Das Gewährleistungsrecht ist eines der Rechtsgebiete, die in Europa noch nicht vollharmonisiert sind. Der Händler, der grenzüberschreitend handelt, muss sich deswegen mit den verschiedenen Regelungen des jeweiligen Zielmarkts vertraut machen. Welche sind die wichtigsten Aspekte des Gewährleistungsrechts in Italien? Welche Unterschiede gibt es zu deutschem Recht?
Online-Händler müssen einen Verweis auf das bestehende Gewährleistungsrecht in ihren Infotexten angeben. Normalerweise wird in Italien ein Verweis auf das Gewährleistungsrecht in den AGB oder direkt auf den Produktseiten gegeben. Wichtig ist nur, dass die Information vor dem Vertragsschluss bereitgstellt wird. Eine Information darüber in der Bestellbestätigungsmail wäre also nicht ausreichend.
Wenn die verkaufte Ware nicht vertragsgemäß ist und bemängelt wurde, stehen dem Verbraucher verschiedene Lösungen zur Verfügung. Dem Verbraucher steht die Entscheidung frei, bei der Ausübung des Gewährleistungsrechts vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung oder Ersatzlieferung zu verlangen. Außerdem hat der Verbraucher, wenn der Verkäufer seinen Pflichten zur Nacherfüllung nicht nachkommt, unter strengen Voraussetzungen auch das Recht auf Minderung des Kaufpreises oder auf Rücktritt vom Vertrag.
Bei der Nacherfüllung kann der Verbraucher sich zwischen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung gründsätzlich frei entscheiden. Nur wenn die Entscheidung des Verbrauchers als unangemessen erscheint, kann der Verkäufer ihr wiedersprechen und eine andere Lösung vorschlagen. In der Praxis werden aber dem Verkäufer immer zwei Versuche für die Nachbesserung erlaubt, bevor man eine Ersatzlieferung verlangt.
Die Nachbesserung bzw. Ersatzlieferung muss innerhalb einer angemessenen Frist gewährleistet werden. Das Gesetz erläutert nicht weiter, was genau damit gemeint ist. Deswegen wird eine Frist für die Erfüllung der Leistung sehr häufig direkt von den Verbrauchern vorgeschlagen: die Angemessenheit solcher Fristen bleibt aber ohnehin nur fallabhängig prüfbar.
Der Verbraucher muss in Italien eine Meldefrist von 2 Monaten ab der Entdeckung des Mangels zwingend respektieren, wenn er sein Gewährleistungsrecht ausüben will. Das Gesetz setzt keine konkreten Anforderungenan die Form der Meldung, aber in der Praxis ist eine Meldung per Einschreiben in aller Regel der Fall.
Die Meldung ist aber nicht notwendig, um das Gewährleistungsrecht ausüben zu dürfen, wenn der Verkäufer Kenntnis vom Sachmangel vor dem Verkauf hatte, oder er den Mangel vertuscht hatte.
Genau wie in Deutschland hat das Gewährleistungsrecht in Italien eine Laufzeit von zwei Jahren ab Ablieferung der Ware bei dem Kunden. Einen Unterschied zu den deutschen Vorschriften findet man aber bei der Verjährungsfrist. Während in Deutschland die Laufzeiten des gesetzlichen Gewährleistungsrechts und der Verjährungsfrist gleich sind, kann in Italien der Verbraucher sein Gewährleistungsrecht vor Gericht bis zum Ablauf von 26 Monaten ab Lieferung der Ware geltend machen.
Für gebrauchte Waren können sich die Parteien auf eine kürzere Gewährleistungsfrist einigen, aber nicht kürzer als ein Jahr.
Die Beweislastumkehr beträgt in Italien 6 Monate. Abgesehen davon hat aber der Verbraucher keinen Anspruch auf das Gewährleistungsrecht, wenn der Mangel auf seinen schuldhaften und nicht zweckmäßigen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist.
Zusätzliche vertragliche Garantien sind auch in Italien möglich. Diese müssen aber vom Gewährleistungsrecht klar getrennt gehalten werden und dürfen das gesetzliche Recht auf keinen Fall einschränken. Außerdem müssen solche Garantien auf Italienisch verfasst werden, mit der gleichen Schriftgroße wie bei eventuell vorhandenen Fassungen in anderen Sprachen.
Bei der Verfassung von den Infotexten ist daher zu empfehlen, das Gewährleistungsrecht und die anderen Garantien, die evtl. im Shop zur Verfügung gestellt werden, klar in zwei getrennten Paragraphen zu erwähnen.
Das Gewährleistungsrecht in Italien zeigt sicherlich viele Ähnlichkeiten mit den deutschen Normen. Die Meldefrist von 2 Monaten ab der Entdeckung der Mängel oder die Möglichkeit für Verbraucher, innerhalb von 26 Monaten ihr Gewährleistungsrecht geltend zu machen, sind aber für deutsche Händler Neuigkeiten. Wer im Ausland erfolgreich sein will, muss der sich daher auch mit den im Zielmarkt üblichen Praktiken vertraut machen.
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