Das sagt Otto-Vorstandschef Hans-Otto Schrader – und würde dieses Ergebnis wahrscheinlich am liebsten mit Betonschuhen in der Elbe versenken. Denn nach Ausweis der vorläufigen Unternehmenszahlen scheint die Otto Group eine Bauchlandung hinzulegen. In der Branche munkelt man sogar von roten Zahlen.
"Otto: Versandhändler drohen Verluste" (WiWo und Handelsblatt). "Otto: Rote Zahlen in Sicht?" (Internet World Business). Diese und ähnliche Schlagzeilen sind augenblicklich über die vorläufigen Unternehmenszahlen aus 2014 des Handelskonzerns Otto Group zu lesen.
Ein Blick auf die Umsätze zeigt: Weltweit wächst der Umsatz des Konzerns nur noch marginal um 0,5 Prozent auf 12,057 Milliarden Euro. Auch in Deutschland fiel das Umsatzwachstum mit 1,1 Prozent auf 7,139 Milliarden Euro eher bescheiden aus.
Hans-Otto Schrader sieht vor allem drei Faktoren für diese Entwicklung:
In der Tat sind die Umsatzrückgänge in Frankreich und Russland augenfällig. Sie liegen bei -11,8 Prozent für die 3 SI Group und -25 Prozent für die Otto Group Russia.
Gut zu laufen scheint es hingegen im E-Commerce. Hier weist der Konzern stolz auf ein fünfprozentiges Umsatzwachstum im Geschäftssegment Multichannel-Einzelhandel hin:
"Nach vorläufigen Schätzungen konnten die weltweit mehr als 100 Online-Shops der Otto Group den Umsatz um rund 5 Prozent auf knapp 6,5 Milliarden Euro steigern."
Auch in Deutschland ist die Otto Group im Online-Handel auf Wachstumskurs. Die Umsätze konnten auf knapp 4,2 Milliarden Euro gesteigert werden. Dies entspricht einem Plus in Höhe von 5 Prozent.
Das E-Commerce-Projekt Collins scheint auf einem guten Wege zu sein. Die Erwartungen seien übertroffen worden, weil sich die Umsätze über Plan entwickelt hätten, lässt die Konzernspitze verlauten. In der zehnmonatigen Geschäftstätigkeit hätte Collins einen zweistelligen Millionenbetrag umsetzen könne. Unter Collins sind die drei Fashion-Shops Aboutyou.de, Sistersurprise und Edited zusammengefasst.
Auf den ersten Blick lesen sich die Handelsumsätze des Hamburger Konzerns in Deutschland gar nicht mal so schlecht. Lediglich die Heine-Gruppe (-0,4 Prozent), Sportscheck (-7,2 Prozent) und Schwab (-9,0 Prozent) setzen 2014 weniger um als im Jahr zuvor.
Aber durch die Konsolidation der Einzelunternehmungen ist eine Detailanalyse an Hand der öffentlichen Zahlen sehr schwierig. Wie steht es beispielsweise um Quelle.de? Wie gut oder schlecht geht es Manufactum, limango oder mirapodo? Oder wie entwickeln sich die neuen E-Commerce-Projekte von Collins oder Yapital? Dass der Konzern 2014 hier große Summen investiert hat und 2015 auch weiter frisches Geld nachschieben muss, ist zwar nett zu lesen, aber trägt zur Einschätzung von Erfolg und Misserfolg nur wenig bis gar nichts bei.
Seit mehr als 15 Jahren schreibe ich nun Jahr für Jahr über die Geschäftszahlen bei Otto. Und nur selten stellte sich mir bei der Sichtung und Auswertung der dazugehörigen Unternehmenskommunikation ein so schlechtes Gefühl ein wie bei den Zahlen zum Geschäftsjahr 2014.
Es wird ausschließlich von Umsätzen gesprochen. Über Gewinne und Verluste ist nichts zu lesen. Das führt unweigerlich zu Schlagzeilen wie oben zu lesen. Kann dann ein Mitarbeiter des Konzerns gegenüber Journalisten die Klappe nicht halten, schon steht ein voraussichtlicher Verlust (EBT) von 150 bis 200 Millionen Euro im Raum bzw. im manager magazin. Hauptverursacher seien demnach Mytoys, Collins und Sportscheck, die zweistellige Millionen-Verluste erwirtschaftet haben sollen.
Bleiben diese Aussagen unbestätigt, der Kollege Stephan Meixner von neuhandeln.de hat nach eigenen Angaben erfolglos um eine Stellungnahme in dieser Sache beim Unternehmen angefragt, dann trägt das nicht dazu bei, das Schreckgespenst von den roten Zahlen zu vertreiben.
Apropos Collins. Sollte die Vermutung des Wirtschaftsblattes zutreffen und das E-Commerce-Projekt wirklich hohe Verluste eingefahren haben, kann sich Benjamin Otto, Verantwortlicher bei Collins, warm anziehen. Denn Otto, Enkel des Unternehmensgründers, soll Vorstand-Chef Hans-Otto Schrader nachfolgen und die Unternehmensleitung wieder in die Hände der Familie zurückführen.
Die Hypothek für Benjamin Otto wird dann sicherlich noch einmal ein Stück weit größer werden und der skeptische Blick der Branche auf ihm ruhen. Frei nach dem Motto: „Siehste, Otto kann Internet einfach nicht“. Aber welches Start-up macht bitte schön nach noch nicht mal einem Jahr bereits Gewinn? In der Regel werden etwa sechs Jahre veranschlagt, bis ein Start-up aus dem E-Commerce in die Gewinnzone tritt.