Fast jeder kennt sie und fast alle nutzen sie: sog. salvatorische Klauseln. Diese sollen die Situation regeln, dass bestimmte andere AGB-Klauseln unwirksam sein sollten. Aber machen solche Klauseln wirklich Sinn oder sind sie vielleicht sogar gefährlich? Unser Beitrag aus der Reihe AGB für Online-Shops beschäftigt sich mit dieser Frage.
Klauseln wie diese finden sich häufig am Ende von AGB:
"Die Parteien verpflichten sich für den Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung, sie durch eine andere zu ersetzen, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt."
Manchmal wird eine solche Klausel auch gerne noch erweitert und lautet dann:
"Sollte eine der Bestimmungen dieser AGB unwirksam oder undurchführbar sein, berührt dies die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht. Die unwirksam oder undurchführbar Bestimmung ist durch eine wirksame und durchführbare zu ersetzen, die den mit der unwirksamen oder undurchführbar Bestimmung verfolgten Regelungsziele am nächsten kommt. Gleiches gilt bei etwaigen Vertragslücken."
Wissen Sie, was diese Klausel-Beispiele oben gemeinsam haben?
Im Handel mit Verbrauchern sind diese salvatorischen Klauseln unwirksam und ihre Verwendung kann abgemahnt werden.
Klausel Nummer 1 wurde vom LG Hamburg für unzulässig erklärt, weil sie nicht dem gesetzlichen Leitbild entspricht. Zu Klausel Nummer 2 entschied das OLG Frankfurt (Beschl. v. 27.7.2011, 6 W 55/11), dass auch diese unwirksam und damit gleichzeitig wettbewerbswidrig sei.
Hintergrund ist, dass das Gesetz ganz genau regelt, was passiert, wenn einzelne AGB-Klauseln unwirksam sind. So heißt es in § 306 Abs. 2 BGB:
"Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften."
Diese Vorschrift ist zwingendes Gesetzesrecht, von dem durch AGB im Handel mit Verbrauchern nicht abgewichen werden kann.
Eine salvatorische Klausel, die die Folgen einer unwirksamen AGB-Klausel regeln soll, ist also überflüssig, weil sie - um wirksam zu sein - lediglich den Wortlaut des Gesetzes wiederholen darf. Daher kann man darauf auch gleich komplett verzichten.
Gern verwendet wird auch dieser Satz:
"Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam oder nichtig sein oder werden, so berührt dies die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dieses Vertrages nicht."
Auch dieser Satz ist auf den ersten Blick überflüssig, weil er genau das aussagt, was in § 306 Abs. 1 BGB steht:
"Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam."
Allerdings kann diese Klausel auch gefährlich werden, denn sie berücksichtigt eben nur den Wortlaut aus § 306 Abs. 1 BGB. Gemäß § 306 Abs. 3 BGB kann aber ausnahmsweise auch etwas anderes gelten. So heißt es dort:
"Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde."
Das bedeutet in der Konsequenz, dass der Entscheidung, ob ein Vertrag aufgrund einer unwirksamen AGB-Klausel in seiner Gesamtheit trotzdem weiterhin bestehen bleibt, eine Einzelfallprüfung vorausgehen muss.
Daher sollte also auch auf eine solche pauschale Klausel verzichtet werden.
Wenn Sie auf derartige salvatorischen Klauseln verzichten, hat das zunächst den Vorteil, dass diese nicht unwirksam sein können.
Aber auch, wenn Sie gar nichts zu diesem Thema in Ihren AGB stehen haben, müssen Sie keine Nachteile befürchten. Denn die Folgen von unwirksamen AGB-Klauseln sind klar und deutlich im Gesetz geregelt. Eine Wiederholung innerhalb der AGB ist damit unnötig.
Salvatorische Klauseln sind entweder überflüssig, weil sie lediglich den Wortlaut des Gesetzes wiedergeben oder falsch, weil sie den Wortlaut nicht wiedergeben. Man kann also gefahrlos auf salvatorische Klauseln verzichten. Daher erstaunt es, dass sie so häufig verwendet werden und sich sogar in zahlreichen Muster-AGB finden. (mr)
Abmahnradar November 2024
Abmahnradar Juni & Juli 2024
Bundesrat will DSGVO-Abmahnungen komplett verbieten