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Rechtsmissbräuchliche Abmahnungen wegen E-Mail-Werbung

Manche Unternehmen machen es zu ihrem Geschäftsmodell für andere abzumahnen. Aber schnell ist hier die Grenze zum Rechtsmissbrauch überschritten. Und zwar dann, wenn es nur noch um das Erzielen von Gebühren geht und nicht mehr um den eigentlichen Unterlassungsanspruch.

Das LG Berlin (Urt. v. 20.9.2016, 15 O 6/16) hatte sich mit einer interessanten Abmahn-Konstellation zu befassen.

Der Abmahnung vorausgegangen war eine E-Mail mit unzulässiger Werbung.

Die Klägerin ließ das Unternehmen, von dem die E-Mail kam, abmahnen.

Kosten übernahm ein Finanzier

Das Ungewöhnliche an dieser Abmahnung: Die Klägerin war Kunden eines Unternehmens, das die Prozesskosten vollständig übernahm. Die Klägerin selbst hatte also kein Prozesskostenrisiko.

Im Gegenzug musste die Klägerin Ansprüche auf Zahlung späterer Vertragsstrafen an dieses Unternehmen abtreten.

Dieses Verhalten sei aber rechtsmissbräuchlich, entschied das Gericht. Auf weitere inhaltliche Probleme in dem Prozess kam es daher schon gar nicht mehr an.

Rechtmissbrauch

Es stellt einen Rechtmissbrauch dar, wenn durch das Zusammenwirken von Prozessfinanzier und Anwalt dem Mandanten eine kostenfreie Verfolgung von Unterlassungsansprüchen angeboten wird und der Kläger aus zukünftigen Vertragsstrafen Gewinne schöpfen will.

“Zu Recht weisen die Beklagten darauf hin, dass eine Prozessfinanzierung bei Unterlassungsansprüchen keinen Sinn ergibt, weil es an einer Forderung, von deren Durchsetzung der Finanzierer profitieren könnte, mangelt.

Das hat das Kammergericht in der soeben genannten Entscheidung ähnlich gesehen. Fehlt es aber am angeblichen Sinn, so muss die Einschaltung des Dienstes im vorliegenden Fall eines anderen Sinn haben. Es ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dies etwas anderes als die Verschleierung der Kostenfreistellung der Klägerin durch deren Anwälte sein könnte.

Zudem erscheint schon wenig plausibel, dass ein Wirtschaftsunternehmen wie die Holding sich ausschließlich auf Einnahmen verlässt, für die bestenfalls jeweils zwei außergerichtliche Vorgehen anzustrengen sind, während bei Uneinsichtigkeit des Gegners das zweite (auf die Strafe gerichtete) sogar durch ein gerichtliches Verfahren ersetzt werden muss und das erste (auf den Titel gerichtete) ohnehin zu einem gerichtlichen Verbot und damit nicht zu einem Vertragsstrafenversprechen führt.

Diese Schwierigkeiten und damit verbundenen Kosten dürften außer Verhältnis zu den aus einer Vertragsstrafe zu erwartenden Einnahmen stehen.

Hinzu kommt, dass – bei Uneinsichtigkeit auf der zweiten Stufe – allenfalls Personen aus Berlin mit erheblichen Aussichten verklagt werden können: Es entspricht der Erfahrung der Kammer, dass jedenfalls bis zu der erwähnten Änderung der Rechtsprechung des Kammergerichts (also noch im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Gründung des Dienstes) nur vor den Berliner Gerichten verlässlich substantielle Streitwerte erzielbar waren, die sich auch in einer vierstelligen Vertragsstrafe niederschlagen dürften.”

Verräterisches Verhalten

Der Dienst, der die Prozesse finanzierte versprach, die Hälfte der Einnahmen aus den Vertragsstrafen zu spenden. Das sah das Gericht als verräterisches Verhalten an.

“Auch hält die Kammer das Versprechen des Dienstes, die Hälfte der Vertragsstrafen zu spenden, für verräterisch: Sollte der Dienst tatsächlich derart hohe Umsätze erzielen, dass er – sogar ohne Berücksichtigung seiner Kosten – auf die Hälfte davon verzichten kann, so müsste dies alsbald eine Vielzahl von Mitbewerbern auf den Plan rufen. Von denen ist aber nichts bekannt.

Möglicherweise beruht das Versprechen des Dienstes allein darauf, dass das Kammergericht in der oben genannten Entscheidung auch die Profitmöglichkeit für den Kläger (etwa aus anfallenden Vertragsstrafen) beanstandet hatte. Will man dem Kläger gleichwohl einen – wenn auch immateriellen – Vorteil verschaffen, so bietet sich das Versprechen einer Spende, wie hier, zwar durchaus an. An der Rechtsmissbräuchlichkeit der gesamten Konstruktion ändert sich dadurch aber nichts.”

Fazit

Abmahnungen wurden nicht dazu geschaffen, um damit die Profitgier mancher Anwälte zu stillen. Sie dienen dazu, legitime Unterlassungsansprüche schnell und kostengünstig außergerichtlich aus der Welt zu schaffen. Es ist daher gut, wenn rechtsmissbräuchliches Verhalten gestoppt wird.

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