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Spanien: Compliance Programme können zu Bußgeldminderungen führen

Compliance Programme senken die rechtlichen Risiken der Aktivitäten eines Unternehmens, indem sie verhindern, dass Rechtsverletzungen begangen werden. Zudem können sie aber auch – einer Entscheidung der spanischen Wettbewerbsbehörde zufolge – zu einer Minderung der nach einem Verstoß verhängten Bußgelder führen.

Ausgangssituation

15 Umzugsfirmen sind am 6. Dezember  von der spanischen Wettbewerbsbehörde (CNMC) “Comisión Nacional de los Mercados y de la Competencia” mit einem Bußgeld in Höhe von 4,09 Millionen Euro bestraft worden. Grund dafür sind die von den betroffenen Firmen durchgeführten Kartellabsprachen. Besonders interessant an der Entscheidung der CNMC ist die Berücksichtigung von Compliance Programmen als mögliche Grundlage einer Minderung der Bußgelder bei Compliance Verstößen.

Compliance-Programme als mögliche mindernde Faktoren

Das Unternehmen berief sich auf Artikel 31 quarter Buchstabe d des spanisches Strafgesetzes. Dieser Artikel sieht eine Reihe von Minderungstatbeständen für die strafrechtliche Haftung von Unternehmen vor. Darunter fällt auch die Einführung eines Compliance-Systems zur Vorbeugung und Aufdeckung von künftigen Straftaten durch das Unternehmen. Diese bahnbrechende Regelung wurde mit der Novellierung des Strafgesetzes durch das “Ley Orgánica 1/2015” am 1. Juli 2015 eingeführt. Mit der Verabschiedung des Gesetzes wurde die strafrechtliche Haftung der juristischen Personen ins spanische Recht eingeführt. Die Beklagte forderte die analoge die Anwendung von Artikel 31 quarter Buchstabe d) des spanisches Strafgesetzes auf das Verwaltungsverfahren. Nach diesem Artikel kann “Die Einführung effektiver Maßnahmen, vor Beginn des mündlichen Verfahrens, zur Vermeidung und Aufdeckung von Straftaten, die von oder mithilfe der juristischen Person künftig begangen werden könnten” als mindernder Umstand bei der strafrechtlichen Haftung der juristischen Personen berücksichtigt werden.

Compliance Programm muss effektiv sein

Die spanische Wettbewerbsbehörde sieht die Einführung von Maßnahmen, die das Begehen von Straftaten vermeiden bzw. aufdecken sollen, grundsätzlich positiv und unterstützt deren Anwendung. Nichtsdestotrotz kann die bloße Einführung von Compliance Programmen, wie der EuGH in seiner Rechtsprechung in der Rechtssache C-501/11 Schindler Holding u.a. / Kommission Urt. v. 23.8.2013 moniert hat, nicht ohne Weiteres als mindernder Umstand anerkannt werden. Auch die CNMC hat in ihrer Rechtsprechung (Verfahren v. 23. Juli 2015, Aktenzeichen S/408/13) klargestellt, dass Tatsachen vorliegen müssen, die nicht nur auf das Bestehen eines Compliance Programms hinweisen, sondern dass unter Beweis gestellt werden muss, dass die Ein- und Durchführung interner Kontrollmaßnahmen auch Wirkung für das Engagement eines Unternehmens zur Einhaltung der wettbewerbrechtlichen Regelungen zeigen muss. Somit kann die Einführung eines Compliance Programmes als mindernder Umbestand nicht anerkannt werden, wenn es sich um rein “kosmetische” Programme ohne ernsthaft verfolgten Effekt handelt. Dies widerspräche dem Sinn des Gesetzes.

Anwendung des Minderungstatbestands

In diesem Fall reichten die von den Beklagten vorgebrachten Angaben nicht aus, um die Einführung eines wirksamen Compliance Programms zu beweisen. Dabei berief sich die CNMC im Verwaltungsverfahren auf das Strafgesetz und prüfte die Anforderungen der Minderungstatbestände. Des Weiteren stellte die CNMC in ihrer Entscheidung fest, dass, obwohl in diesem Fall ein Minderungstatbestand nicht angewendet werden konnte, grundsätzlich die Einführung eines (wirksamen) Compliance Programms zur Minderung eines Bußgelds führen kann. Somit ließ die CNMC die analoge Anwendung des Minderungstatbestands aus Artikel 31 quarter Buchstabe d) des spanisches Strafgesetzes auf das Wettbewerbsrecht zu.

Fazit

Die Einführung von (effektiven) Compliance Programmen ist von den spanischen Wettbewerbsbehörden als mindernder Tatbestand zugelassen worden. Unternehmen, die solche Programme durchführen, können nicht nur das Risiko von Verstößen gegen Wettbewerbsvorschriften, sondern auch die Höhe der drohenden Bußgelder senken.

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