Immer wieder entbrennt eine Diskussion über verkaufsoffene Sonntage in den Innenstädten. Zuerst haben die Grünen in Niedersachsen einen Vorschlag vorgelegt, der den Online-Handel sonntags eingeschränken sollte, jetzt sind sie zurückgerudert.
Stein des Anstoßes war wohl eine Forderung der Initiative "Selbstbestimmter Sonntag", der unter anderem Karstadt und Kaufhof angehören. Die Initiative fordert, dass es jedem Einzelhändler selbst überlassen sein soll, ob sie sonntags ihr Geschäft öffnen oder nicht.
Es dauerte nicht lange, bis sich Kirchen und Gewerkschaften gegen diese Forderung aussprachen.
Am Wochenende wird nun die Partei Bündnis90/Die Grünen über ihr Landtagswahlprogramm in Niedersachsen beraten und abstimmen. Dabei wird auch ein Antrag auf der Tagesordnung sein, der den freien Online-Handel am Sonntag einschränken soll.
So sollen zwar Bestellungen noch möglich sein, diese dürfen aber erst ab Montag bearbeitet werden.
Aber wirklich neu ist das nicht, was da auf dem Parteitag beschlossen werden soll. Nach dem Arbeitszeit-Gesetz ist es heute schon verboten, seine Mitarbeiter am Sonntag zu beschäftigen. Zwar gibt es hiervon auch Ausnahmen, Mitarbeiter, die mit der Abwicklung der Bestellungen in einem Online-Shop befasst sind, dürften aber nicht darunter fallen.
Selbstständige sind von dem Verbot nicht umfasst, da diese keine Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes sind.
Betroffen wären Händler, die mit CallCentern zusammenarbeiten. Denn die Zulässigkeit von der Beschäftigung in CallCentern stünde dann auf der Kippe. Das ist für den Handel kritisch, weil gerade der Sonntag der umsatzstärkste Tag im Online-Handel ist.
So hatte das Bundesverwaltungsgericht - bezogen auf eine Ausnahmevorschrift in Hessen - schon 2014 geurteilt:
"Die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen in Videotheken und die nicht weiter eingegrenzte Beschäftigung in Callcentern sind nicht im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a ArbZG zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich, um erhebliche Schäden zu vermeiden."
Neben dem Arbeitszeitgesetz gibt es in den einzelnen Bundesländern noch landesrechtliche Verordnungen, die weitere Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit zulassen.
In den entsprechenden Verordnungen der Länder findet sich eine für den Online-Handel passende Ausnahme (außer in der Verordnung von Hessen, da der entsprechende Passus vom Bundesverwaltungsgericht gekippt wurde). In NRW lautet die Ausnahmeregel beispielsweise:
"Abweichend von § 9 Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen in den folgenden Bereichen beschäftigt werden, soweit die Arbeiten für den Betrieb unerläßlich sind und nicht an Werktagen durchgeführt werden können:
...
Nr. 9 mit der telefonischen und elektronischen Entgegennahme von Aufträgen, der Auskunftserteilung und Beratung per Telefon und mittels elektronischer Medien."
Die Ausnahmeregeln in den anderen Bundesländern sind so oder so ähnlich gefasst.
Allerdings werden Gerichte wohl argumentieren, dass über diese Ausnahme die Beschäftigung von Arbeitnehmern am Sonntag nicht im Online-Handel gerechtfertigt werden kann, da die manuelle Annahme einer Sonntagsbestellung nicht am Sonntag unerlässlich ist, sondern auch am nächsten Werktag durchgeführt werden kann (so wie es das Bundesverwaltungsgericht bereits getan hat).
Automatische Bestellannahmen, wie sie heute eigentlich üblich sind, sind natürlich dennoch möglich.
Zunächst einmal handelt es sich hier nur um eine Idee für einen Parteitag. Kommt dieser durch und wird nach der Wahl in Niedersachsen (welche erst im Januar 2018 stattfindet) tatsächlich gesetzlich umgesetzt, wären die Wirkungen auf Niedersachsen beschränkt.
Am Wochenende fand die Landesdelegierten-Konferenz dann statt. Zwar gibt es weiterhin ein Bekenntnis zum Verkaufsverbot an Sonntagen in der Innenstadt, von entsprechenden Einschränkungen im Internethandel ist allerdings keine Rede mehr.
Mit solchen Einschränkungen würde sich Deutschland wohl selbst eher Wettbewerbsnachteile verschaffen im europäischen Vergleich. Außerdem fände dann eine Ungleichbehandlung von Unternehmen statt, die in selbstständiger Hand im "Ein-Mann-Betrieb" und von Unternehmen, die mit Angestellten geführt werden. Die Entwicklungen sollten beobachtet werden und ggfs. dann darauf reagiert werden. (mr)
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