abmahnkosten entfällt, auch bei klaren Verstößen gegen die PAngVO, TMG etc. Auch Internetriesen wie Amazon oder eBay werden dadurch geschützt.
Die Konsequenz ist doch an einer Hand abzählbar: Keiner wird sich großartig mehr um diese Pflichten kümmern, denn niemand wird bereit sein, einen Anwalt auf eigene Kosten zu beauftragen, der abmahnt.
Vielleicht ist es ja auch ein Paradigmenwechsel: Weg von privater Rechtsverfolgung durch Hilfspolizisten und Falschparker-Aufschreiber, die zum Teil daraus ein attraktives Geschäftsmodell generieren, hin zu Verfolgung durch (nicht kriminelle) Verbände, die es seit Jahrzehnten gibt, flankiert durch behördliche Bußgelder, die in anderen EU-Staaten das einzige Mittel sind (so zumindest im Entwurf des New Deals vorgesehen). Es steht ja jedem frei, Verstöße bei der Wettbewerbszentrale, der Verbraucherzentrale oder der Behörde zu melden, wenn es wirklich um Lauterkeit und Verbraucherschutz und nicht Geldmacherei geht.
So einen Paradigmenwechsel kann man ja gerne diskutieren. Dafür müsste der Entwurf aber auch die entsprechenden Ressourcen bereitstellen. Genau das tut er aber nicht.
Denn weder Behörden, Wettbewerbszentrale noch Verbraucherzentrale sind aktuell (und erst nicht Recht zukünftig) ansatzweise in der Lage, die Rechtsstöße zu verfolgen. Warum soll sich daran etwas ändern?
Angesichts dieser geringen finanziellen und personellen Ausstattung der vorgenannten Einrichtungen ist es einfach nur lächerlich zu behaupten, diese könnten einen ausreichenden Ersatz darstellen.
In Wahrheit wird das Ganze, wenn es denn überhaupt so kommt, daran enden, dass sich kaum jemand mehr an all diese Info-Pflichten halten wird. Wo kein Kläger, da kein Richter.
Am Ende wird das dazu führen, dass kaum jemand die PAngV & Co. beachten wird. Es wird dann wieder mit versteckten Zusatzkosten etc. gearbeitet werden. Und der Gelackmeierte wird der Verbraucher sein.
Und da sich ein seriöser Unternehmer dagegen nicht mehr sinnvoll wehren kann, wird er ebenfalls die schiefe Bahn beschreiten.
Wenn das gewollt ist, nun ja…
Wenn die Gerichte in der Vergangenheit bei wenigen kriminellen Abmahnverbänden, Pseudo-Konkurrenten und deren Anwälten konsequent § 8 Abs. 4 UWG (bzw. das Strafrecht) angewendet hätten, hätte es nicht zu so einem Gesetz kommen müssen. Schauen wir doch mal, ob Deutschland nun so den Bach runter geht, wie von Ihnen befürchtet. Den Versuch ist es nach Jahren ungezügelten Abmahnwesens mehr als wert.
Durch wenige Akteure, die das gesamte (gute) Abmahninstrument in Verruf gebracht haben, ist jedenfalls ein Großteil einer Zukunftsbranche im Keim erstickt worden, und zwar nicht wegen verbraucherschutzwidriger Praktiken, sondern Petitessen aufgrund ausufernder, nutzloser Infopflichten oder Themen, die US-Marktplätze, denen deutsche Händler augeliefert und von ihnen wirtschaftlich abhängig sind, technisch nicht fixen, weil sie allein “German impact” haben und sich der Rest der Welt über die deutsche Rechtsprechung zu Button-Lösung, Widerrufsbelehrung & Co. kaputt lacht. Und natürlich sind WBZ & Co. in der Lage, Verstöße zu verfolgen, die Liste der legitimierten Verbänden wird wachsen und gedeihen, da bin ich ganz sicher.
Abgesehen davon habe ich nicht den Eindruck, dass der Onlinehandel in Ländern mit ausschließlich behördlichen Sanktionen nicht funktioniert oder die Verbraucher dort dem bössen Internet schutzlos ausgeliefert sind. Neben Gesetzen gibt es ja auch noch private Schutz-Instrumente wie Gütesiegel, Kundenbewertungen und Zahlungsabsicherungen, die seh viel mehr wert sind als ein Link auf die OS-Plattform oder eine Info zur Vertragstextspeicherung. Was dort fehlt ist allerdings eine politisch, gesellschaftlich und moralisch nicht gewollte Klasse von Wegelagerern, die wahrscheinlich auch noch glauben, völlig legitim zu handeln.
Gern können wir auch Ihre persönlichen, von mir gelöschten Angriffe vis-à-vis diskutieren, dann müssten Sie sich aber an die Blog-Regeln halten und nicht mit Fake-Namen und Fake-E-Mail-Adressen kommentieren. Ich melde mich dann gern persönlich.
