EU konstatiert schwere Mängel im Verbraucherschutz bei digitalen Produkten

E-Books, Musik, Apps und Games. Diese und andere digitale Produkte benötigen keinen physischen Träger mehr. Sie werden statt dessen bequem in Netz heruntergeladen. Doch mit den Verbraucherrechten nehmen es die Händler hier nicht so genau, wie die EU-Kommission in einer Überprüfung herausgefunden hat.

Das sind die häufigsten Mängel.

Vor wenigen Tagen veröffentlichte die Europäische Kommission die Ergebnisse einer EU?weiten Überprüfung von Websites, auf denen Spiele, Bücher, Videos und Musik zum Download auf Computer oder mobile Geräte angeboten werden. Dabei hat sich herausgestellt, dass über 75 Prozent dieser Websites offenbar nicht den Vorschriften zum Schutz der Verbraucher entsprechen.

Tonio Borg, der zuständige Kommissar für Gesundheit und Verbraucher, sagte dazu:

„Generell zeigen die heute veröffentlichten Ergebnisse einer Überprüfung der EU, dass der Zugang zu den wichtigsten Vertragsklauseln bei den meisten überprüften Websites nicht unproblematisch ist. In den kommenden Monaten werden die nationalen Behörden dafür sorgen, dass diese Websites korrigiert werden.“

Die Ergebnisse

In 26 Mitgliedstaaten1 sowie Norwegen und Island wurden insgesamt 333 Websites von nationalen Behörden überprüft, darunter 159, die Online-Spiele verkaufen. 76 Prozent (254) aller Websites sollen nun näher untersucht werden, da Zweifel an ihrer Konformität mit dem EU-Verbraucherrecht bestehen; dies gilt insbesondere für die Werbung und wichtige Informationen zu Kosten und Merkmalen der digitalen Inhalte, ohne die Verbraucher keine überlegte Kaufentscheidung treffen können2. Bei 71 Prozent (39) von 55 überprüften Websites, auf denen Spiele für Kinder im Alter von unter 14 Jahren verkauft werden, besteht der Verdacht des Verstoßes gegen EU-Recht.

Am häufigsten traten folgende Probleme auf:

  • Missbräuchliche Klauseln: Insgesamt 230 Websites (69 Prozent) enthielten Klauseln, die als missbräuchlich zu werten sind, z. B. einen Haftungsausschlüsse des Unternehmers für den Fall, dass die Hardware des Verbrauchers beim Herunterladen beschädigt wird.
  • Widerrufsrecht: Es liege in der Natur der Sache, dass Verbraucher bei Downloads ihr Recht auf Widerruf des Vertrages verlieren, sobald das Herunterladen mit Einwilligung des Verbrauchers begonnen habe; die Unternehmer müssten die Verbraucher aber vor dem Kauf hierüber informieren. So die Einschätzung der EU-Kommission. Bei 141 Websites (42 Prozent der überprüften Websites) war das nicht der Fall.
  • Unzureichende Anbieterkennzeichnung: Auf 121 Websites (36 Prozent) fehlten diese wichtigen Angaben.

Ergänzend zu dieser Überprüfung hat die Kommission auch eine Studie in Auftrag gegeben, in der Folgendes festgestellt wurde:

  • Keine Angaben zu räumlichen Einschränkungen: Es kann sein, dass Verbraucher heruntergeladene digitale Inhalte nur in dem Land nutzen können, in dem sie wohnen; in diesem Fall müssen sie vom Unternehmer hierüber informiert werden. Auf 73 Prozent aller überprüften Websites wird dieser Aspekt stillschweigend übergangen oder schwer zu finden.
  • Als „kostenlos“ beworbene Spiele sind oft nur anfangs kostenlos: Auf fast 9 von 10 Websites wurden Kunden nicht von Anfang an über die Kostenpflichtigkeit von Erweiterungen oder von ins Spiel eingebauten weiteren Kaufangeboten informiert; zwar wird in den Vertragsbedingungen häufig darauf hingewiesen, jedoch fehlen klare Preisangaben.

Nächste Schritte

Die nationalen Behörden haben bereits damit begonnen, Kontakt zu den Unternehmen aufzunehmen und sie zu einer Stellungnahme oder zur Berichtigung ihrer Websites aufzufordern. Kommen die Unternehmen dieser Aufforderung nicht nach, so müssen sie mit rechtlichen Schritten rechnen, die zur Verhängung von Geldbußen oder sogar zur Schließung von Websites führen können. Die nationalen Überwachungsbehörden werden der Kommission bis Herbst 2013 Bericht erstatten. Die Kommission wird einen Bericht über die Ergebnisse vorlegen.

10.12.12
Olaf Groß

Olaf Groß