Werden urheberrechtlich geschützte Inhalte verwendet, so haftet der Nutzer bei unberechtigter Nutzung. Diese Aussage mag zunächst gerade für Online-Händler ein alter Hut sein. Allerdings gibt ein aktuelles Urteil des AG Bochum Anlass auf die bestehenden Tücken bei zu leichtfertiger Nutzung hinzuweisen.
Lesen Sie mehr zu dem Urteil in einem Gastbeitrag von RA Sascha Faber.
Urheberrechtliche Abmahnungen haben dazu geführt, dass viele E-Commerce-Anbieter durchaus ein Problembewusstsein bezüglich der Nutzung urheberrechtsrelevanter Inhalte entwickelt haben. So ist zu begrüßen, dass immer häufiger auf ein unbedachtes Kopieren der vermeintlich frei verfügbaren Inhalte verzichtet wird.
Wie steht es aber um die Haftung, wenn man davon ausgeht – aus welchen Gründen auch immer – dass man das betreffende Werk nutzen darf?
Ein solcher Rechtsirrtum kann die unberechtigte Nutzung leider nicht entschuldigen. Ein Urteil des AG Bochum (vom 21.11.2013, 47 C 178/13) hat dies jüngst wieder bestätigt. Zwar handelte es sich dort um den Irrtum eines Verlegers zur Verwendung von fremden Werken, also einem „Offline-Fall“. Allerdings sind die in dieser Entscheidung bestätigten Grundsätze ohne Weiters auf den E-Commerce übertragbar.
In der genannten Entscheidung führt das AG Bochum unmissverständlich aus:
„Denn jeder, der ein fremdes Werk (…) nutzen will, muss sich über die Rechtsmäßigkeit seiner Handlungen Gewissheit verschaffen. Er muss dazu gegebenenfalls die Legitimation dessen, von dem er das Recht erwirbt, nachweisen lassen und sich über den Umfang, der ihm zustehenden Benutzungsbefugnisse erforderlichenfalls rechtskundigen Rat einholen (…).
Ein Rechtsirrtum entschuldigt nicht.
Das gilt insbesondere, wenn dem Verletzer nicht bewusst ist, dass das genutzte Werk oder die genutzte Leistung geschützt ist. Die Rechtsprechung verlangt, dass derjenige, der fremde Rechte verwertet, sich über die einschlägigen Rechtsfragen unterrichtet (…)“
In anderen Worten:
Es ist gleichgültig ob man glaubt, man könne ein fremdes Werk berechtigt nutzen.
Urheberechtsverletzung bleibt Urheberrechtsverletzung. Der Nutzer ist vielmehr verpflichtet, sich über die tatsächliche Berechtigung umfassend zu informieren. Dazu gehört, dass man sich die Berechtigung desjenigen nachweisen lässt, von dem man die Rechte erwerben will und hier zur Not die Rechtekette auf Lückenlosigkeit zurück verfolgen muss.
Im vom AG Bochum entschiedenen Fall war es scheinbar so, dass der unberechtigt nutzende Verlag gar nicht auf eine wirksame Übertragung durch einen anderen auf diesen vertraute. Vielmehr ist er wohl davon ausgegangen, dass das betreffende fremde Werk keinen urheberrechtlichen Schutz genieße und er dieses ohne Weiteres nutzen könne.
Vertraut der Nutzer ohne die erforderliche Prüfung darauf, dass die von ihm gewünschten Nutzungsrechte in dem beabsichtigten Nutzungsumfang schon berechtigt genutzt werden können, so ist eine Verteidigung gegen ein urheberrechtliches Vorgehen des tatsächlichen Rechteinhabers aussichtslos.
In dem Urteil des AG Bochum kam der verletzende Verlag noch mit einem blauen Auge davon. Die dortige Klägerin hat „nur“ einen Betrag von 100 Euro als Schaden eingeklagt. Das Gericht machte jedoch keinen Hehl daraus, grundsätzlich auch einen höheren Schadensersatz in derartigen Fällen zuzusprechen, jedoch an die von der Klägerin beantragte Summe gebunden zu sein.
„Danach ist die hypothetische Lizenzgebühr, hier in Höhe von 100,00 Euro beantragt, als zurückhaltend anzusehen. Das Gericht ist aber gehindert mehr zuzusprechen als die Klägerin beantragt hat.“
Hat man für den vermeintlichen Erwerb der Nutzungsrechte sogar etwas bezahlt, so genügt dieses Argument ebenfalls nicht. Es kann für den in seinen Nutzungsrechten verletzten Urheber für die Durchsetzung der eigenen Reche keinen Unterschied machen, ob für die verletzende Nutzung zuvor Geld geflossen ist oder nicht. Zudem wäre hier dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, da anderenfalls über eine Zahlung an einen Nichtberechtigten plötzlich eine berechtigte Nutzung ermöglicht würde.
Natürlich haben Sie als Nutzer grundsätzlich die Möglichkeit, sich in solchen Fällen an den Vertragspartner zu halten. Ihnen wurde eine Nutzugsmöglichkeit versprochen, die tatsächlich nicht gewährt werden kann. Dies ist ein klassischer Fall eines Rechtsmangels.
Problematisch wird es aber z.B. dann, wenn Ihr Vertragspartner im Ausland sitzt oder ein Rückgriff sogar ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Schließlich ist es natürlich immer denkbar, dass der Vertragspartner nicht mehr aufzufinden oder nicht mehr zahlungsfähig ist. Auch in diesen Fällen nutzt einem die theoretische Möglichkeit eines Rückgriffs natürlich wenig.
Vor Nutzung der betreffenden fremden Werke sollte somit sicher gestellt sein, dass man diese Werke auch tatsächlich in dem gewünschten Umfang nutzen darf. Hierzu gehört zunächst die Prüfung der Frage, ob die betreffenden Werke überhaupt (noch) geschützt sind oder nicht.
Bei dem Abschluss von Nutzungsvereinbarungen sollte man sich zudem immer bewusst machen, dass gegenüber einem tatsächlichen Rechteinhaber auch eine Haftung bestehen könnte, gegen die vorgebeugt werden sollte. Kann z.B. derjenige, der die entsprechenden Rechte einräumen will, die eigene Berechtigung nicht nachweisen, ist bereits höchste Vorsicht geboten. Wenn dieser zudem nicht oder nur mit großen Problemen für eine unberechtigte Übertragung von Ihnen belangt werden kann, muss diese Vorsicht umso größer sein.
Sascha Faber, LL.M. Medienrecht
Sascha Faber ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei Volke2.0.