Selten so etwas gutes gelesen und so auf den Punkt gebracht!
Wir sind selber wegen 5 Kaffeetassen Preis 14,95 Euro (Infopflicht) von einem Laden in Berlin abgemahnt worden (Hoche reichlich bekannt wg. Abmahnungen), der Computerspiele vertreibt. 30000 Euro Streitwert und Gerichsstand in Bochum! Ein Schelm der sich dabei böses denkt.
Mit Verlauf: Ich halte Sie entweder für jemand der in einer Blase lebt oder für genau so einen Abmahner.
Super Konter Herr Fröhlisch, genau meine Meinung.. Vor allen Dingen im Bereich Social Media weiß man oft nicht wie man dort DSGVO Konform eine Fansite betreiben soll, daher sind hier Änderungen wirklich notwendig.
Ich würde es so machen wie es in Polen ist.
Siehe folgendem TrustedShops Artikel:
https://shop.trustedshops.com/de/rechtstipps/2019/02/22/erfolgreich-in-polen-verkaufen-darauf-muessen-sie-achten
“Abmahnungen spielen in Polen, anders als in Deutschland, kaum eine Rolle. Grund dafür ist wahrscheinlich der Umstand, dass solche Abmahnungen selbst zu bezahlen sind (also auch die Anwaltskosten). Eine Pflichterstattung von Anwaltskosten im außergerichtlichen Bereich gibt es in Polen nicht.
Das Amt für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz (UOKiK) überwacht den Markt ständig. Zum UOKiK gehören die Zentrale in Warschau und neun regionale Vertretungen. Die Behörde führt regelmäßige Marktkontrollen durch. Sie kann im Administrativverfahren den missbräuchlichen und unlauteren Charakter einer Klausel oder der Geschäftspraktik prüfen und deren weitere Anwendung untersagen. Beim UOKiK kann jeder Verbraucher seine Beschwerde einlegen – auch solche, die keinen Vertrag mit dem Händler haben. Es genügt, dass es für den Verbraucher möglich wäre, einen Vertrag mit unzulässigen Bestimmungen abzuschließen. Die Verbraucher können sich außerdem unentgeltlich durch den „Beauftragten der Verbraucherrechte“ beraten lassen. Für die Verwender der unzulässigen Klauseln oder Geschäftspraktiken kann UOKiK hohe Geldstrafen verhängen – bis zu 10% des Jahresumsatzes aus dem Vorjahr.”
Guten Tag Herr Fröhlisch,
Ich bin ein kleiner Onlinehändler mit 4 Mitarbeitern.
Ich ärgere mich nicht einfach über einen „Falschparker“ in meinem geschäftlichem Umfeld, sondern werde in einer typischen Hobbybranche massiv von Scheinprivaten Anbietern angegriffen, die sämtliche Kennzeichnungspflichten missachten um als Privatanbieter getarnt gleiche Waren zu günstigeren Preisen anzubieten.
Aktuell kann man solchen extremen Auswüchsen noch mit einer kostenpflichtigen Abmahnung der u.a. ausgebliebenen Kennzeichnungs & Infomartionspflichten begegnen. Weshalb ein solch eindeutig vorsätzlicher Verstoß zukünftig mit einem pauschalen Rabatt der Abmahnkosten von 100% belegt sein soll entzieht sich meiner Vorstellungskraft.
Hier wird versucht eine pauschale Lösung zu finden, die im Ergebnis noch schlechter für den fairen Wettbewerb ist, als die aktuelle Rechtslage.
Ich kann den Gesetzesentwurf in diesem Punkt nicht unterstützen, so schützen wir die falschen Leute!
Wir dürfen Verursacher und Opfer nicht einfach umkehren. Das wird mit diesem Gesetzesentwurf gemacht indem man dem Abmahner pauschal unterstellt die Gebühren seien ohnehin reine Geldmacherei und deshalb dürfte er sie nicht mehr geltend machen.
Ich habe einen großen Kreis an Unternehmerischen Kontakten.
Keiner findet diesen Punkt in Ordnung, weil es die Durchsetzung legitimer Rechte wesentlich erschwert.
Wir unterstützen auf diesem Weg sonst einen unfairen Wettbewerb und das vorsätzliche Missachten von Wettbewerbsregeln, weil es dann wirtschaftlich ist zu warten bis sich mal jemand meldet.
Konsequenzen hat man ja erst beim zweiten „Fehler“ zu befürchten. Und auch diese Konsequenzen sind eher ein Witz, wenn gar keine Vertragsstrafe mehr mit der ersten Abmahnung verabredet werden darf.
