justitiaDas Einholen von datenschutzrechtlichen Einwilligungen stellt Online-Händler immer wieder vor Probleme. Vor allem, da bald Verbraucherschützer Datenschutzverstöße abmahnen können, bekommt das Thema neue Brisanz. Das OLG Frankfurt hat sich aktuell schon mit dieser Frage beschäftigt.

Auf einer Website wurde ein Gewinnspiel durchgeführt.

Auch fanden sich dort zwei Einwilligungstexte. Der erste Text war mit einem nicht vorausgewählten Ankreuzfeld versehen und lautete:

“Ich bin einverstanden, dass einige Sponsoren und Kooperationspartner mich (postalisch oder) telefonisch (oder per E-Mail/SMS) über Angebote aus ihrem jeweiligen Geschäftsbereich informieren. Diese kann ich hier selbst bestimmen, ansonsten erfolgt die Auswahl durch den Veranstalter. (Das Einverständnis kann ich jederzeit widerrufen. Weitere Infos dazu hier).”

Knapp 60 Werbepartner

Klickte der Interessent innerhalb des Textes auf “Sponsoren und Kooperationspartner” oder auf “hier” öffnete sich eine Liste mit 59 Unternehmen mit ihren Adressen, Geschäftsbereichen, in dem geworben werden sollte, dem Kommunikationskanal (also Post, Telefon, E-Mail), Internetseite des Unternehmens sowie dem Link “Abmelden”.

Am Anfang der Liste stand der Hinweis:

“Durch Anklicken auf dem Link „Abmelden” entscheide ich, dass dem genannten Partner/Sponsor kein Werbeeinverständnis erteilt werden darf. Wenn ich keinen oder nicht ausreichend viele Partner/Sponsoren abgemeldet habe, wählt P für mich Partner/Sponsoren nach freiem Ermessen aus (Höchstzahl: 30 Partner/Sponsoren).”

Einwilligung für Werbe-Cookies

Der zweite Text war bereits vorangekreutzt und lautete:

“Ich bin einverstanden, dass der Webanalysedienst R. bei mir eingesetzt wird. Das hat zur Folge, dass der Gewinnspielveranstalter, die P GmbH, nach Registrierung für das Gewinnspiel Cookies setzt, welches P eine Auswertung meines Surf- und Nutzungsverhaltens auf Websites von Werbepartnern und damit interessengerichtete Werbung durch R. ermöglicht. (Die Cookies kann ich jederzeit wieder löschen. Lesen Sie Näheres hier.)”

Klickte der Interessent auf “hier”, gelangte er auf eine Unterseite mit folgenden Informationen:

“Die durch die Cookies übermittelten Informationen werden ausschließlich für Werbung verwendet, in der Produkte des Werbepartners vorgestellt werden. Die Informationen werden für jeden Werbepartner getrennt erhoben, gespeichert und genutzt. Keinesfalls werden Werbepartner-übergreifende Nutzerprofile erstellt. Die einzelnen Werbepartner erhalten keine personenbezogenen Daten. Sofern Sie kein weiteres Interesse an einer Verwendung der Cookies haben, können Sie diese über Ihren Browser jederzeit löschen. Eine Anleitung finden Sie in der Hilfefunktion Ihres Browsers. Durch die Cookies können keine Programme ausgeführt oder Viren übertragen werden. Sie haben selbstverständlich die Möglichkeit, dieses Einverständnis jederzeit zu widerrufen.”

Die Teilnahme am Gewinnspiel war nicht möglich, wenn beide Felder unangekreuzt blieben. Es musste mindestens das Einverständnis zur postalischen, telefonischen oder SMS bzw. E-Mail-Werbung angekreutzt werden.

Werbeeinwilligung: unwirksam

Sowohl das LG Frankfurt (Urt. v. 10.12.2014, 2-06 O 030/14) als auch das OLG Frankfurt (Urt. v. 17.12.2015, 6 U 30/15) sahen die Einwilligungserklärung hinsichtlich der Werbung durch die Sponsoren als unwirksam an.

Das LG Frankfurt sah in erster Instanz die Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung nicht gegeben, da der Interessent keine Einwilligung für den konkreten Fall gebe.

“Sein Einverständnis bezieht sich vielmehr auf etwa 60 Fälle, die voreingestellt sind, wie sich aus der Sponsorenliste ergibt.

Eine Einverständniserklärung im jeweils konkreten Fall kann folglich erst gegeben werden, nachdem der Verbraucher die Liste durchgesehen und dadurch erfahren hat, auf welches Unternehmen und auf welche Werbeform sich seine Einverständniserklärung jeweils bezieht.

