Warum denkt ein Anbieter von Suchmaschinen- und Webtechnologie darüber nach, einen Logistik-Service anzubieten? Weil der größte Konkurrent genau damit bei den Shopbetreibern punktet. Google legt beim Kampf um die Gunst der Shopbetreiber und Online-Shopper eine Schüppe drauf.
Warum Google zum Logistiker werden will.Medienberichten zur Folge denken die Strategen bei Google über einen Same-Day-Lieferdienst für Google-Shopping nach. Wie das Wall Street Journal berichtet, sei der Suchmaschinengigant auf der Suche nach einem potenten Händler, mit dem sich ein Lieferservice im Stile von Amazon Prime auf den Weg bringen ließe. Es seien bereits Gespräche mit GAP, Marcys und OfficeMax geführt worden, so das Blatt weiter.
Für Google ist dieser Schritt folgerichtig und notwendig. Dafür gäbe es vor allem zwei Gründe:
- Googles Einfluss auf die Wertschöpfungskette des e-Commerce ende vor den Toren des Händlers. Trotz Checkout habe Google bislang in einem der zentralen Geschäftsbereiche des e-Commerce keinen Fuß in der Tür: Die Logistik und der Auslieferung. Hier sei Amazon durch seine Fulfillment-Dienstleistungen bestens aufgestellt.
- Die Internetnutzer griffen auf der Suche nach Produkten eher auf Amazon als auf Google als Suchmaschine zu. Viele Händler bezögen daher mehr Traffic über Amazon als über Googlem, wird argumentiert.
Inspiriert worden sei Google durch den Prime-Service von Amazon. Für eine einmalige Jahresgebühr von 29 Euro in Deutschland oder 79 Dollar in den USA erhält der Kunden bei Amazon-Prime eine schnelle Lieferung ohne Mindestbestellwert.
Der Pilot solle in Kürze in der Region um San Francisco an den Start gehen.
Google muss reagieren
Für Martin Groß-Albenhausen, verantwortlich für den Bereich e-Commerce beim Bundesverband des Deutschen Versandhandels (bvh) kommt der Google-Vorstoß nicht überraschend:
Das hat durchaus damit zu tun, dass Amazon tatsächlich der One-Stop-Shop geworden ist, und das vor allem aufgrund des teuren Prime-Angebots. Da Amazon sich den Bestpreis-Vorteil hat zusichern lassen und exzellenten Service bietet – also den schmutzigen Versandhandels-Alltag perfektioniert hat -, suchen viele Internetnutzer zuerst auf Amazon nach Produkten. Solche Suchen gehen Google verloren, und zwar genau deshalb, weil ein reiner Produktvergleich nicht mehr genügt, wenn die Orderabwicklung dann zu mühsam wird.
Zudem sieht Groß-Albenhausen in Zukunft Google mit einer weiteren mächtigen Herausforderung konfrontiert: Dem zunehmenden Wegfall von Display-Flächen bei Suchanfragen. Ausgelöst werde dies durch virtuelle Agenten, die auf Sprachbefehle reagieren, wie etwa Siri.
Google wird gezwungen sein, Apples Siri ein eigenes Android-Produkt entgegenzusetzen. Damit ändert sich einiges, denn Google muss seine Umsatzquellen von den Ads weg bewegen. Siri liest ja keine Werbetexte vor, auf die der Nutzer dann anspringt. Er wird auch nicht mehr in der Suche vor- und zurückgehen und dadurch multiple Views und Klicks produzieren.
Die Alternative zu Amazon
Nicht alle Händler sind ja glücklich damit, mehr Umsatz-Traffic über Amazon als über Google zu bekommen, denn die Provisionen bei Amazon sind durchaus beachtlich. Hinzu kommt, dass viele Shopbetreiber den Webshop-Giganten immer und zu jeder Zeit als potentiellen Wettbewerber fürchten müssen.
Eine Kooperation mit Google bei dem neuen Projekt wird jedoch nur möglich sein, wenn Google mehr und mehr Kundenkontakte im Rahmen der Transaktion selbst übernimmt. Sprich Adressen, Bonitätsprüfung, Zahlungsabwicklung. Damit bekommt der Händler keinen neuen Kunden mehr, sondern wird zum „Vorlieferanten“. Es sei denn, Google überlässt den Händlern dann die Daten zur Weiternutzung, was sicher seinen Preis haben wird. Andernfalls kommt noch etwas mehr Distanz zwischen Händler und Kunde.
Wesentlich für den Erfolg wird, dass Google eine hohe Verfügbarkeit mit gleichbleibendem Servicegrad verbindet. Stark ist Google eigentlich nur am Frontend, Amazon dagegen überall.
Ein interessanter Artikel. Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft, man darf also gespannt sein.
