Zum 10.06.2010 wurde das Widerrufsrecht in Deutschland umfassend reformiert. Dadurch wurde auch die Musterwiderrufsbelehrung geändert. Wer heute noch immer die bis zum 10.6.2010 gültige Belehrung verwendet, kann dafür abgemahnt werden, auch wenn gleichzeitig im Shop die aktuelle Belehrung vorhanden ist, entschied das OLG Hamm.
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Das OLG Hamm (Urteil v. 26.05.2011, I-4 U 35/11) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob es einen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn an verschiedenen Stellen in einem Online-Shop verschiedene Widerrufsbelehrungen bereitgehalten werden.
In dem speziellen Fall wurde auf einer Seite, welche über einen Button “Widerrufsbelehrung” zu erreichen war, ein korrekter, der derzeit gültigen Musterbelehrung entsprechender Text verwendet. In den AGB stand allerdings noch die Belehrung in der Fassung, wie sie bis zum 11. Juni 2010 gültig war.
Kein Bagatellverstoß
Das Gericht stellte zunächst fest, dass die in den AGB enthaltene Belehrung falsch war.
“Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen mitgeteilte Widerrufsbelehrung (mit Verweis auf die vormalige BGB-InfoV) war falsch, ist seit dem 11.06.2010 überholt und entsprach insofern nicht mehr der aktuellen Gesetzeslage.”
Versehen des Händlers
Gegen diese Einschätzung sprach nach Auffassung des Gerichts auch nicht, dass es sich bei der Verwendung des falschen Textes um ein Versehen des Shopbetreibers handelte.
Auch das Vorhalten einer korrekten Belehrung an anderer Stelle änderte an der Einschätzung nicht,
“… zumal sich so in dem Internetauftritt nunmehr unterschiedliche Versionen einer Belehrung fanden.”
Ein Verschulden des Händlers ist darüber hinaus nicht Voraussetzung für das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs.
In der falschen Belehrung sah das Gericht auch keinen Bagatellverstoß. Damit bekräftigt das Gericht seine eigene Rechtsprechung hinsichtlich der Verwendung von mehreren, unterschiedlichen Widerrufsbelehrungen (Urteil vom 02.07.2009, Az: 4 U 43/09).
Vertragssprache
In dem Shop des Antragsgegners fehlte darüber hinaus eine Information über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen.
Im Shop waren eine deutsche und eine britische Flagge vorhanden. Dies stufte das Gericht nicht als “klar und verständlich” im Sinne des Gesetzes ein. Bei Betätigung der Button wurden die Seiten des Shops in den entsprechenden Sprachen dargestellt. Dies reichte dem Landgericht in der Vorinstanz als Information. Das OLG widersprach dieser Auffassung.
“Es mag sein, dass bei Anklicken auf die jeweilige Sprache umstellt. Hier ist es indes ein anderes, ob das Angebot und die Internetpräsentation im Rahmen der Kundenaquirierung in Bezug auf die Sprache umgestellt werden können oder ob der Vertrag dann in welcher Sprache geschlossen wird.
Hier wäre es ebenso möglich, dass zwar die Angebote in englischer oder sonstiger Sprache präsentiert werden, dass der Vertrag dann aber nur in einer Sprache, etwa in deutscher Sprache, abgewickelt würde (einschließlich der Bestätigung der Bestellung und etwaiger weiterer Informationen im Zusammenhang mit der Lieferung, wie etwa § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn nachvertragliche Informationen solchen bei Vertragsschluss gleichgestellt werden).”
Auch diesen Verstoß stufte das Gericht nicht als Bagatelle ein.
“Die Gewichtung des Verstoßes mag zwar nach allgemeiner Betrachtung eher unterdurchschnittlich sein, auch deshalb, weil das Sprachenproblem jedenfalls für die Masse der getätigten Käufe der Antragsgegnerin nicht von Belang sein wird.
Indes steht es dem Gericht nicht an, die gesetzlich getroffene Wertung insoweit einzuschränken und den vorhandenen Verstoß wieder als eine unmaßgebliche Bagatelle ‘abzutun’.”
Fazit
Werden rechtliche Texte im Shop geändert, wie hier die Widerrufsbelehrung, muss man sehr genau darauf achten, dass man sie an allen Stellen entsprechend ändert. Dazu gehören AGB, FAQ, Infoseiten und auch die e-Mail-Texte. Dieses Problem wird demnächst wieder aktuell werden, wenn das Gesetz in Kraft tritt, mit dem die Wertersatzvorschriften – und damit auch die Musterwiderrufsbelehrung – geändert werden. (mr)
Hinweis:
Abgemahnt wurde die Verwendung der Belehrung welche bis zum 11. Juni 2010 gültig war. Seit diesem Tag gibt es eine neue Belehrung. Diese kann (und sollte) noch immer verwendet werden.
Am 04.08.2011 trat erneut eine umfangreiche Änderung an den Vorschriften über das Widerrufsrecht in Kraft, welche auch Auswirkungen auf die Widerrufsbelehrung hat. Jeder Shopbetreiber sollte seine Belehrungen im Shop jetzt anpassen. Ein kostenloses Whitepaper mit Mustern zur Verwendung in Ihrem Shop sowie weiteren Hintergrundinformationen können Sie bei uns herunterladen.
