Händler haben oft nur einen begrenzten Warenvorrat - das ist klar, denn unendlich viele Waren kann niemand haben. Ein solcher Warenvorrat spielt insbesondere bei der Bewerbung besonderer Aktionsartikel eine Rolle. Aber wie genau muss die Begrenzung des Warenvorrates kommuniziert werden? Ein aktuelles BGH-Urteil schließt eine häufige Klausel nun als unzureichend aus.
Ein Unternehmen warb sowohl im Rahmen einer Print- wie auch in einer Online-Anzeige mit dem Angebot eines speziellen Smartphones.
In der Printanzeige befand sich folgender Hinweis:
"Dieser Artikel kann aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein."
In der Online-Anzeige stand
"Alle Artikel solange der Vorrat reicht."
Teilweise war das Smartphone in den Filialen des Unternehmens aber bereits kurz vor oder kurz nach Beginn der regulären Öffnungszeiten am Tag der Smartphone-Aktion vergriffen gewesen.
Deswegen wurde die entsprechende Werbung von einem Wettbewerbsverband abgemahnt, mit der Begründung, es handle sich um ein sogenanntes Lockvogelangebot.
Das Landgericht gab der später folgenden Klage statt, das OLG sah die Klage als unbegründet an. Es begründete seine Auffassung damit, dass das beklagte Unternehmen eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, die die Wiederholungsgefahr ausräumte. Das sah der Wettbewerbsverband anders, deswegen musst der BGH (Urt. v. 17.9.2015, I ZR 92/14) in der Sache entscheiden.
Wissen Unternehmer (oder können sie damit rechnen), dass Warenbevorratung für eine bestimmte Aktion nur einen sehr kurzen Zeitraum ausreichend sein wird, müssen sie darüber hinreichend aufklären, sonst handelt es sich um ein sog. Lockvogelangebot.
Das Beklagte Unternehmen war der Auffassung, durch die oben genannten Hinweise sei der Verbraucher hinreichend über die knappe Bevorratung aufgeklärt gewesen. Das sah das OLG und am Ende auch der BGH anders:
"Die Annahme des Berufungsgerichts, der vorliegend in Rede stehende Hinweis "Dieser Artikel kann aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein" in der Prospekt- und Internetwerbung reiche als reiner Formalhinweis nicht aus, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Die Annahme unzureichender Aufklärung erweist sich insbesondere nicht als erfahrungswidrig.
Der durchschnittliche Betrachter eines Werbeprospekts oder einer Onlinewerbung der vorliegenden Art rechnet angesichts dieses Hinweises nicht damit, dass das beworbene Produkt bereits am Vormittag des ersten Angebotstages nicht mehr erhältlich sein könnte.
Dem steht der Charakter eines "Aktionsangebots", das nicht zum regulären Sortiment gehört und im Rahmen einer wöchentlich wechselnden Aktion angeboten wird, nicht entgegen. Auch bei wöchentlichen Aktionen geht der angesprochene Verkehr nicht davon aus, die beworbene Ware werde schon am Vormittag des ersten Angebotstages also nur wenige Stunden nach Angebotsbeginn ausverkauft sein.
Der von den Beklagten verwandte Hinweis verdeutlicht mithin die im Streitfall bestehende Verfügbarkeitsbeschränkung nicht in ausreichendem Maße.
Dies gilt bezogen auf die Internetwerbung auch mit Blick auf den Zusatz "Alle Artikel so lange der Vorrat reicht". Dieser Angabe ist kein über den Sternchenhinweis hinausgehender Informationsgehalt zu entnehmen."
Die Werbung im vorliegenden Fall bezog sich auf Warenangebote in einem stationären Geschäft.
Führt ein Online-Händler eine bestimmte Aktion durch, reicht ebenfalls nicht der Hinweis bei den Angeboten "Solange der Vorrat reicht". Vielmehr muss gewährleistet sein: Ist der vorhandene Warenvorrat abverkauft, muss das Angebot sofort abgeschaltet werden, sodass niemand mehr bestellen kann.
Der BGH betont in seinem Urteil noch einmal, dass nicht ein knapper Warenvorrat an sich wettbewerbswidrig ist. Die Wettbewerbswidrigkeit ergibt sich vielmehr aus der fehlenden Aufklärung über einen angemessenen Warenvorrat.
Denn Nr. 5 des Anhangs zum UWG stellt klar, dass unzulässige geschäftliche Handlungen sind:
"Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5a Absatz 3 zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als zwei Tage, obliegt es dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen."
Der BGH hat den Fall an das OLG Stuttgart zurückverwiesen. Dieses wird nun Beweis darüber erheben müssen, ob die Bevorratung bei dem Unternehmer angemessen war.
Ein Unternehmer kann dann z.B. mit Vergleichswerten arbeiten. Hat er eine sehr ähnliche oder gleiche Aktion zu einem früheren Zeitraum schon einmal durchgeführt und die Bevorratung war gleich und hat für einen Zeitraum von über zwei Tagen gereicht, dann kann er wohl auch davon ausgehen, dass die Bevorratung für die neue Aktion angemessen ist.
Hier sind aber immer alle Umstände des Einzelfalls zu beachten. Es dürfte aber einem Händler nur schwer gelingen, die Angemessenheit der Bevorratung zu beweisen, wenn der Vorrat nicht für zweit Tage reicht.
In eine ähnliche Richtung hatte der BGH schon 2009 entschieden, damals ging es um eine Gratiszugabe, wenn der Verbraucher ein bestimmtes Produkt kaufte. Die Gratiszugabe war aber nur verfügbar "solange der Vorrat reicht". Der BGH erkannte damals keine Irreführung in dieser Angabe.
Bei einer Gratiszugabe reiche der Hinweis "solange der Vorrat reicht" aus, entschieden die Richter damals. Gaben aber gleichzeitig mit auf den Weg:
"Dies ändert nichts daran, dass der Hinweis „solange der Vorrat reicht“ im Einzelfall irreführend sein kann, wenn die bereitgehaltene Menge an Zuga-ben in keinem angemessenen Verhältnis zur erwarteten Nachfrage steht, so dass der Verbraucher auch innerhalb einer zumutbaren kurzen Reaktionszeit nach üblicher Kenntnisnahme von der Werbung von vornherein keine realisti-sche Chance hat, in den Genuss der Zugabe zu gelangen.
Händler müssen bei Werbeaktionen eine Menge rechtliche Vorgaben beachten. Richtige Preisdarstellung, Nennung aller Bedingungen (sofern es welche gibt), keine Irrefühung und eben auch das Thema Bevorratung und Aufklärung darüber - dies alles natürlich neben den ohnehin schon zahlreichen "ganz normalen" Informationspflichten, die insbesondere Online-Händler erfüllen müssen.
Diese Pflichten muss ein Online-Händler natürlich nicht nur im eigenen Shop beachten, sondern auch, wenn er Werbung an anderer Stelle im Internet - z.B. bei Google, in Preissuchmaschinen etc. - oder offline - z.B. in Zeitschriften, einen Prospekten, Werbeflyern etc. - macht
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