Dass der Online-Handel auch in den Alpen floriert, zeigt ein aktuelles Ranking. Der Schweizer e-Commerce-Berater Thomas Lang erklärt im Interview die Besonderheiten des Online-Handels in der Schweiz und zeigt auf, auf welche Herausforderungen die Branche schon heute und in Zukunft reagieren muss.
Die Chancen stehen gut – auch für Deutsche Händler.
2,7 Milliarden Euro sollen im Jahr 2010 in der Schweiz mit dem Online-Handel erwirtschaftet worden sein. In Österreich seien es 1,6 Milliarden Euro gewesen. Zu diesem Ergebnis kommen Statista und das EHI Retail Institut in einem aktuellen Ranking der umsatzstärksten Online-Shops in der Schweiz und Österreich.
So generierten in 2010 die 10 größten Anbieter in Österreich mit 32,2 Prozent nahezu ein Drittel des Umsatzes der 250 untersuchten Shops. [...] In der Schweiz erwirtschafteten die Top 10 der Online-Händler mit 26,1 Prozent des Gesamtumsatzes immerhin ein gutes Viertel.
Zur Bestimmung des Branchenumsatzes wurden in dieser Studie untersuchten Online-Shops eines jeden Landes herangezogen. Somit berechnet er sich aus der Summe der 250 Einzelangaben zum Umsatz. "Das Marktvolumen von 2,7 Milliarden Euro kommt meines Erachtens in etwa hin", bestätigt Patrick Kessler, Präsident des VSV Verband des Schweizerischen Versandhandels, auf Nachfrage des shopbetreiber-blog.de.
In einer verbandseigenen Studie hat der VSV für das Jahr 2010 den Umsatz des Online-Handels in der Schweiz mit 3,8 Milliarden Franken beziffert. Dies entspricht nach heutigem Umrechnungskurs in etwa 3,1 Millionen Euro.
Somit zählen die Schweiz und Österreich zu den hochkonzentrierten e-Commerce-Märkten in Europa. Thomas Lang, von der auf e-Commerce spezialisierten Unternehmensberatung carpathia verrät im Interview, was den Online-Handel in der Schweiz so erfolgreich macht.
Primär profitiert der Schweizer e-Commerce nach wie vor von der strukturellen Entwicklung und der Verlagerung in den Onlinekanal. Zudem hat die Frankenstärke gegenüber dem Euro und dem US-Dollar geholfen, die Preise zu reduzieren und gleichzeitig die Mengen zu erhöhen.
Diese Entwicklung ist jedoch nicht nur positiv. Zwar resultieren grössere Umsätze; aber die tieferen Preise bedeuten gleichzeitig tiefere Margen nominell gesehen. Gleichzeitig bedeuten die Mehtransaktionen jedoch Mehrkosten in den Bereichen Fulfillment etc. - da diese Kosten in der Schweiz anfallen, sind diese jedoch auf Grund der Stärke des Franken nicht gesunken.
Grundsätzlich sind die Märkte sehr vergleichbar. Viel ausgeprägter scheint mir in der Schweiz jedoch der mobile Kanal. Es gibt zahlreiche Player die bereits um die 10 Prozent ihres Umsatzes über mobile Endgeräte erzielen.
In hohem Masse - wir haben als einen Schweizer Trend für 2012 ausgemacht: Kein Heimatschutz mehr im E-Commerce. Die Schweizer müssen sich stark wappnen gegen ausländische Konkurrenz.
Die Schweizer sind sehr aufgeschlossen gegenüber den neuen Kanälen. Vor allem der Multi-Channel Bereich für die traditionellen stationären Anbieter verspricht neue Konzepte und Synergien über alle Kanäle hinweg. Dies wird auch dadurch gefördert, dass in der Schweiz eine sehr hohe Penetration an Tablets und Smartphones mit den entsprechenden Angeboten der Telcos existiert, was diese Entwicklung nur beschleunigt und begünstigt.
Grundsätzlich stehen wir in Sachen e-Commerce sowohl konzeptionell wie auch anteilsmäßig am Gesamtumsatz des Detailhandels erst am Anfang und eine Vervielfachung in den nächsten drei bis fünf Jahren erscheint mir durchaus realistisch.
In der Schweiz belegen gleich zwei Online-Shops aus dem Lebensmittels-Sortiment die obersten Plätze: LeShop und Nespresso. Amazon belegt nach Ausweis der Studie nur Rang 5. In Österreich ist Amazon allerdings mit Abstand die Nummer eins und hat fast drei Mal mehr umgesetzt, als der zweitplatzierte Universal Versand.
Amazon ist in der Studie als Sonderfall behandelt worden. Da Amazon auf eine eigene .ch-Domain verzichtet, werden die Verbraucher entweder auf den deutschen, französischen oder italienischen Shop umgeleitet. Aus diesem Grund werden die Umsätze nach den einzelnen Länder-Domains .de/ .fr/.it getrennt betrachtet. Hinzu kommen noch Einkäufe, die über die Domain amazon.com getätigt worden sind.
Werden die einzeln ausgewiesen Umsätze addiert, ergibt sich für Amazon in der Schweiz ein Gesamtumsatz in Höhe von 138,1 Millionen Euro. Auch in Österreich haben die Studienmacher zusätzlich zum Umsatz des Shops amazon.at die Erlöse von amazon.com in der Alpenrepublik ausgewiesen. Unter dem Strich erhöht sich somit der Gesamtumsatz auf 222,7 Millionen Euro.