Deutschlandweites Verbot der Sonntagsarbeit in Call-Centern

Ein bundesweites Verbot der Sonntagsarbeit in Call-Centern. Darauf müssen sich Online-Händler einstellen. Experten aus Bund und Ländern planen ein entsprechendes Gesetz. In Zeiten eines immer schnelleren Händler-Kunden-Dialogs wäre dieses Verbot ein herber Rückschritt.

Es ist für Verbraucher selbstverständlich, dass sie auch am Sonntag online einkaufen können. Und es ist für viele Online-Shopper auch selbstverständlich, dass sie den Shop entwder per E-Mail, Live-Chat oder Telefon an Sonn- und Feiertagen erreichen wollen. Aus diesem Grund gehört bei vielen Online-Händlern ein internes oder externes Call-Center zur Grundausstattung ihres Geschäfts.

Nach Medienberichten werden Verbraucher damit rechnen müssen, viele Online-Shops künftig an Sonn- und Feiertagen nicht mehr telefonisch erreichen zu können. Denn die Sonntagsarbeit für Call-Center-Unternehmen soll verboten werden.

Droht wirklich ein Schaden für Online-Händler?

Gegner des Verbotes weisen darauf hin, dass vor allem am Sonntag im E-Commerce viel Geschäft gemacht werde. So warnt Sebastian Schulz vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh):

"Der Sonntag ist für unsere Firmen der umsatzstärkste Tag der Woche. Wenn das Verbot deutschlandweit kommt, dann werden viele den Kundenservice auslagern, womöglich auch für den Rest der Woche."

Wie viele Shopbetreiber von einem Sonntagsarbeits-Verbot betroffen sein könnten, ist nicht bekannt. Der Branchenverband Call Center Verband Deutschland (CCV), kann auf Nachfrage nicht quantifizieren, wie viele Online-Händler externe oder interne Call-Center nutzen.

Allerdings lässt eine aktuelle Umfrage von HDE und ECC Köln erahnen, dass hier eine Monsterwelle auf den Online-Handel zurollen könnte. Neben E-Mail-Kontaktmöglichkeiten oder Kontaktformularen sind vor allem Service-Hotlines bei den Online-Händlern weitverbreitet. So bieten zwei Drittel (67,4 Prozent) der Online-Händler ihren Kunden eine Service-Hotline an. Wie hoch hierbei der Anteil an Online-Shops ist, dessen Hotline auch sonntags erreichbar ist, geht aus der Umfrage leider nicht hervor.

Wie der CCV mitteilte, sei man aber aktuell in einer Arbeitsgruppe damit befasst, Informationen darüber zusammenzustellen, welche Branchen mit wie vielen Arbeitnehmern betroffen sind und wie groß die Gefahr ist, dass diese  Arbeitsplätze verlorengehen.

[poll id="59"]

Telefon ist nur ein Glied der Kette

Ein Verbot der Sonntagsarbeit zieht allerdings noch größere Kreise. Denn Call-Center übernehmen in vielen Fällen nicht nur die Kommunikation per Telefon, sondern auch Anfragen per E-Mail, den Sozialen Medien oder über Live-Chats.

Um beispielsweise auf E-Mail-Anfragen zu antworten haben Unternehmen in der Regel ein bis max. zwei Tage Zeit. Dauert es länger, wird der Kunden in der Regel sauer.

Macht der Shopbertreiber dann noch einen Service-Kanal in Social Media auf (Facebook, Twitter etc.) oder sogar einen Live-Chat auf, so müssen auch diese Kanäle tagesgleich bedient werden. Egal ob am Sonntag oder in der Woche. Erhebungen zeigen, dass die Antwortzeit in Social Media vier bis sechs Stunden nicht übersteigen sollte. Einige Studien sprechen sogar von erwarteten Reaktionszeiten im Social Web von weniger als 60 Minuten.

Somit ist ein schneller Kundenservice ein absolut kritischer Erfolgsfaktor, der vom Kunden auch vehement eingefordert wird.

Spezialfall TV-Shopping

Besonders kritisch wird es für Händler, die über Shopping-Kanäle im TV verkaufen. Denn hier ist das Telefon der am häufigsten genutzte Bestellkanal. Kommt es zu einem Verbot der Sonntagsarbeit, können diese Unternehmen den Verkauf am Sonntag im Grunde einstellen.

Die Beteiligten selber geben sich jedoch sehr zugeknöpft. Auf Nachfrage bei QVC und HSE24, Deutschlands führenden TV-Shopping-Sender, sahen sich beide Unternehmen nicht in der Lage eine Aussage dazu zu treffen, welche Auswirkungen ein mögliches Verbot auf den Verkauf am Sonntag haben könnte.

Gesetzgeber unter Zugzwang

Die Überlegungen für eine Neuregelung der Sonntagsarbeit haben ihre Ursache in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem vergangenen Jahr. Die Richter hatten eine Verordnung des Landes Hessen für rechtswidrig erklärt, mit der Sonntagsarbeit in Call-Centern generell erlaubt war.

Da es solche Verordnungen in allen Bundesländern gibt, ist davon auszugehen, dass auch diese für nichtig erklärt würden, sobald jemand dagegen klagt. Und dieser Jemand hat sich auch bereits zu Wort gemeldet: Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat angekündigt gegen diese Verordnungen klagen zu wollen.

Der bevh hat zum Thema Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit in Call-Centern ein Positionspapier mit den wesentlichen arbeitsmarktpolitischen Forderungen des Verbandes verfasst.

 

09.06.15
Olaf Groß

Olaf Groß