Es ist an der Zeit, dass Amazon einen ebenbürtigen Wiederpart erhält. Entgegen der euphorisch positiven Sicht des bvh auf Amazon gibt es eine raisonable Menge von Händlern, die bereits eklatant unter dem Handeln Amazons gelitten haben und leiden: der unbegründete Einbehalt von Provisionen, der Ausschluss vom Marktplatz Amazon sowie das “und nun verkauft Amazon die Waren des augeschlossenen Händlers selbst” sind nur einige Punkte auf der Agenda, die gegen Amazon sprechen.
Ferner hat gesunder Wettbewerb stets das Geschäft beflügelt.
Ein Gegengewicht zur Übermacht Amazon würde gut tun. Wer sich mit e-commerce beschäftigt und auskennt, weiß das die Kunden Amazon nahezu blind vertrauen. Wir selbst kommen auch an Amazon nicht vorbei, würden es aber durchaus begrüßen, wenn sich ein Gegenpool bildet, der sich letztendlich auch auf die horenten Gebühren von Amazon zu gunsten der Händler auswirkt. Und wie im Beitrag richtig verfasst, versucht Amazon die lukrativen Produktgruppen direkt von den Herstellern zu beziehen, was für alle Beteiligten mehr Nach- als Vorteile mit sich bringt. Hat sich Amazon in einer Produktgruppe mal positioniert, ist für weitere Händler auf der Plattform faktisch kein Platz mehr. Die Hersteller hingegen laufen zunehmend Gefahr Ihre Händlerstrukturen zu verlieren wenn sie auf diesen beinahe Monopolisten setzen (bezogen auf e-commerce).
Ein durchaus spannender Ansatz, den Google da probiert. Die Branche kann nur davon profitieren. Allerdings ist für mich fraglich, ob Google trotz seiner Größe jemals an Amazon wird anknäpfen können.
Euphorisch ist unsere Sicht als bvh auf Amazon durchaus nicht. Fakt ist einfach, dass Amazon Handel nachweislich kann und auch den Service aus Kundensicht beherrscht. Hier steht Google den Beweis noch aus, dass er dieses Alltagsgeschäft beherrscht. Strategisch muss jeder Händler bedenken, dass er mit Amazon wie Google zwar Nachfrage erzielt, die Bindung der Kunden jedoch nicht zu ihm sondern dem Intermediär besteht. Abhängigkeit von und in fremden Netzen ist stets kritisch zu betrachten. Ob es sich um Amazon oder Google, Facebook oder Apple handelt. Oder anders gesagt: euphorisch macht uns die Vielzahl von kleinen Händlern, die auch dank der diversen Marktplätze zu gesunden Mittelständlern heranwachsen und aus sich selbst heraus bestehen können.
Amazon wächst und wächst gerade und wenn ich sehe wieviele Bestellungen bei uns gerade aktuell über die Amazonplattform reinkommen wird mir Angst vor der Abhängigkeit.
Ein Gegengewicht am Markt zu Amazon ist zwar aktuell immernoch ebay, aber ein weiteres kann nicht schaden.
Aber keinesfalls Google !
Da liegt ein zu starkere Interessenkonflikt vor. Wir haben den größten Suchmaschinenbetreiber im Internet, kein Onlineshop kann verkaufen ohne dort gut gerankt zu sein und dieses Unternehmen macht dann eine Marktplattform die mit den Onlineshops ja konkurriert und damti Geld verdient 🙁
@Martin Gross-Albenhausen
Amazon kann sicher Service und das können die besser als jeder andere, aber das kann Amazon nur weil Sie aufgrund Ihrer Größe in der Lage sind die Kosten die der aussgewöhnlich gute Service on Top verursacht voll auf die Lieferanten abzudrücken und das können wir kleinen eben nicht !
Wie ein anderer Kommentar bereits treffend beschrieben hat: Konkkurenz belebt das Geschäft. Wer Amazon versteht und die Vermartungsplattform entsprechend nutzt, kann gute Geschäfte machen, wer den Kunden übern Tisch zieht, fliegt raus und das ist auch gut so. Es hat Jahre gedauert, bis Amazon da angelangt ist, wo sie heute sind – dass kann kein Google oder wer auch immer in Kürze realisieren und umsetzen. Daher sehen wir das sehr gelassen, genauso wie die Aktionen der MSH-Gruppe und der anderen Mitbewerber. Das Problem im Onlinehandel schaffen sich die Anbieter selbst, mit einem ruinösen Preiswettbewerb, teilweise dubiosen Angeboten und einem Kundenservice, der jenseits von Gut und Böse ist.
Schuster bleib bei Deinen Leisten ist ein altes Sprichwort….. Konkkurenz belebt das Geschäft das mag sein , aber zuviele Fronten können einem das Genick brechen.
Google mausert sich nicht nur zur Weltmacht. Google ist eine Weltmacht. Die Frage ist, ob Google den Online Handel überstehen wird. Sicherlich fließen eine menge Subventionen in das neue Geschäft um den Mitbewerbern das Leben schwer zu machen. Aber auf derartige Monopolisten könnte ich wirklich verzichten. Das gilt für Amazon und Google. FairTrade 4 all.