Erst im Anschluss an die Kenntnisnahme des jeweiligen Listeneintrags kann der Verbraucher seine Einwilligung wirksam erteilen. Denn Sinn und Zweck der Einwilligungsvoraussetzung „in Kenntnis der Sachlage” ist es, dem Verbraucher die für seine Entscheidung notwendige Entscheidungsgrundlage zu liefern.

Dann aber ist zwingende Voraussetzung für eine sachgerechte Umsetzung der Gesetzesvorgaben, dass dem Verbraucher die Entscheidungsgrundlage vermittelt wird, bevor er seine Entscheidung für oder gegen eine Einverständniserklärung trifft.

Die gesetzliche Regelung verlangt also, dass dem Verbraucher die Möglichkeit verschafft wird, zunächst die für seine Entscheidung notwendigen Informationen zu erhalten, danach und auf dieser Informationsgrundlage seine Entscheidung für den konkreten Fall zu treffen und schließlich im dritten Schritt, seine Einwilligung zu erteilen und das – entsprechend der deutschen Umsetzung – im Wege des Opt-in-Verfahrens.”

Der Unternehmer nutzte hier aber ein “umgedrehtes” Verfahren, bei dem nicht sichergestellt war, dass der Verbraucher eine Einwilligung in Kenntnis der Sachlage abgab:

“Bei dem von der Bekl. gewählten Verfahren ist die Einhaltung dieser Gesetzesvorgaben nicht zwingend gewährleistet.

Verbraucher, die die Einverständniserklärung bereits angekreuzt haben, bevor sie die Unternehmensliste aufrufen, um sich über den Umfang ihrer Einwilligungserklärung klar zu werden, müssen ihre bereits erteilte Einwilligung nunmehr entweder insgesamt oder in dem jeweiligen konkreten Fall durch Entfernen des Kreuzes oder Abwahl des jeweiligen Unternehmens „widerrufen”.

Dieser Widerspruch gegen die Einwilligung im konkreten Fall stellt jedoch nichts anderes als ein nach der deutschen Regelung unzulässiges Opt-out-Verfahren dar. Denn in dem Zeitpunkt, in dem der Verbraucher die notwendig informierte Entscheidung treffen kann, besteht für ihn nur noch die Möglichkeit, der bereits durch Ankreuzen dokumentierten, aber eben noch nicht wirksam erteilten Einwilligung zu widersprechen.”

Das OLG Frankfurt führte in der Berufung noch weitere Gründe für die Unwirsamkeit der Einwilligung an.

Produkte müssen konkret genannt werden

So fehlte es an der Nennung der konkreten Produkte oder Dienstleistungen, für die zukünftig geworben werden sollte:

“Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Einwilligung in telefonische Werbung gegenüber Verbrauchern nur dann wirksam erteilt, wenn die Einwilligung für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erteilt wird; es muss für den Einwilligenden klar sein, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen die Einwilligung konkret erfasst.

Diesen Anforderungen wird die angegriffene Einwilligungserklärung einschließlich der verlinkten Liste von Unternehmen nicht gerecht.

Zwar wird dem Erfordernis der “Kenntnis der Sachlage” im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich dadurch genügt, dass der Verbraucher die Möglichkeit zur Kenntnisnahme erhält; denn wer aus Interesselosigkeit oder Dummheit eine von ihm verlangte Einwilligungserklärung ungelesen anklickt, kann nicht als schutzwürdig angesehen werden.

Die Möglichkeit zur Kenntnisnahme muss jedoch nach den Gesamtumständen so ausgestaltet sein, dass sie für den Verbraucher überschaubar und verständlich ist; sie muss daher demjenigen Internetnutzer, der grundsätzlich zu einer sachlichen Befassung mit Inhalt und Umfang der Einwilligungserklärung bereit ist, die Möglichkeit einer realistischen Prüfung eröffnen und darf nicht die Gefahr einer vorschnellen Einwilligung begründen.”

Diese Voraussetzungen erfüllte die Einwilligungsklausel des Unternehmers aber nicht, so das OLG Frankfurt weiter.

“Der Internetnutzer muss entsprechend der Aufforderung im Erklärungstext (“Diese kann ich hier selbst bestimmen”) vor Abgabe der Einwilligungserklärung die Liste mit den 59 vorgestellten Unternehmen aufrufen, prüfen, von welchem Unternehmen er keine Werbung wünscht, und sodann bei diesen Unternehmen den “Abwählen”- Butten anzuklicken (“opt-out”).

