Das neue Verbraucherrecht: Die 100-Tage-Bilanz der Online-Händler

Die Einführung der neuen Verbraucherrechte ist die umfassendste Gesetzesreform im Online-Handel seit Einführung des Fernabsatzrechts im Jahr 2000. Im Vorfeld wurde viel über die Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung bei KMUs prognostiziert und spekuliert. Wie sieht also die erste Bilanz aus?

Welche Tendenzen zeigen sich bezüglich Retouren und beim grenzüberschreitenden Handel? Und wie sieht das Stimmungsbild bei den Online-Händlern aus?

Um diese zentralen Fragen zu beantworten, hat Trusted Shops eine Umfrage unter mehr als 200 kleinen und mittelständischen Online-Händlern im September und Oktober durchgeführt.

Mehrheit der KMUs zeigt sich gegenüber ihren Kunden nicht kulant

Zwei Drittel der kleinen und mittleren Online-Händler in Deutschland nutzen die neuen Regelungen und übernehmen keine Rücksendekosten für ihre Kunden. Von diesen stellten 26 Prozent einen Rückgang bei den Rücksendungen fest und machen dafür die neuen Verbraucherrechte verantwortlich.

„Für einen Teil der KMUs im Online-Handel ist die neue Gesetzeslage durchaus eine reelle Chance, um den Anteil an Retouren zu senken und somit ihre Marge zu erhöhen“, erläutert Jean-Marc Noël, Gründer und Geschäftsführer von Trusted Shops, die Ergebnisse. „Durch das neue Gesetz werden die Unterschiede zwischen KMUs und den Großunternehmen der Branche noch einmal deutlich. Für die Big Player ist die Übernahme der Rücksendekosten aus Wettbewerbsgründen alternativlos, selbst auf Kosten hoher Retourenquoten. KMUs wiederum können von der neuen Regelung durchaus profitieren“, so Noël weiter.

Auf die Bestellmengen hat das neue Verbraucherrecht bisher allerdings kaum Auswirkungen. Nur jeder zehnte Online-Händler führt Veränderungen in diesem Bereich auf die neuen Regelungen zurück.

Verbraucherrecht

Online-Händler uneins bei der Bewertung

Neben der vieldiskutierten neuen Regelung zur Übernahme der Retourenkosten, mussten sich sowohl Online-Händler als auch Verbraucher auf weitere Rechte und Pflichten einstellen. Dazu zählen u.a. das Verbot kostenpflichtiger Kundenhotlines, Informationen über Lieferbeschränkungen, die Kosten nach Zahlungsart, das Zurückbehaltungsrecht und die Erklärung des Widerrufs. Dementsprechend unterschiedlich fällt auch die Bewertung aus:

  • 23 Prozent sind der Meinung, dass das neue Verbraucherrecht eindeutig den Online-Käufer bevorzugt und damit den Online-Händler schlechter stellt.
  • 42 Prozent sind der Meinung, dass Kunden und Händler beiderseitig vom neuen Verbraucherrecht profitieren.
  • 34 Prozent sind der Meinung, dass mit dem neuen Verbraucherrecht die Rechte der Online-Händler gegenüber den Online-Shoppern gestärkt wurden.

Verbraucherrecht hat geringen Einfluss auf Cross-Border-Handel

100 Tage nach in Kraft treten der neuen Verbraucherrechte lässt sich nur ein leichtes Plus beim Cross-Border-Geschäft verzeichnen: Gut jeder siebte Online-Händler, der bereits ins Ausland verkauft, konnte eine Zunahme bei den Bestellungen aus dem Ausland in seinem Shop feststellen.

Für die kommenden 12 Monate sieht die Prognose ebenfalls verhalten aus: Gut jeder sechste Shopbetreiber rechnet mit einer Steigerung bei den grenzüberschreitenden Verkäufen.

04.11.14
Olaf Groß

Olaf Groß