Das ist ja eher ein „Hallo ich unterrichte Sie gerne auf meine Kosten, dass Sie mich wettbewerbswidrig angreifen, bitte ändern Sie das. Ihren wirtschaftlichen Vorteil des wettbewerbswidrigen Angriffs müssen Sie natürlich nicht zur Begleichung der mir angefallenen Anwaltskosten nutzen. Das übernehme ich gerne für Sie“
Das kann so keine Lösung sein und wird ehrlichen Händlern weiter schweren Schaden zufügen. Schon jetzt sind die Angriffe durch unseriöse Anbieter so groß, dass man sich nur um die extremen Fälle kümmert. Derzeit mahne ich nur Händler ab, die nahezu gegen alle Informationspflichten verstoßen und/oder vorsätzlich Widerrufsrecht und Mängelhaftung rechtswidrig einschränken. Es sind durch die Bank Anbieter, die preislich ganz weit unten in den Markt einfallen. Das ist für mich existenzbedrohend für einen Betrieb mit mittlerweile 4 Mitarbeitern. Ich mache mir da große Sorgen durch das Gesetz quasi einen Kontrollverlust zum Marktumfeld zu erleiden und mir fehlen auch die Ressourcen auf meine Kosten gegen mehrere wettbewerbswidrige Angreifer im Jahr vorzugehen.
Ich hätte mir eine Deckelung der Kosten bzw. feste Streitwerte erhofft um missbräuchliche Abmahnungen weniger lukrativ zu machen. Auch sind die im Gesetzesentwurf enthaltenden Einschränkungen bezüglich Abmahnbefugnis und der Gegenanspruch bei rechtswidriger Abmahnung ja durchaus zielführend. Ein pauschales Freisprechen der Kosten ist ein katastrophales Zeichen und schadet dem fairen Wettbewerb immens.
Ich kann den Gesetzesentwurf daher in diesem Punkt nicht unterstützen. Ich hoffe sie verstehen das.
Den Schutz kleinerer Betriebe kann man auch anders erreichen. Eine Deckelung des Streitwertes und der Vertragsstrafen sollte Schutz genug sein. Auch diese Betriebe müssen sich einfach rechtskonform verhalten um am Markt teilzunehmen. Es darf keinen wirtschaftlichen Vorteil bedeuten wenn man es nicht tut. Mit diesem Gesetzentwurf schaffen wir aber eben diesen.
Zu hoffen, dass Behörden oder Wettbewerbsvereine eine zeitnahe Lösung im eigenen Marktumfeld herbeiführen ist geradezu aberwitzig. Jeder Unternehmer weiß das.
Auch Sie beklagen sich geichzeitig darübe, dass eben diese Behörden trotz der gesetzlichen Möglichkeiten & Verpflichtungen im Bereich der missbräuchlichen Abmahnungen keine Hilfe waren.
Wie fleißig Behörden sind, das weiß nun wirklich jeder.
Gerade erst haben wir wieder einen Mitbwerber gemeldet der bei ebay ein in der EU verbotenes Biozid vertreibt. Das ist gefühlt eine Ewigeit her. Das einzig schnelle Mittel ist die Abmahnung + Unterlassungsverfügung.
Freundlich anschreiben, geht natürlich auch. Bekommt man aber nur selten eine Antwort und die ist dann auch noch seltener freundlich.
Freundliche aber kritische Grüße bezüglich des angeführten Punktes
Also erst einmal vielen Dank für die sehr gut aufbereiteten und sehr umfangreichen Informationen.
Ich für meinen Teil hatte Anfangs ähnliche Bedenken wie Michael Peters. Im weiteren Verlauf des Textes zerstreuten sich diese aber, ich halte das Alles in Allem für ein sehr gutes, längst überfälliges Gesetz. Ich denke, dass es immernoch genügend Möglichkeiten gibt, unlautere Geschäftspraktiken zu unterbinden, ohne dass gleich alles im Chaos versinkt.
Wir als kleiner Onlinehändler auf Ebay wurden in den letzten 15 Jahren schon mehrmals abgemahnt, jedes Mal mutmaßlich missbräuchlich. Ich hoffe, dass so nun den so genannten “Abmahn-Vereinen” endlich mal das Handwerk gelegt wird und wir Händler uns wieder mehr auf das Wesentliche konzentrieren können. Drücken wir mal die Daumen, dass das Gesetz letztendlich auch so kommt.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Gosdschan
Jetzt mal aus Sicht eines unbeflecktem “Laien”:
Das ganze könnte man sich doch sparen, wenn es laut Gesetz so wäre, dass die erste Abmahnung kostenfrei sein muss. Diese ganze Abmahnindustrie steht doch einer Vielfalt im Internet im Wege. Es trifft doch zu großem Teil bei diesen Abmahnungen kleine Webseiten, Vereine und Kleinstunternehmer. Praktisch alle die, die sich keine Rechtsabteilung leisten können. Einsteiger in diesen Bereichen werden dadurch abgeschreckt. Ich kenne viele Einzelpersonen und Vereine, die ihre Webseiten offline gestellt haben, da sie in dem Gesetzesdschungel sich nicht durchfinden. Und ehrlich gesagt, wer liest seitenweise Disclaimer, Datenschutz- und Widerrufserklärungen, wenn er für 10€ paar Luftballons bestellt?