Zwar ist es nicht schlechterdings ausgeschlossen, dass sich der Nutzer entsprechend diesen Vorgaben verhält. […]

Die Gestaltung der Einwilligungserklärung sowie der verlinkten Unternehmensliste ist vielmehr darauf angelegt, beim Verbraucher mit dem im Erklärungstext enthaltenen Hinweis zunächst den Eindruck zu erwecken, die werbenden Anrufer selbst bestimmen zu können, ihn dann nach Aufruf der verlinkten Liste aber mit einem unverhältnismäßig aufwendigen Auswahlvorgang zu konfrontieren in der Erwartung, dass der Spielteilnehmer unter diesen Umständen der – als Alternative angebotenen – Auswahl von höchstens 30 Unternehmen durch die Beklagte zustimmen wird.

Eine auf diese Weise erzeugte Einwilligungserklärung ist nicht “in Kenntnis der Sachlage” im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgegeben.”

Cookie-Einwilligung: Zulässig

Anders als das LG Frankfurt stufte das OLG Frankfurt aber die Cookie-Einwilligung als zulässig ein.

Der Unternehmer entschied sich bei der zweiten Einwilligung für das Opt-out Verfahren. Das sei hier aber nicht zu beanstanden, so das Gericht.

Für eine Einwilligung in Werbung gelten andere Maßstäbe als im Falle der Cookie-Einwilligung.

“Die streitgegenständliche Erklärung ist nicht schon deswegen unzureichend, weil der Nutzer der Einwilligung (durch Anklicken des Häkchens zu Beginn der Erklärung) widersprechen muss (“opt-out”); denn ein “opt-in”-Erfordernis ist den genannten Vorschriften nicht zu entnehmen. Dies hat der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Regelung des § 4a BDSG bereits entschieden (vgl. BGH 16.07.2008 – VIII ZR 348/06 – Payback).

Die Vorschrift des § 15 III TMG, die dem Nutzer ein Widerspruchsrecht gegen die Verwendung von Nutzungsdaten einräumt, stellt sogar ausdrücklich klar, dass ein “opt-out”-Verfahren ausreichend ist.”

Cookie-Richtlinie ändert nichts

Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Frist zur Umsetzung der Cookie-Richtlinie abgelaufen sei und die deutschen Vorschriften jetzt im Lichte der Richtlinie auszulegen seien.

“Abgesehen von der Frage, ob insbesondere der insoweit klar entgegenstehende Wortlaut des § 15 III TMG einer solchen Auslegung überhaupt zugänglich ist, enthält Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG jedenfalls keine Regelung, die ein “opt-in”-Verfahren zwingend vorschreibt; dies gilt auch unter Berücksichtigung des Erwägungsgrunds (66) der Richtlinie 2009/136/EG.

Dort ist jeweils nur von der klaren und umfassenden bzwverständlichen Information die Rede, die dem Nutzer vor Abgabe der Einwilligungserklärung gegeben werden muss. Dem steht ein “opt-out”-Verfahren nicht generell entgegen.”

Die Opt-Out-Möglichkeit hinsichtlich der Cookie-Einwilligung sei in diesem Fall daher nicht zu beanstanden.

Aber auch inhaltlich sah das Gericht keine Probleme:

“Sie [die Einwilligungserklärung – d. Red.] stellt die Funktion eines Cookies in den Grundzügen richtig heraus; die Einzelheiten werden dann in dem – hinreichend deutlich – verlinkten weiteren Text detailliert erläutert.

Der Senat verkennt nicht, dass die technisch nicht einfachen Zusammenhänge bei der Setzung und Nutzung von Cookies in ihren Einzelheiten auch noch eingehender dargestellt werden könnten.

Die insoweit zu stellenden Anforderungen an die erforderliche Information des Nutzers müssen jedoch – wenn die Information ihren Sinn erfüllen soll – auch der Fähigkeit und Bereitschaft des Nutzers Rechnung tragen, sich mit diesen Fragen tatsächlich zu befassen.

Diesen Anforderungen werden die streitgegenständlichen Informationen gerecht.”

Fazit

Das Gericht hat nochmals klargestellt, dass Einwilligungserklärungen für die Werbung per Telefon (und E-Mail) sehr detailliert formuliert werden müssen, um den rechtlichen Anforderungen stand zu halten. Das betrifft auch Online-Händler, die E-Mail-Werbung als Marketing-Instrument einsetzen und Abmahnungen vermeiden wollen. (mr)

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