Was soll dieser Quatsch mit der Vertragssprache? Wieso muss man plötzlich eine Vertragssprache festlegen? Und wie soll das praktisch überhaupt funktionieren? Ich kann doch nicht meinen Shop auf Englisch anbieten, den Checkout auf Englisch duchführen und dann in die englische Version der AGB reinschreiben: The language of the contract is german.
Das ist ja wohl Blödsinn hoch drei. In der Praxis habe ich bereits Verträge in drei Sprachen auf einaml geschlossen. Der Kunde bestellt in meinem deutschen Online Shop, schreibt in gebrochenem Englisch eine email weil er etwas an seiner Bestellung ändern möchte, ich sehe, daß er Franzose ist und antworte auf Französisch. Und jetzt? Wo ist das Problem? Und was für eine praktische Konsequenz hätte jetzt die Vereinbarung einer Vertragssprache? Was soll das heißen “Vertragssprache”? Das alles was in einer anderen Sprache vereinbart wird ungültig ist? Das ich auf Anfragen des Kunden die sich auf den Vertrag beziehen nur reagieren darf, wenn diese in der vereinbarten Vertragssprache sind?
Das ganze hat doch lediglich Relevanz, wenn z.B. Produktbeschreibungen oder AGB in verschiedenen Sprachen angeboten werden und es Unterschiede gibt. Aber selbst dann ist ja ein Hinweis auf eine Vertragsprache lächerlich. Dann kann es doch nur darauf ankommen wie der Vertrag tatsächlich geschlossen wurde. Und wenn in die englische Transaktion kein deutscher Vertragstext mit einbezogen wird, dann kann ich mich doch wohl als Händler kaum mit einer AGB Klausel, das irgendein deutsches Dokument das der Kunde nie zur Kentniss genommen hat der tatsächliche Vertrag sei, aus der Affäre ziehen.
Es wird immer schlimmer. Zumal wenn man bedenkt, dass die meisten Rechtlichen Texte auf Webseiten und in Shops eh keiner ausser den Anwälten wirklich liest. Es klagen doch immer nur die Shops gegen andere Shops und Anwälte die schnelles Geld wittern. Verbraucher lesen die AGB, Disclaimer und Datenschutzbestimmungen eh zu 99% nicht.
Wo soll das noch alles enden?
Das mit der Vertragssprache ist eines der 100 Qualitätsmerkmale, die man zwingend erfüllen muss, damit auch das Trusted-Shops-Siegel bekommt. Von daher kann das ja gar kein Quatsch sein, sonst würde das Trusted Shops doch nicht in seine Qualitätsmerkmale mit aufnehmen – oder? Ein Qualitätsmerkmal kann doch kein Quatsch sein…
Ansonsten ist das eine der einfachsten Dinge die man umsetzen kann. Hier gerne noch mal für Copy and Paste: “Die Vertragssprache ist deutsch” – 4 Wörter. Wer die nicht in seinen AGB unterbringt ist selber schuld.
@weilburg
Warum wird das immer schlimmer? Die gesetzlichen Regelungen zur Vertragssprache sind doch nun wirklich nun Asbach-uralt. Das ist doch jetzt nun wirklich nichts neues mehr, so dass man von “es wird immer schlimmer” sprechen kann. Und das sich die Wettbewerber gegenseitig auf die Finger gucken und so dafür sorgen, dass innerhalb einer Branche sich alle an die vom Gesetzgeber vorgegebenen Spielregeln halten, ist doch so schlecht auch nicht…
Vertragssprache definieren wenn der Shop mehrsprachig daherkommt…sonst belanglos…
…und man sollte eigentlich davon ausgehen das alle Shopbetreiber und wenn diese noch so klein sind die aktuelle Belehrung verwenden – dem ist aber nicht so wie ich erst letzte Woche mal wieder bei einem Wettbewerber feststellen musste – was tun? freundlich darauf hinweisen oder gleich die Keule? Ehrlich gesagt ich habe keine Zeit für so einen Stress – und wer so dilettantisch arbeitet wird eh nicht bestehen – man könnte dies aber mittels Abmahnung beschleunigen – oder wie seht ihr das?
Ich finde es viel aufwändiger, die AGB und Widerrufsbelehrung, die ja nun mal an verschiedenen Stellen des Shops abrufbar sein bzw. angezeigt werden müssen zu handhaben. Wenn man drei verschiedene “Seiten” mit AGB hat, ist es wahrlich schwierig, den Überblick zu behalten und diese jedes mal eindeutig abzuändern / zu ergänzen. Denn manche Änderungen bestehen ja nur aus einem Wort.
Ausserdem ensteht so schöner doppelter Inhalt – der eigentlich auch zu nichts anderem taug, ausser die LEITZ-Ordner in den Kanzleien zu füllen.
Ein Stückchen Text wird zum Götzen erhoben, dem alle fleißig huldigen und zahlen.
Das Glück kommt nicht aus dem gegenseitigen Verprügeln mit Worten und Zahlzwängen, sondern aus der gelebten Liebe.
Kann man denn als Vertragssprache durchwegs Deutsch angeben, auch wenn der Shop in zwei und mehr Sprachen genutzt werden kann und auch die Rechtstexte sowie alle Korrespondenz gegebenenfalls fremdsprachig sind?