Bei sog. Cent-Auktionen kauft der Verbraucher zunächst Gebotsrechte. Diese kann er einsetzen, um für ein Produkt zu bieten. Pro Gebot erhöht sich dann der Kaufpreis und teilweise verlängert sich gleichzeitig der Auktionszeitraum. Diese Art des Verkaufens darf im Internet nicht stattfinden, da es sich um illegales Glücksspiel handelt, hat der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg entschieden.
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Verbraucherschützer warnen schon länger vor den sogenannten 1-Cent- oder Countdown-Auktionen.
Dieses Geschäftsmodell läuft in aller Regel so:
Interessierte Kunden müssen sich zunächst Gebotsrechte kaufen. Die Einzelpreise hierfür sind nicht sehr hoch, im vom VGH Mannheim (Urt. v. 23.5.2013, 6 S 88/13) entschiedenen Fall lagen sie zwischen 0,60 und 0,75 Euro pro Gebot, je nachdem in welcher Paketgröße die Rechte erworben wurden.
Diese Gebote werden dann für das "Ersteigern" eines Produktes eingesetzt. Dabei läuft die Auktion aber nicht wie bei eBay. In dem Fall des VGH Mannheim erhöhte sich der Kaufpreis der Ware um 0,01 Euro und verlängerte sich die Auktion um 20 Sekunden je Gebot.
Derjenige, der dann den "Zuschlag" erhält, also das letzte Gebot abgegeben hat, muss den so ermittelten Kaufpreis zahlen. Die Kosten für die eingesetzten Gebote gehen dabei verloren. Auch die, die nicht den Zuschlag erhalten, erhalten Ihre Gebote nicht zurück. Ihr Einsatz war unnütz.
Der Betreiber einer Plattform für solche 1-Cent-Auktionen hatte vom Regierungspräsidium Karlsruhe eine Untersagungsverfügung erhalten. Damit wurde ihm der Betrieb verboten, wogegen die Klägerin vorging.
Das Verwaltungsgericht hatte die Klage abgewiesen, die Verbotsverfügung also bestätigt.
Hiergegen legte die Klägerin Berufung ein, sodass sich der VGH Mannheim damit beschäftigen musste.
Der VGH Mannheim hob die Verbotsverfügung insoweit auf, als diese auch in die Zukunft gerichtet war.
Dies lag daran, dass der "alte" Glücksspielstaatsvertrag, auf den das Verbot gestützt wurde, bis zum 30.6.2012 in Kraft war, danach galt ein geänderter Staatsvertrag. Diese geänderte Rechtslage ließ das Regierungspräsidium in der Verfügung außer Acht.
Das Gericht betonte aber auch, dass auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Untersagungsverfügung gegeben seien.
Der Senat führte aus, dass es sich bei den Auktionen um ein Glücksspiel handle.
"Beim Spiel fehlt demnach ein ernster sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck. Es geht vielmehr um ein Wagnis.
Zweck des Spiels ist die Unterhaltung und/oder der Gewinn. Die am Spiel Beteiligten sagen sich für den Fall des Spielgewinns gegenseitig eine Leistung, meist Geld (den sog. Einsatz) zu. Nach zuvor festgesetzten Regeln erhält der Gewinner einen seinem Einsatz entsprechende oder höhere Leistung, der Verlierer muss den Einsatz seinem Gegenspieler überlassen.
Der spekulative oder gewagte Charakter macht ein Rechtsgeschäft noch nicht zu einem Spiel, soweit die Beteiligten darüber hinaus noch wirtschaftliche oder sonst anerkennenswerte Zwecke verfolgen.
Für ein Spiel ist also in objektiver Hinsicht charakteristisch, dass jeder Spieler ein Vermögensrisiko in der Hoffnung eingeht, dass auf Kosten des jeweils anderen Spielers ein Gewinn erzielt werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt."
Schon wenn man auf das einzelne Gebotsrecht abstellt, läge das Risiko des Teilnehmers in dessen kostenpflichtiger Aufwendung, da der Abgabe eines Gebotes die Gefahr des Verlustes innewohne.
Dies unterscheidet die 1-Cent-Auktionen auch von "normalen" Auktionen, z.B. auf eBay. Dort dient die Gebotsabgabe nur der Preisbildung und nicht der Einnahmeerzielung der Plattform.
Darüber hinaus müsse bei einem Spiel ein "ernster sittlicher und wirtschaftlicher Zweck" fehlen. Auch diese Voraussetzungen sah das Gericht als erfüllt an.
"Anbieter und Teilnehmer wollen einen Gewinn zu Lasten des anderen erzielen und handeln deswegen in der erforderlichen Spielabsicht. Insoweit kann nicht darauf abgestellt werden, dass über das Ziel der Gewinnerzielung hinaus die Auktion einen ernsthaften wirtschaftlichen Zweck, nämlich den Erwerb des angebotenen Produkts verfolgt."
