Das Schweizer Parlament hat im Sommer 2011 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb revidiert. Mit der Revision, die am 1. April 2012 in Kraft treten wird, wurden vereinzelte Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie der EU ins Schweizer Recht übernommen. Neben diesen Vorgaben für Shopbetreiber wurden auch die Regelung über missbräuchliche AGB überarbeitet und neue Tatbestände für Werbeanrufe und Gewinnversprechen eingeführt.

Die wesentlichsten Änderungen für deutsche Händler, die sich auf den Schweizer Markt ausrichten, erklärt Lukas Bühlmann.

Bereits vor rund sieben Jahren wurde in der Schweiz über die Einführung von Vorgaben für den elektronischen Geschäftsverkehr, wie sie in der E-Commerce-Richtlinie der EU enthalten sind, diskutiert.

Damals sah der Bundesrat aber keinen Bedarf für eine Anpassung des Vertragsrechts an die Bedingungen des elektronischen Geschäftsverkehrs zum Schutz der Konsumenten.

Insbesondere wurden besondere Vorgaben für den Vertragsschluss im Internet und die Einführung eines Widerrufsrechts für Fernabsatzverträge abgelehnt.

Neue Pflichten für Online-Händler und den E-Commerce

Im Sommer 2011 hat der Schweizer Gesetzgeber nun mit dem neuen Artikel 3 Abs. 1 lit. s UWG vier Vorgaben eingeführt, die alle Anbieter im elektronischen Geschäftsverkehr erfüllen müssen:

  1. Es wird künftig auch im Schweizer Recht ausdrücklich verlangt, dass die Anbieter klare und vollständige Angaben über ihre Identität und ihre Kontaktadresse (inkl. E-Mail) machen (Ziff. 1). Mit dieser Impressumspflicht (in DE auch Anbieterkennzeichnung genannt), die über die bestehende Firmengebrauchspflicht und die Irreführungsverbote (vgl. Art. 3 lit. b UWG; Art. 326ter StGB) hinausgeht, werden die Grundzüge der entsprechenden Vorgaben in Art. 5 der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (2000/31/EG; E-Commerce-Richtlinie) ins Schweizer Recht übernommen.
  2. Das Parlament hat des Weiteren eine Pflicht zur Information über die “einzelnen technischen Schritte”, die zu einem Vertragsschluss führen, eingeführt (Ziff. 2). Diese Vorschrift entspricht Art. 10 Ziff. 1 lit. a der E-Commerce-Richtlinie. Dem Kunden muss dabei insbesondere klar sein, mit welchem Schritt er eine verbindliche Bestellung absendet. Da aus dem Gesetz nicht hervorgeht, ob ein „selbsterklärender“ Bestellablauf ausreicht, empfiehlt sich, auf jeder Seite des Bestellvorgangs einen aussagekräftigen Link anzubringen, der auf eine Informationsseite mit einer Erläuterung des Bestellablaufs verweist.
  3. Ferner werden die Anbieter verpflichtet, angemessene “technische Mittel” zur Verfügung zu stellen, mit denen Eingabefehler vor Abgabe der Bestellung erkannt und korrigiert werden können (Ziff. 3). Die entsprechende Vorgabe des EU-Rechts ist in Art. 11 Ziff. 2 der E-Commerce-Richtlinie enthalten.
  4. Schließlich müssen Bestellungen des Kunden – wie in der EU (Art. 11 Ziff. 1 E-Commerce-Richtlinie) – unverzüglich auf elektronischem Weg bestätigt werden (Ziff. 4). Dies obwohl der Bundesrat eine entsprechende Vorgabe im Jahre 2005 noch abgelehnt hatte, da sie für die Rechtssicherheit schädlich sei. Angesprochen wurde damit die Problematik, dass mit dem Bestätigungsmail meist nur der Eingang der Bestellung und nicht der Vertragsschluss bestätigt werden soll, die konkreten Formulierungen der Anbieter jeweils aber auch andere Rückschlüsse erlauben könnten. Shop-Betreiber sollten deshalb den Inhalt dieser Mails besonders sorgfältig festlegen. Gesetzlich verlangt wird jedenfalls nur eine unverzügliche Bestätigung der „Bestellung“ und nicht eine unverzügliche Bestätigung des „Vertragsabschlusses“.

