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Kundenbewertungen in Italien: Was ist erlaubt?

Kundenbewertungen sind gleichzeitig Fluch und Segen für viele Online-Händler. Auf der einen Seite sind Kundenbewertungen ein effizientes Werbemittel und fördern das Vertrauen von potentiellen Kunden, auf der anderen Seite können falsche und aggressive Bewertungen ganz schnell außerhalb der Grenzen einer angemessenen Kritik fallen.

Inwieweit sich Verbraucher negativ äußern können und ab welchem Punkt eine Meinungsäußerung rechtliche Folgen mit sich bringt, ist in Italien in verschiedenen Rechtsquellen geregelt. In diesem Beitrag entdecken Sie die Leitlinien vom italienischen Bewertungsrecht und gewinnen einen ersten Einblick in die Risiken bei der kommerziellen Werbung mit Kundenbewertungen.

Negative Bewertungen: Inwieweit sind sie erlaubt?

Bewertungen im Shop sind entscheidend, um Vertrauen zu neuen Kunden aufzubauen. In letzter Zeit spielen sie eine immer wichtigere Rolle im Online-Handel. Genau deswegen sind schlechte Bewertungen für Händler sehr schwierig zu verdauen.

Aber solange die Meinungsäußerung der Kunden innerhalb der rechtlichen Grenzen bleibt, bilden negative Bewertungen keine Rechtsverletzung. Vielmehr: Shops die nur gute bis sehr gute Bewertungen haben erwecken bei Verbrauchern eher Misstrauen. Händler sollten in begründet, negativen Bewertungen eher Chancen erkennen und sich diese zum positiven Nutzen machen.

“Schlechte Bewertungen” sind letztendlich subjektive Beurteilungen von gewissen Tatsachen und somit lediglich Meinungsäußerungen, die als solche in der italienischer Verfassung (Art. 21) geschützt sind. Man spricht hier von einem Kritikrecht, weil es um kritische Bemerkungen geht.

Das Kritikrecht ist aber nur dann gegeben, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die Fakten, die genannt werden, haben eine öffentliche Relevanz (was bei Bewertungen genau Sinn der Sache ist);
  • Die Fakten werden objektiv aufgezählt;
  • Die Fakten werden mit einem angemessenen Tonfall beschrieben.

Genau der dritte Punkt ist schwierig einzustufen und kann nur je nach konkretem Fall überprüft werden.

Das höchste italienische Gericht hat festgestellt, dass bei einer Bewertung der Bewertende die Freiheit hat, den Sachverhalt so darzustellen, wie er ihn wahrnimmt, behauptete Fakten müssen jedoch den wahren Tatsachen entsprechen.

In der Praxis ist es ziemlich kompliziert, die Grenze zwischen erlaubter Meinungsäußerung und verbotenen, unwahren Behauptungen zu ziehen.

Meinung vs. Straftat

Ebenfalls von der italienischen Verfassung geschützt sind die Rechte auf den Ruf und auf das Image des Händlers. Wenn diese Rechte auf eine unangemessene Art und Weise angegriffen werden, können strafrechtliche Konsequenzen folgen.

Je nach Zusammenhang könnte sich der Fall der Nachrede ergeben, der in Art. 595 Strafgesetzbuch bestraft wird. Eine Nachrede liegt aber nur dann vor, wenn:

  • Die Fakten an verschiedene Personen kommuniziert sind (für Online Bewertungen gilt das immer, da sie an die Öffentlichkeit der Nutzer gerichtet sind);
  • Die Aussagen den Ruf der anderen Partei verletzen;
  • Die angegriffene Person nicht anwesend ist (was bei Online Bewertungen ebenso immer der Fall ist).

Außerdem wurde schon in verschiedenen Fällen von italienischen Gerichten entschieden, dass die Internet-Nutzung gleichstufig zur Äußerung durch die Presse zu bewerten ist. Auch wenn die konkreten Fälle sich immer nur auf soziale Netzwerke bezogen haben, könnte die Logik dieser Entscheidungen auf Online-Shops übertragen werden. Wenn es so wäre, würde man auch Bewertungen in einem Online-Shop, die den Tatbestand der Nachrede erfüllen, verschärft bestrafen.

Was passiert, wenn man mit Bewertungen wirbt?

Wenn man das volle Potenzial von Bewertungen ausnutzen und sie als Kern einer Marketingkampagne einsetzen will, dann muss man aufpassen.

Mit der Nutzung eines vorteilhaften Werbeslogans basierend auf einer Kundenbewertung, geht eine allgemeine Kontrollpflicht ein. Während Bewertungen dem Händler wesentliche Wettbewerbsvorteile sichern können, können sie aber auch schnell Tatbestände des unlauteren Wettbewerbs erfüllen, insbesondere wenn die Bewertung nicht wahr ist. Dann besteht das Risiko ins Visier der italienischen Wettbewerbsbehörde zu geraten, denn in Italien gibt es zwar keine Abmahnungen, aber die Behörde hat weitreichende Kompetenzen.

Das Thema Werben mit Kundenbewertungen ist in Italien immer sehr aktuell. In letzter Zeit gab es viel Bewegung in der Rechtsprechung hierzu, nicht zuletzt weil „Bewertungsschmuggler“ aufgedeckt wurden. Dabei handelt es sich um Gesellschaften, die für das Verfassen von falschen, negativen Bewertungen von Wettbewerbern beauftragt werden oder die sich um die Erstellung unechter, sehr positiver Bewertungen für die Händler kümmern.

Das Phänomen scheint zurzeit nur auf bestimmte Bereiche der Online-Dienstleistungen begrenzt zu sein, aber sicher ist, dass die wirtschaftlichen Interessen im Spiel nicht zu unterschätzen sind und dass sich die Aufmerksamkeit der Aufsichtsbehörde zum Thema Bewertungen mit der Zeit verschärfen wird.

Regelmäßige und organisierte Kontrollen auf die Wahrhaftigkeit der Bewertungen sind deswegen immer geboten.

Fazit

Das Thema Bewertungen ist sehr spannend, und bringt verschiede Rechtsfragen mit sich, die eine überlegte Interessensabwägung voraussetzen. Die Beantwortung der Frage der Angemessenheit bestimmter Ausdrücke bei Online-Bewertungen bleibt relativ offen, da es dabei immer um das Ermessen in dem  konkreten Fall geht. Eine Sache ist aber klar: wer Bewertungen einsetzt muss sich auch rechtlich ausrüsten und sich mit dem Thema gründlich auseinander setzen. Wir beraten wir Sie gerne! (ec)