Es handle sich bei 1-Cent-Auktionen nicht um einen normalen Erwerbsvorgang, so das Gericht weiter. Die Klägerin erhalte den Gegenwert für die versteigerten Produkte nicht durch einen Kauf, sondern gerade auch (und in erster Linie) durch den Einsatz der Gebotspunkte und dabei zum größten Teil von Personen, die den Zuschlag gerade nicht erhalten.
"Bei dieser Konstellation tritt ein etwaiger wirtschaftlicher Geschäftszweck, insbesondere die Absicht, einen elektronischen Artikel ernsthaft zu erwerben, vollkommen in den Hintergrund."
Neben der Eigenschaft als Spiel sei auch das Tatbestandsmerkmal des Zufalls gegeben, so das Gericht weiter. Nach dem GlüStV ist erforderlich, dass "die Entscheidung über den Gewinn ganz oder teilweise vom Zufall abhängt."
"Zufall ist insoweit das Wirken einer unberechenbaren, der entscheidenden Mitwirkung der Beteiligten entzogenen Kausalität; jedenfalls darf der Einwirkungsmöglichkeit des Betroffenen insoweit keine ins Gewicht fallende Rolle zukommen."
Den Erfolg der eigenen einzelnen Gebotsabgabe kann der jeweilige Teilnehmer an der Auktion nicht beeinflussen. Der Erfolg hängt vielmehr davon ab, ob innerhalb des verbleibenden Zeitraumes ein weiterer Teilnehmer ein Gebot abgibt.
Der einzelne Teilnehmer weiß zum einen nicht, wie viele andere Teilnehmer noch bieten. Auch kann er nicht einschätzen, ob die weitere Teilnahme sich für die anderen noch lohne. Er kann seine Gewinnchancen also nicht beeinflussen.
Dem von der Klägerin vorgebrachten Argument, Teilnehmer der Auktionen müssen kein Entgelt, sondern eine Teilnahmegebühr zahlen, folgte das Gericht nicht.
"Bei den für den Erwerb der Gebotsrechte aufgewandten Kosten handelt es sich auch nicht um bloß ein Teilnahmeentgelt, das dann gegeben ist, wenn es als Kostenbeitrag für die Organisation der Veranstaltung verwendet wird und die Gewinne anderweitig, etwa durch Sponsoren, finanziert werden.
Denn nach dem Geschäftsmodell der Klägerin, wie es auch auf ihrer Homepage im Internet im Hilfemenü („Warum sind die Artikel so günstig?“) dargestellt wird, gleichen die Gebotspunkte, die von den Auktionsteilnehmern erworben und dann eingesetzt werden, die Differenz zwischen dem von dem Gewinner bezahlten Preis und dem tatsächlichen Preis des Artikels aus, fließen also in die Finanzierung des Gewinns ein.
Insoweit handelt es sich gerade nicht um einen „in jedem Fall verlorenen Betrag“, der mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat, sondern lediglich die Mitspielberechtigung gewährt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist insoweit unerheblich, dass der Zahlungszeitpunkt für den Erwerb der Gebotsrechte vor deren Einsatz liegt.
Aus diesem Umstand kann bei dem Geschäftsmodell der Klägerin nicht gefolgert werden, dass der Preis für den Erwerb eines Gebots als bloßes Teilnahmeentgelt anzusehen ist. Ansonsten hätte es jeder Glücksspielanbieter durch Ausgestaltung seiner vertraglichen Beziehungen zum Teilnehmer („gegen Vorkasse“) in der Hand, den Glücksspielcharakter seines Glücksspiels auszuschließen."
Die Klägerin argumentierte weiter, dass der von ihr verlangte Preis von 60 bis 75 Cent sehr niedrig sei und deswegen die Voraussetzungen des GlüStV nicht erfülle. Auch dem schloss sich das Gericht nicht an. Die Frage, ob 60 bis 75 Cent noch unter eine Bagatellschwelle fallen, musste vorliegend gar nicht beantwortet werden.
"Denn es kann nicht außer Betracht gelassen werden, dass nach der Konzeption der von der Klägerin angebotenen Auktionen eine Summierung der Abgabe der Gebotsrechte intendiert ist. Gewinnspiele, die darauf angelegt sind, Spielteilnehmer zu einer wiederholten Teilnahme zu animieren, sind auch bei einem an sich unerheblichen Entgelt als Grundeinsatz vom Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV erfasst."
Da die Klägerin keine Genehmigung für dieses Glücksspiel hatte und dieses auch nicht genehmigungsfähig war, bestätigte das Gericht daher die Untersagungsverfügung für die Vergangenheit, hob sie aber für die Zukunft auf, da die Untersagung die geänderte Rechtslage nicht beachtet hatte. Allerdings, so das Gericht weiter, können derartige Auktionen auch unter Geltung des neuen GlüStV nicht genehmigt werden.
Unternehmer, die derartige Auktionen im Internet anbieten, laufen Gefahr, dass diese Tätigkeit von der zuständigen Aufsichtsbehörde untersagt wird. (mr)
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