Es zeigt sich somit, dass Anbieter, die in der EU tätig sind, mit den “neuen” Schweizer Vorgaben bereits bestens vertraut sein dürften. Andererseits wird aber auch deutlich, dass der Schweizer Gesetzgeber zahlreiche Informationspflichten (z.B. bzgl. Speicherung/Zugänglichkeit des Vertragstexts, Art. 10 Ziff. 1 lit. b E-Commerce-Richtlinie) des EU-Rechts bewusst nicht übernommen hat.

Revidierte Regelung für missbräuchliche AGB

Neben diesen Vorschriften für den elektronischen Geschäftsverkehr wurden weitere Spezial-Tatbestände eingeführt, welche bestimmte Verhaltensweisen für unlauter und damit unzulässig erklären.

Hervorzuheben ist dabei die umstrittene Neuregelung für missbräuchliche allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Bisher waren AGB-Klauseln nur dann unlauter, wenn sie “in irreführender Weise zum Nachteil einer Vertragspartei” erheblich von der gesetzlichen Regelung abwichen. Diese von verschiedenen Seiten als untauglich kritisierte Vorschrift wurde nun angepasst.

Neu sind AGB immer dann unlauter, wenn sie zum Nachteil von Konsumenten ein den Grundsatz von Treu und Glauben verletzendes erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten vorsehen (Art. 8 rUWG). Da die Anwendung von Art. 8 UWG somit neu nicht mehr von einer Irreführung abhängig ist, ist eine offene Inhaltskontrolle der AGB durch die Gerichte künftig möglich.

Die Neuregelung betrifft allerdings nur den Geschäftsverkehr mit Konsumenten. AGB unter Gewerbetreibenden fallen nicht unter die Bestimmung.

Aufgrund der sehr allgemein gehaltenen Formulierung besteht bis zum Vorliegen der ersten Gerichtsentscheide noch eine relativ große Rechtsunsicherheit; dies insbesondere auch deshalb, weil keine Liste verbotener Klauseln, wie z.B. in Deutschland, besteht.

Aufgrund des Verweises auf Treu und Glauben wird man sich am Verhalten von redlich und fair handelnden Vertragsparteien orientieren müssen. Die Frage, wann ein Missverhältnis zwischen Rechten und Pflichten erheblich und ungerechtfertigt ist, kann nur anhand der Umstände des einzelnen Falles beurteilt werden. Im Unterschied zu den übrigen Bestimmungen wird die neue Vorschrift für AGB (Art. 8 rUWG) erst am 1. Juli 2012 in Kraft treten.

Weitere Änderungen

Hinzuweisen ist ferner auch darauf, dass mit Bedingungen versehene Gewinnversprechen neu explizit als unlauter qualifiziert werden (Art. 3 Abs. 1 lit. t rUWG). Die Einlösung eines Gewinns darf demnach nicht davon abhängig gemacht werden, dass eine kostenpflichtige Mehrwertdienstnummer in Anspruch genommen, eine Aufwandsentschädigung geleistet, eine andere Ware oder Dienstleistung bezogen oder an einer Verkaufsveranstaltung, einer Werbefahrt oder einer weiteren Verlosung teilgenommen werden muss.

Auch die Missachtung eines Vermerks in einem Telefonbuch, wonach ein Kunde keine Werbeanrufe wünscht, wird in der Revisionsvorlage ausdrücklich als unzulässig erklärt (Art. 3 Abs. 1 lit. u rUWG). Gleichermaßen wie bei den AGB besteht auch hier eine relativ große Unsicherheit, weil noch unklar ist, welche Verzeichnisse als Telefonbuch im Sinne des Gesetzes gelten.

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Über den Autor

RA Lukas Bühlmann

Lukas Bühlmann ist Rechtsanwalt und Inhaber der Züricher Kanzlei Bühlmann Rechtsanwälte AG und berät Unternehmen vorwiegend in den Bereichen Vertrieb, E-Commerce, Werbung und Wettbewerb sowie Produktrecht. Er unterstützt seine Mandanten insbesondere bei der rechtssicheren Ausgestaltung ihrer Online-Geschäftskonzepte und des Vertriebs über Webshops. Weitere Informationen zu Bühlmann Rechtsanwälte finden Sie unter www.br-legal.ch.

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