Nur ein kleines Beispiel:
Oma Friedel häkelt paar Topflappen und will damit ihre Rente aufbessern.
Der Enkel Max kann im Internet einen Onlineshop installieren und Oma Friedel verkauft darüber ihre Topflappen und bessert sich so die Rente auf. Derzeit unmöglich, da Oma Friedel und Enkel Max weder die Zeit, noch die finanziellen Mittel haben, sich ständig in die Gesetze einzulesen. Somit wird Oma Friedel sich ihre Rente nicht aufbessern können. Selbst Enkel Max wird sich hüten, bei Ebay die Topflappen einzustellen, wegen möglicher Abmahnungen.
An dem Beispiel sieht man, wenn es betrifft, nämlich die kleinen Leute. Amazon, Ebay und Co greifen hier einfach auf Rechtsbeistand zurück.
Darum zurück zum Anfang: Verstößt Oma Friedel’s Webshop gegen ein Gesetz, dann kann der Wettbewerb sie daraufhin weisen. Ändert sie nichts, dann kann noch immer der normale Weg eingeschritten werden.
Außerdem, dieser ganze Unfug mit der Datenschutzverordnung:
Wenn ich meine Daten im Internet eingebe, ist mir doch bewußt, dass diese gespeichert werden.
Ich weiß nicht, warum man hier alles so kompliziert machen muss und den Nutzer einerseits als blöd darstellt, anderfalls die Webseitenbetreiber dazu verpflichtet Belehrungen abzugeben, die eh kein normaler Mensch versteht.
Schwarze Schafe schreckt man damit sicher nicht ab.
Ist wie Waffenverbotszonen in Innenstädten. Wer was böses will, wird dadurch nicht abgeschreckt.
Gut dass Deutschland seinen Sonder-Abmahnweg verlassen will.
Auf der einen Seite jeden kleinen “Furz” bei Websites und Shops zur Abmahnung freigeben und auf der anderen Seite den großen Konzernen Sonderkonditionen bei Steuern, Sozialabgaben, Arbeitnehmerrechten, Umweltschutz u.ä. zu gewähren.
Andere Länder zeigen, dass es auch ohne Abmahnwahn geht.
Bei vielen anderen Themen wie Rente, Krankenhäuser, Seniorenheimen usw. könnte sich Deutschland an den Nachbarländern ein Beispiel nehmen z.B. bei Rentenhöhe, Hygiene, Personalschlüssel usw., denn diese Ländern zeigen wie es besser geht.
Ich vermute ja, dass die Lobby der Rechtsanwälte das Abmahnwesen in Deutschland auf die Spitze getrieben und dabei den Bogen überspannt hat.
Jetzt war wohl die Politik gezwungen die Reißleine zu ziehen, um Schaden von der (Online-) Wirtschaft abzuwenden und den Unmut der Gewerbetreibenden zu dämpfen, die ja auch Wähler sind.
Die Gerichte haben wichtigere Sachen zu verhandeln und können auf die Abmahnverfahren gerne verzichten, denn es mangelt hier seit längerem an Richtern. Dies tut auch dem Rechtsfrieden gut.
@Daniel Wurst, wenn man jetzt beginnt darüber zu diskutieren, was Gerichte wichtigere Sachen zu verhandeln haben, dann wird es schwierig. Ist es wichtig, zu entscheiden, wie weit die Sträucher des Nachbarn rüberwachsen dürfen, wann man grillen darf, ob die bei Ebay gekaufte Kaffeemaschine mangelhaft ist und und und… Es gibt so viele eigentlich unwichtigen Dinge, die Gerichte verhandeln müssen, da finde ich es schon wichtiger zu entscheiden, ob Shops damit werben dürfen, dass der Artikel zB eine UVP von 400 € hat, man ihn aber zum “Schnäppchenpreis” von 50 € bekommt und keiner weiß, dass es CHinaschrott für 4 € ist. Wird das alles erlaubt sein bzw. kaum mehr verfolgt werden, wird Lug und Betrug die Tür geöffnet, gerade online.
Es ist vielleicht noch nicht alles Gold was glänzt, aber immerhin scheint in den “oberen Etagen” so langsam ein Bewusstsein, für die Rechtsunsicherheit im Netz – speziell was Social Media anbelangt – zu entstehen.